Donnerstag, September 09, 2010

Stuttgar 21 - auf Sand gebaut, oder nicht?

Stuttgart tobt. Die Abrissbagger zeigen ihre Zähne, bis zu 50.000 Stuttgarter widersetzen sich ihnen und den Politikern und Managern, die den Stuttgarter Bahnhof unter die Erde bringen wollen.

Da ist die Frage erlaubt, ob das Projekt auf Sand gebaut ist. Das ist es wirklich – sinnbildlich gesehen; denn aus der Sache kann nichts Vernünftiges werden.

Tatsächlich aber wird auf Anhydrit gebaut. Das sind – vereinfacht gesagt – Kristalle, die enorm viel Wasser aufnehmen und dadurch gewaltig und schnell wachsen. Dabei verwandelt sich Anhydrit in Gips, quillt auf und entwickelt eine enorme Sprengkraft.

Genau das ist der „Sand“, auf den die Stuttgarter S21-Gipsköpfe bauen – der Bürgermeister, die CDU, die SPD, die FDP, die Deutsche Bahn und die Bundesregierung.

Unter Budapest und Stuttgart befinden sich die größten Mineralwasserreservoire Europas. Da brodelt es, alles ist in ständiger Unruhe. Glücklicherweise liegt über diesem Wasservulkan – sozusagen als Deckel – das Grundwasser. Wenn man den Deckel drauf lässt, ist alles in Ordnung. Wenn man aber den Deckel lüpft, dann wird einem mit großer Wahrscheinlichkeit die ganze Sache um die Ohren fliegen. Und genau das riskieren die Macher zurzeit. Sie wissen es, aber sie wollen es nicht wahrhaben.

Mal etwas fachmännischer ausgedrückt: Wenn man bei einer Bohrung auch nur auf einen Krümel Gips stößt, besteht das Geophysikalische Landesamt? auf sofortigen Abbruch der Bohrung. Hier aber wird fleißig weitergebohrt.

Vielleicht ist es übertrieben, dass in Stuttgart ganze Häuser in Kratern verschwinden werden, ganz ausgeschlossen scheint das nicht zu sein. Schon bei einer Kleinigkeit ist in Köln ein ganzes Stadtarchiv im Untergrund versunken – von den beiden Menschen, die mitgerissen wurden, ganz zu schweigen.

Abgesehen von diesen wirklich wichtigen Dingen: Die S21-Gipsköpfe nehmen ein Gutachten eines führenden Schweizer Instituts nicht zur Kenntnis. Dieses Gutachten belegt, dass das Projekt S21 vermeintliche Verkehrsprobleme nicht etwa löst, sondern nur noch größer macht. Der S21-Untergrundbahnhof wird nach diesem Gutachten das, was Stuttgart heute noch nicht ist: ein Nadelöhr des internationalen Schienenverkehrs.

Für den „Gewinn“ von 20 oder 30 Minuten auf der Strecke Stuttgart/Ulm sollen vier Milliarden EURO ausgegeben werden. In Wirklichkeit werden es viel mehr. 10 Jahre lang soll Stuttgart eine Baustelle werden, die einer Hölle gleichen wird. Was denken sich eigentlich die Herren Grube, Schuster, Ramsauer und die Damen und Herren Landtagsabgeordneten des Landes Baden-Württemberg dabei? Sie denken, es fällt vom Himmel, aber es kommt aus unserem Portemonnaie.