Freitag, Dezember 04, 2015

"Der Maulkorb"

„Alle Macht der Handelskammer!“  So liest sich nicht nur auf den ersten Blick der Leitartikel im Hamburger Abendblatt vom 2. Dezember 2015.

Einverstanden: Alles Gute, was die Handelskammer nicht nur für ihre (Zwangs)mitglieder bewirkt hat, soll nicht infrage gestellt werden. Aber Hochmut kommt vor dem Fall, und so ist es nun mal.

Dabei fing alles so ehrenwert an, wie der Autor vermerkt: „Interessenvertretung lautet eine ihrer Aufgaben seit 350 Jahren, damals galt es, ‚Drangsahl und Beschwerden‘ beim Hamburger Rat vorzutragen. Das muss ihr auch heute gestattet sein.“

Richtig. Eine „stumme“ Kammer ist keine Kammer, die man braucht. Aber eine vorlaute Kammer, eine, die sich hineinmischt in das, was sie nichts angeht,  wird genauso wenig gebraucht. Und wenn sie es doch tut, darf man ihr durchaus den Mund verbieten. Das hat das Verwaltungsgericht getan. Glücklicherweise.

Von „Drangsahl“ konnte in der Affäre Netzerückkauf nicht die Rede sein. Diese Affäre hat zu dem Urteil der Verwaltungsgerichts geführt, ist nicht nur rückwärts gerichtet, sondern hat auch Bedeutung für die Zukunft. Bei der Ausübung ihres Mandats wird die Handelskammer das „höchstmögliche Maß an Objektivität walten lassen“ müssen. Unverständlich, wie der Leitartikler schreiben  kann: „gut ist das nicht“.

Unverständlich auch die Eile, mit der das Abendblatt hier zur Sache kommt. Die für die Kammeraufsicht zuständige Wirtschaftsbehörde benimmt sich vernünf-tiger: „Erst wenn uns die Urteilsgründe der Entscheidung vorliegen, können wir eine Bewertung vornehmen“, sagte ihr Sprecher Richard Lemloh.

Klar, eine Tageszeitung ist ungeduldig. Nicht nur die schlechten Nachrichten sind gute Nachrichten, sondern auch die schnellen. Aber zu oft sollte so etwas nicht passieren.

03. 12. 2015