Freitag, September 23, 2016
Da habe ich heute eine ganze Tüte
voll Sprachbonbons anzubieten, saure Dropse sind daruner, aber die meisten
Bonbons sind verführerisch süß.
Fangen wir mal mit den sauren
Dropsen an: prekär und sensibel. Wenn man sprachlich nicht
mehr weiter weiß (wie bildungsfern sind eigentlich unsere geistigen
Eliten? Beschränken sie sich vielleicht
auf die 800 deutschen Musswörter, die Schülern in Hamburg abgefordert werden?)
– wenn man nicht mehr weiter weiß, dann werden sensibel und prekär in den
"Focus" gerückt. Aber darauf wollen wir uns jetzt nicht weiter fokussieren. Sonst
geraten wir noch in einen Brennpunkt und gehen lichterloh in Flammen auf.
Jetzt also und endlich zu den
Süßigkeiten. Kinkerlitzchen. Wie lustig
das schon klingt, ein bisschen wie Kinderlachen. Der Duden hat dieses lustige
Wort schon 1900 in seinen Sprachschatz aufgenommen. Ist es nicht aufregend
festzustellen, dass dieses Wort ursprünglich in Frankreich zu Hause war und
Kleinigkeiten meinte? Dort sprach und schrieb man dieses Wort etwas anders
(quincaillerie). Mit viel Fantasie liest sich das wie Kinkerlitzchen.
Wenn wir uns einmal auf den
Kinkerlitzchenweg begeben haben, werden wir bald auch auf Fisimatenten stoßen. Die sollte man eigentlich nicht machen. Aber
der Mensch ist schwach. Er hat immer wieder mal
Unsinn, Faxen, Blödsinn, Flausen, Kokolores im Sinn und freut sich
darüber diebisch.
Und woher kommt Fisimatenten? Die
Einzahl gibt es nicht. Wer tief im Lateinischen gräbt, stößt auf visae patentes. Das sollen früher einmal
ordnungsgemäße Patente gewesen sein. Die amüsantere Erklärung: Mit „visitez ma
tente“ sollen die kleinen französischen Besatzungssoldaten die großen oder oder
auch die kleinen Hamburger Töchter in ihre Zelte gelockt haben. Wer Schönes
dabei denkt, hat recht.
Und damit zu Sperenzchen. Mach bloß keine Sperenzchen. Mach keine
Schwierigkeiten. Mach keine Mätzchen,
mach keine Zicken. Natürlich haben die Wortarchäologen heraus-gefunden,
woher sich dieses Wort – ein wenig angepasst -
in unsere Sprache verirrt hat. Kühn genug, ist auch von esperanza, von
Hoffnung die Rede. Aber das wollen wir erst einmal auf sich beruhen lassen.
Wer jetzt denkt, die
Sprachbonbontüte sei leer, irrt. Da steckt noch mehr drin. Aber das heben wir
uns auf. Sonst verderben wir uns noch den Magen. Ach was Die drei sauren Drops,
die noch in der Tüte sind, will ich doch noch schnell rausholen:
Demokratieberater, Extremismusforscher, Politikwissenschaftler. Was sollen wir
uns darunter vorstellen? Sind das Berufe? Es wird Zeit, Loriot zu korrigieren.
Bei ihm hieß es „Früher war mehr Lametta.“ Mehr Lametta als heute war noch nie.
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