Sonntag, Januar 24, 2016

On dit

„Sie ziehen einen mit Blicken aus“. Dies ist die Titelzeile eines Beitrags im Hamburger Abendblatt, Wochenendausgabe 23./24.l Januar 2016. Die Unterzeile: „Schülerinnen an Wilhelmsburger Berufsschule fühlen sich seit Monaten durch Männergruppen belästigt. Schon acht Anzeigen.“

Zwei Probleme treten in diesem Beitrag zutage. Wir sollten ihnen auf den Grund gehen, bevor die Diskussion um sexuelle Übergriffe im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema noch weiter eskaliert.

Erstens: Ihr selbst, so sagt eine junge Frau, sei bislang nichts passiert. Fälle kenne sie aber genug. Was ist von solchen Aussagen zu halten? Wenig bis gar nichts; denn „ich habe zwar nichts gesehen, aber gehört“ – „ich war nicht dabei, aber man sagt“ – das hat bestenfalls einen geringen Wahrheitsgehalt. Überprüfbar ist es nicht.

Zweitens: Sexuelle Belästigung. Dieser Begriff ist so ungenau, dass man darunter alles und nichts verstehen kann; das macht ihn so gefährlich. Von Vergewaltigung über angrapschen, den Weg versperren, bedrängen, anpöbeln kann alles gemeint sein. Auch Blicke?

Der Klarheit wegen eine provozierende Frage: Haben sich unsere „weißen, blonden Frauen und Mädchen“ von den Blicken der heißblütigen Italian Lovers, von den nicht weniger temperamentvollen spanischen Jungs sexuell belästigt gefühlt? In der Mehrzahl wahrscheinlich eher belustigt, nicht selten womöglich geschmeichelt.

Wir sollten die Dinge beim Namen nennen, so genau wie möglich. Dazu gehört der Begriff sexuelle Belästigung nicht. Er ist zu beliebig und hilft uns nicht aus der unseligen, feindseligen Konfrontation zwischen „Gutmenschen“ und „Nazis“.
24. 01. 2016