Sonntag, Oktober 24, 2010

Ein neues Sammelsurium

Schon zwei, drei Tage ohne Notiz genügen, um zu verzweifeln. Was soll ich aufschreiben, was beiseite legen und was vergessen? Und wenn ich dann zwei
Wochen alles vor mir hergeschoben habe, wird es wirklich schwierig.

Da bleibt nichts anderes übrig, als Stichworte zu notieren, um dann später zu sehen, was dazu zu sagen ist. Also los! Und wie so oft bei mir geht alles durcheinander.

Da ist die „Leitkultur“, die deutsche natürlich. Im ersten Augenblick war ich ganz erleichtert. Aber als ich dann las, dass es sicht um die christlich-jüdische Leitkultur handeln soll (so äußerten sich jedenfalls Christlich-Demokratische und Christlich-Soziale Parteimeinschen), kamen mir Zweifel.

Eine christlich-jüdische Leitkultur wird von denen gepredigt, die die Juden ins Feuer schickten, sie durch den Kamin jagten? Das ist unerträglich. Frau Merkel verkürzt die Sache: „Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden… wir sollten über die zunehmende Entfremdung von Religion sprechen.“ Kann mir jemand sagen, was das heißen soll? Was ist das christliche Menschenbild, Frau Merkel? Und was heißt hier Entfremdung? Wenn Sie den Tanz um das Goldene Kalb meinen, die Wirtschafsthörigkeit Ihrer Regierung – einverstanden.

Fortsetzung am 24. Oktober:

Das Wort Sammelsuríum erlaubt es, alles frei von der Leber weg zu notieren, wie es gerade in den Kopf kommt und von dort aufs Papier oder ins Internet will. Also los!

Wir müssen es nicht nur jeden Tag lesen, wir hören es auch im Radio und bekommen es im Fernsehen serviert: Migrationshintergrund. Was ist damit gemeint?
Sind es Kinder, deren Eltern zu uns eingewandert sind? Muss wohl so sein. Warum sagen wir das nicht? Wahrscheinlich, weil wir aufgerufen sind, uns politisch korrekt auszudrücken. Wir sollen ja auch nicht mehr Negerkuss sagen, obgleich die heute noch genauso sündhaft süß schmecken wie vor dem Zeitalter der „Political correctness“.

Genau aus diesem Grund spricht man zu uns auch von Migranten. Nun machen Sie doch mal einen Punkt! Sagen Sie, was Sie meinen: Einwanderer! Was ist daran so schrecklich?

Sie können das, was Sie eben gelesen haben, nicht nachvollziehen? Zu dumm! Vielleicht sollten Sie versuchen, es zu verstehen. Das könnte helfen. Und wenn Sie Schwierigkeiten haben, sich auf etwas zu fokussieren,? Probieren Sie es mal mit Konzentration. Das dürfte noch genauso gut funktionieren wie früher.

Wenn wir uns hier nicht konsensual verständigen können, also zu einem Konsens kommen, wenn wir uns also nicht im kontraproduktiven Gestrüpff verheddern wollen, dann sollten wir für mehr Transparenz sorgen. Das wird immer wieder gefordert. Das heißt: Wir sollen uns klar und deutlich und unmissverständlich äußern. Das muss ja nicht gleich in Unhöflichkeit ausarten.

Probleme über Probleme! Wenn sie uns nicht unterkriegen sollen, müssen wir sie zeitnah lösen. Zeitnah? Was heißt das? Das bedeutet: bald, gleich, jetzt, sofort. Woher kommt die Angst, das zu sagen?

Möglicherweise fehlt es uns an der notwendigen Streitkultur. Das ist auch so ein Wort. Wir wissen anscheinend nicht, wie wir uns streiten können, ohne uns zu beleidigen, ohne uns zu verteufeln. Vielleicht hat das auch früher nicht geklappt. Dann wird es höchste Zeit, dass wir das lernen. Und von dem Missbrauch des Wortes Kultur – ob Streit-, Rechtfertigungs- oder Leitkultur – sollten wir uns hüten. Alle diese unglücklichen Wörter passen in keinen Kulturbeutel. Da haben nur Seife, Waschlappen, Zahnbürste und Zahnpasta statt und vielleicht noch ein paar praktische Dinge wie ein Nagelschere und ein Pflaster. Dann ist aber Schluss.