Dienstag, April 08, 2008

Für eine Macht voller Seligkeit gebe ich alles hin

„A street car named desire / Endstation Sehnsucht“ Ein bemerkenswertes Remake. Hamburg, im Frühjahr 2008. Verzeihung, lieber Tennessee Williams, dass ich Dein geniales Stück für ein aktuelles Thema der “frohen und Hanselstadt Hamburg” heran-ziehe. Aber es geht nicht anders.

Schwarz und Grün, CDU und GAL, versuchen nach einer unentschiedenen Wahl sich so nahe zu kommen, dass sie die Regierung, sprich den Senat, bilden können. Für die CDU hatte der Erste Bürgermeister, Ole von Beust, diese Möglichkeit schon angedeutet. Die Grünen, (in Hamburg firmieren sie unter GAL) stellten Forderungen, die für die CDU unannehmbar sind. Und dann haben sie sich doch auf Koalitionsverhandlungen mit der CDU eingelassen. Endstation Sehnsucht eben, unstillbare Sehnsucht nach Regierungsbeteiligung.

Und so kommt es, wozu es kommen muss: „GAL stimmt gegen die Abschaffung der Studiengebühren“ (Hamburger Abendblatt, 3. April 2008). Erst war man gegen jeden Cent der 500,00 € Studiengebühr je Semester, jetzt ist man mit 375,00 € einverstanden. Kompromiss? Kuhhandel und mehr noch, Verrat an sich selbst.

Dies ist die eigentliche Geschichte. Die Gemeinheit steckt allerdings ganz woanders: in der Sprache.

Da sagt die GAL-Dame Eva Gümbel, dass ihre Fraktion „inhaltlich voll überein- stimme“ mit der Forderung, dass …nicht der Geldbeutel der Eltern darüber entscheiden dürfe, ob junge Menschen ein Hochschulstudium aufnehmen.

Dann aber wird Frau Gümbel „staatstragend“ und sagt, das Projekt müsse erst in einen Priorisierungsprozess einbezogen werden. Was sie meint, versteht natürlich jeder – vom früheren Volks- und Mittelschul-Schüler, über den Grundschul-, Hauptschul- und sonst-noch-was Schüler von heute. Alle wissen, dass sie das nicht verstehen und fragen sich, warum Frau Gümbel sie für dumm verkauft.

Frau Gümbel, übersetzt, liest sich etwa so: Wir müssen prüfen, ob dieses Projekt wichtiger ist als andere, ob es wirklich wichtig ist. Das, allerdings, hätte vorher geprüft werden müssen.

Weiter Frau Gümbel: „Die Abschaffung der Campus-Maut sei schließlich ein Desiderat von vielen mit haushaltsrelevanten Auswirkungen.“ (Zitat Hamburger Abendblatt, 03. 04. 08).

Frau Gümbel, wieder übersetzt: Die Abschaffung der Studiengebühren ist ein Wunsch, der sich nicht selbst erfüllt, sondern bezahlt werden muss.

Das allerdings wussten auch die Grünen (GAL) schon vorher. Haben sie es gesagt? Frau Gümbel hat es jetzt in wolkigen und unverständlichen Worten zum besten gegeben.

Natürlich unterhalten sich Professoren untereinander anders als Hafenarbeiter. Aber wenn sie sich mit Hafenarbeitern verständigen wollen, dann müssen sie für alle und jeden verständlich sprechen.

Früher gab es das noch, gab es die noch: Kurt Schumacher, Thomas Dehler, Carlo Schmidt, Willi Brandt, Franz-Josef Strauß, Rainer Barzel, Helmut Schmidt und vielleicht noch der eine oder andere, der mir im Augenblick nicht einfällt – auch Frauen darunter, wenige, aber verehrenswerte, wie Annemarie Renger.

Am aktuellen Hamburger Beispiel zeigen sich die Gier zur Macht und die Unverfrorenheit, das Stimmvieh namens Souverän an der Nase herumzuführen.

Im Zweifelsfall führt das zu einem Verführer, wie wir ihn in Adolf Hitler schon einmal hatten. Noch ist er nicht in Sicht. Aber so sicher sollten wir nicht sein. Er könnte noch kommen.