Montag, März 08, 2010

Ertappt

Wir belügen uns ständig selbst. Wir belügen uns selbst, was unsere Vergangenheit im Nationalsozialismus angeht, und keiner will etwas davon wissen. Das ist mir wieder aufgefallen, als ich heute Abend im ARD-TV eine der vielen Sendungen zum „Zweiten Weltkrieg“ gesehen habe.

Da heißt es im Kommentar: „Die Nazis sahen in den Russen Untermenschen.“ Ach ja, nur die Nazis? Das waren rund 6 Millionen Parteigenossen – 6 Millionen von rund 80 Millionen Deutschen.

Nein, es können nicht die Nazis allein gewesen sein. Es müssen mehr oder weniger alle gewesem sein: die Deutschen. Jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit groß.

1942 gab es im Zeughaus in Berlin die Ausstellung „Das Sowjetparadies.“ Zu dieser Ausstellung hat mich einer meiner Onkel mitgenommen (ich war damals 10 Jahre alt). Was ich da gesehen habe? Die Darstellung von Menschen, die noch schlechter lebten als das Vieh, die böse waren und kein Mitleid verdienten. Untermenschen also, Bolschewiken.

Ich glaube, dass damals viele überzeugt waren, dass die Russen Untermenschen sind. Dass wir die überlegene Rasse waren, wurde uns schon in der Schule beigebracht. Die Erwachsenen brauchen diesen Unterricht anscheinend nicht.

Der Fernsehkommentar sagt aber auch: „Doch die Deutschen scheuten den Straßenkampf in Leningrad.“

Komisch. Da waren es plötzlich die Deutschen, die deutschen Soldaten, nicht die Nazis.

Ich bitte, auf den Unterschied zu achten: Nazis und Deutsche. Zwei Welten? Die Guten und die Bösen?

Warum bringen wir es auch heute noch nicht fertig zu sagen: Gewiss waren nicht alle Deutschen Nazis. Aber die meisten waren nicht dagegen. Und war das mit den Untermenschen nicht einleuchtend? Eingeübt wurde das alles schon vor 1933. Aber dann war es der Alltag.

Zusammengefasst: Wir glauben immer noch, dass die Nazis die Bösen waren und wir Deutschen die Guten. Aber wo ist der Unterschied?