Sonntag, Oktober 07, 2012

Die sind ja wie wir. Wie schrecklich!

Da ist ein ehrenwert erscheinender Mann namens Peer Steinbrück. Der will Bundeskanzler werden. Ab 2013 will er sagen, wo es lang geht – mit unserer Republik und auch ein bisschen mit Europa und noch ein bisschen weniger mit der Welt.

Der Mann hatte – so wie ihn das Hamburger Abendblatt heute (06. 10. 2012) sehr
freundlich schilderte, schon immer, schon als Schuljunge, eine große Klappe. Für eine Karriere in der Politik ist das offenbar eine gute Voraussetzung. Also, reden kann der Mann, wie ich von allen Seiten höre.

Tatsächlich ist er nach seinem Abtritt als Bundesfinanzminister wohl von allen möglichen Seiten eingeladen worden, etwas zu diesem und jenem Problem zu sagen, also eine Rede zu halten. Dafür hat er gewiss ordentliche Honorare erhalten, was in
Ordnung ist. Es soll sich um mehrere hunderttausend € handeln. Auch das dürfte in Ordnung sein. Neid ist nicht angesagt.

Anders als die Herren Gabriel und Dieter Rossmann, ebenfalls SPD, wollte Herr Steinbrück keine Auskunft über diese Einkünfte geben. Das war dumm, unverständ-lich dumm. Nach Drängeln von allen möglichen Seiten will er nun doch demnächst  klar Schiff machen, so wie ich die Ankündigung verstanden habe, wenigstens ein wenig. Das warten wir mal ab.

Eine Meute von CDU-, CSU-, FDP-Politikern hat gleich mächtig auf Herrn Stein-brück eingedroschen. Alles bis auf den letzten Cent soll er auf den Tisch legen, sagen sie. Das wäre auch in Ordnung. Das Dumme ist nur, dass die so selbstgerechten Damen und Herren für ihren Teil dazu nicht bereit waren und wohl auch nicht sind.
Nun gut: Das ist, wenn auch nicht anständig, so doch menschlich. Der Mensch an sich ist halt schwach. (Siehe Überschrift.)

Eben im Begriff, Partei für Herrn Steinbrück zu ergreifen gegen die Horde der Heuchler, lese ich, dass Herr Steinbrück als Bundesfinanzminister Beziehungen pflegte, die er nach seiner Ministerzeit fortsetzte. (Quelle: SPIEGEL ONLINE,
06. 10. 2012)

Ich muss mich daher mit dem Gedanken vertraut machen, dass Herr Steinbrück nicht der Weiße Ritter ist, als den ihn jetzt viele anbeten, sondern ein ganz normaler Mensch, so wie wir alle.

Das ist der springende Punkt. Unsere Politiker sind ja gar nicht anders. Sie sind genau so wie wir. Unsere Schwächen sind auch ihre Schwächen. Für ihren Vorteil kämpfen sie mit allen Mitteln, genau wie wir. Sie sind nicht immer fair. Das sind wir auch nicht. Sie reden oft an der Wahrheit vorbei, ich will nicht sagen, dass sie lügen,
aber auch da sind sie so wie wir.

Es gibt deshalb nichts, was wir unseren Politikern vorwerfen könnten? Sonst müssten wir erst einmal mit uns selbst zu Gericht gehen.

Doch es gibt etwas, etwas ganz Entscheidendes. Sie geben vor, für unser Wohl zu arbeiten und nur ihrem Gewissen verantwortlich zu sein. Dieses Versprechen wird nur unzureichend eingehalten. Allein der Begriff „Fraktionszwang“ spricht dagegen.

Unsere Politiker sind nicht anders als wir, im Guten wie im Schlechten. Aber sie tun so. Sie sehen sich als Vorbild und wollen, dass wir sie auch so sehen. Das sollten wir ihnen nicht durchgehen lassen.