Sonntag, November 23, 2008

Das ARD Vollprogramm

Am 16. November hat die ARD um 1.00 Uhr nachts, also schon am 17. November, den Film „Der letzte Zug“ gesendet. Inhalt: Am 19. April 1943 wurden ´668 ´jüdische Menschen, Kinder, Frauen und Männer, von Berlin aus nach Auschwitz deportiert, damit zum Geburtstag des „Führers“ am 20. April, Berlin judenfrei ist.

Außer meiner Frau und mir haben 399.998 Zuschauer diesen Film gesehen. Beim „Tatort“, der am 16. 11. um 20.15 Uhr gesendet wurde, dürften es einige Millionen gewesen sein.

Ich habe mich an die ARD gewandt, um zu erfahren, warum das Wichtige unter Ausschluss der Öffentlich gesendet wird. Hier der Schriftwechsel bis zum heutigen Tag (22. 11. 2008). Ob es eine Fortsetzung gibt?

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie zeigen diesen Film zu einer Zeit, in der Deutschland schläft - von Ausnahmen abgesehen. Ein Film also unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

688 jüdische Menschen werden am 19. April 1945 als Geburtstagsgeschenk für

den "Führer" nach Auswitz deportiert, so ein Programmhinweis in der HÖR ZU.

Würden Sie mir bitte sagen, weshalb Sie diesen Film um 0.00 Uhr und die "Tatort: Salzleiche" um 20.15 Uhr senden? Sollte da jemand die Wichtigkeit dieser Filme durcheinander gebracht haben? Die Salzleiche wäre doch auch noch ein paar

Stunden später recht gut konserviert und damit sehenswert.

Ich hoffe auf eine Antwort.

Viele Grüße

Peter Gudelius


Pommernring 4
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Fax: 04106 - 4010
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PS: Der kleine HÖR ZU Hinweis "2006" könnte vemuten lassen, dass Sie diesen Film

schon vor drei Jahren ausgestrahlt haben. Ist das so? War das dann zu einer angemessenen Sendezeit? Selbst wenn: Ein solches Thema gehört immer nach vorn, immer noch!

Sehr geehrter Herr Gudelius,

Das Erste ist ein Vollprogramm, da muss sich die Filmkunst etwas hinten anstellen, leider naturgemäß und ganz unabhängig vom Thema. Den äußerst beliebten Tatort zu späterer Stunde zu senden, hätte sicherlich auch große Zuschauerproteste hervorgerufen.

Gleichwohl war es uns wichtig, "Der letzte Zug" -- in der Erstausstrahlung und auf unserem Sendeplatz "Das Film Festival" -- im Umfeld des 9. November (und im Rahmen einer Reihe zum 75. Jahrestag des Machtantritts der Nationalsozialisten) zu zeigen, und dass immerhin 400.000 Zuschauerausnahmen nicht geschlafen haben. Grundsätzlich versuchen wir unser Bestes, Wichtigkeit und Zuschauerwünsche und einen Hut zu bringen.

Am 30.11. um 20.15 sendet Das Erste "Mogadischu" -- ein starkes Beispiel dafür, dass Filme mit wichtigen politischen Stoffen auch am Hauptabend ihren Platz finden (weitere Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit waren "Die Flucht" oder "Die Frau vom Checkpoint Charlie").

Mit freundlichem Gruß

R. Flaskamp

Rainer Flaskamp

Programmplanung und Presse

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Sehr geehrter Herr Flaskamp,

Sie haben auf meine e-mail vom 16. 11. 08 postwendend geantwortet, blitzschnell sozusagen. Das hat mich überrascht, mehr noch aber gefreut. Leider komme ich erst heute dazu, auf Ihre Antwort einzugehen.

Ich würde mich freuen, wenn sich aus Frage und Antwort ein Gespräch entwickelte. Das Thema dürfte wichtig genug sein.

"Das Erste ist ein Vollprogramm, da muss sich die Filmkunst etwas hinten anstellen..." schreiben Sie. Könnte es sein, dass die ARD unter "Vollprogramm" volle Quote versteht?

Die 20.15 Uhr-Sendungen ab 22. 11. 08 legen diesen Gedanken nahe: 22.11.: "Verstehen Sie Spaß?` 23. 11.: "Tatort. Häschen in der Grube" 24. 11.: "Die Anwälte" 25. 11.: "Familie Dr. Kleist" 26. 11.: "Das Feuerschiff" 27. 11.: "Bambi 2008" 28. 11.: "Lilly Schönauer - Und dann war es Liebe".

"...da muss sich Filmkunst etwas hinten anstellen..." schreiben Sie weiter, was ja nichts anderes heißt als dass die 20.15 Uhr-Sendungen keine Filmkunst sind. Darin wären wir uns dann einig.

Ist "Der letzte Zug" Filmkunst? Da der Film keine Dokumentation ist, sondern Tatsachen nachspielt, könnte man das sagen. Das dürfte kein Grund sein, diesen Film in die 400.000-Zuschauer-Gruft um 1.00 Uhr nachts zu stecken. Das Thema ist wichtiger als ein "Tatort"- oder? Beliebter mag der "Tatort" sein, aber wichtiger?

Wie hätten denn die von Ihnen befürchteten großen Zuschauerproteste ausgesehen? Eine Flut von e-mails wie meine lästige? Wütende Anrufe? Oder nur die Abwanderung zu irgendeinem anderen, gefälligeren Sender? Das wäre doch hinzunehmen; die zwangsläufigen Gebühren, die ARD und ZDF einstreichen, machen das doch möglich. Warum also geben Sie Ihr Bestes, um Wichtigkeit und Zuschauerwünsche unter einen Hut

zu bringen? Warum nicht das Wichtige zuerst?

Ihren Hinweis auf "starke Beispiele" kann ich nicht ernst nehmen. "Die Flucht" hat die Wirklichkeit mit der schönen Maria Furtwängler an die Wand gespielt. So heldisch war es ja nun wirklich nicht. "Die Gräfin" hätte sich bei diesem Film im Grabe umgedreht. Aber selbst ihre Erinnerung scheint einiges geschönt zu haben.

Zum Schluss, sehr geehrter Herr Flskamp, noch eine Frage. Ich hatte mich an die ARD gewandt. In Ihrer e-mail taucht aber als Absender die Degeto Film GmbH auf. Mit wem spreche ich eigentlich? Mit der Degeto oder mit der ARD?

Viele Grüße

Peter Gudelius


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