Mittwoch, Oktober 17, 2012

Strafe muss sein?

Es scheint mir noch gar nicht so lange her zu sein, da hieß es: „Strafe muss sein!“ Ohne wenn und aber. Wenn wir uns heute ungeschickt benehmen, wenn wir leichtfertig waren, wenn wir einen Fehler gemacht haben und ihn erkennen, dann sagen wir auch heute noch „Strafe muss sein!“ Aber so ganz sicher sind wir uns da nicht mehr. Deshalb das Fragezeichen.

Da begegnete mir heute der Fall Gäfgen in SPIEGEL ONLINE (10. Oktober 2012).
Deshalb setze ich dem Fragezeichen gleich ein zweites hinzu.
Um das zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen.

Magnus Gäfgen ist ein Mörder. Er hat einen 11-jährigen Jungen entführt und umgebracht und wollte mit der Entführung viel Geld von den Eltern erpressen.
Gäfgen wurde zu „lebenslang“ verurteilt, wobei lebenslang heutzutage nicht ein Leben lang bedeutet.

Jetzt, im Oktober 2012, hat Gäfgen einen Prozess gegen das Land Hessen gewonnen. 3.000,00 Euro hat ihm der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt zugesagt,
denn hessische Polizeibeamte haben ihm mit Zufügung erheblicher Schmerzen gedroht, wenn er weiter schweigen würde. Das ist rechtens, aber nicht verständlich.

Vor allem aber ist mir eins unverständlich. Nach dem SPIEGEL ONLINE-Bericht  vom 10. 10. 2012 hat Gäfgen schon während des Mordprozesses das erste juristi-sche Staatsexamen ablegen können. Das Gefängnis, pardon, die Justizvollzugsanstalt –
eine Art Uni?

Magnus Gäfgen als „gelernter“ Jurist, so sagt man ja heute, nach Verbüßung seiner „lebenslangen“ Haftstraße Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt? Da können wir uns auf etwas gefasst machen.

Ich habe mir unter einer Gefängnisstrafe immer etwas ganz Schreckliches vorgestellt: ganz allein in einer kleinen dunklen Zelle, jeder kann reinkucken, auch wenn ich auf dem Klo sitze – keine Minute allein und doch ganz allein.

Jetzt erfahre ich, dass meine Fantasie mal wieder mit mir durchgegangen ist. In einer hessischen Justizvollzugsanstalt kann man Jura studieren, vorausgesetzt, das Strafmaß reicht aus. Bei „lebenslang“ sollte mindestens ein Staatssekretär des Justizministers drin sein. Mal sehen, was aus Magnus Gäfgen noch wird.

Weil die Mörder schon mal unter sich sind, will ich schnell noch den norwegischen Massenmörder Breivik erwähnen. Der hat sein „lebenslänglich“ mit noch mehr Komfort. Er soll hinter seinen „schwedischen Gardinen“ über drei Zimmer verfügen: Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer.

Was ist dem noch hinzuzufügen?