Donnerstag, September 09, 2010

Sprechverbot

Thilo Sarrazin hat die Deutsche Szene so richtig aufgemischt mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ und seinen Kommentaren dazu. Da wird heftig diskutiert, und das wird wohl noch eine Weile so weitergehen.

Was ist in Kürze dazu zu sagen? Erstens: Herr Sarrazin hat ein Thema zur Sprache gebracht, um das wir uns (vor allem die Politiker) seit zig Jahren herummogeln. Das möchte ich Herrn Sarrazin positiv anrechnen. Nun bekommen wir die Quittung. Zweitens: Herr Sarrazin arbeitet mit falschen Zahlen, unwahrscheinlichen Spekulationen und verrennt sich in Rasse- Gen- und sonst was-Theorien. Das muss ihm auch angerechnet werden, auf der Negativseite. Drittens: Von Sarrazin-Sympathisanten wird beklagt, dass er mit einem Sprechverbot belegt werden soll. Diese Behauptung stimmt nicht. Niemand seiner Kritiker hat verlangt, ihm den Mund zu verbieten.

Sprechverbote allerdings gibt es seit langem. Sie firmieren unter „Political Correctness“. Damit soll geregelt werden, was man sagen darf und was nicht. So kommt es zu „Unwörtern“, Wörtern, die man nicht in den Mund nehmen soll.
Zigeuner gehört dazu. Wir sollen Sinti oder Roma sagen. Aber was ist an dem Wort Zigeuner schlimm? Wenn ich mich fröhlich und planlos durch die Gegend bewege, dann zigeunere ich durch die Gegend. Soll ich jetzt sintisieren oder romanisieren?

Das Wort Neger ist doch kein Schimpfwort von vornherein, aber es wurde dazu gemacht. Stattdessen sollen wir Farbiger sagen. Ist ein dünn- und weißhäutiger Nordeuropäer mit Sonnenbrand ein Weißer oder doch vielleicht ein Farbiger, eine Rothaut? Was ist an einem Negerkuss so schrecklich, dass man den Herstellern dieser kleinen süßen Sünde den Gebrauch des Wortes verbietet? (Nichts schmeckt so süß wie ein Negerkuss. Manches Deutsche Mädchen hat das gleich nach Kriegs-ende festgestellt.

Wenn es irgendwo mal so richtig laut zuging und alle durcheinander sprachen, dann hieß es früher ungestraft: es geht hier zu wie in einer Judenschule. Das wurde einfach so gesagt, galt als Sprichwort und nicht als Herabsetzung der Juden. Das geht nun nicht mehr.

Und schließlich noch die Bürger und Bürgerinnen, die Wähler und Wählerinnen und die Bewerber und Bewerberinnen. (Auf das große I bei den Innen will ich nicht weiter eingehen).

Was für ein Unfug! Welche Umständlichkeiten in der Sprache. Du liebe Güte! Bürger können weiblich oder männlich sein. Warum sollen wir sie nicht alle als
Bürger benennen? Unsere Schulen werden von Jungs und Mädchen besucht. Sie alle sind Schüler, die einen weiblich, die anderen männnlich. Also nennen wir sie doch so: Schüler.

Wer nimmt sich eigentlich das Recht, solche Spielregeln aufzustellen? Wo bleibt die immer wieder eingeforderte Toleranz? Die, liebe Leser und LeserInnen, bleibt auf der Strecke. Da können wir dann lange suchen.