Montag, Oktober 31, 2016
Alle Welt verlangt nach
Transparenz, ganz besonders, wenn es um Politik geht, zugespitzt zurzeit auf
TTIP und CETA. Alles, jede Kleinigkeit soll mitgeteilt werden.
Auf den ersten Blick sieht
das vernünftig aus. Schließlich ist der Wunsch
verständlich, über Entscheidungen, die unser Leben beeinflussen, unterrichtet
zu werden, bevor sie in die Tat
umgesetzt werden. Nur so gibt es die Chance – so klein sie sein mag – sich
rechtzeitig zu Wort zu melden. Auch das dürfte vernünftig sein – und unser
gutes Recht.
Dieser verständliche Wunsch
scheint sich allerdings zu einem Wahn entwickelt zu haben. Transparenz
klingt inzwischen manchmal so wie der Aufruf „kreuzigt ihn!“ Der Begriff hat
sich verselbständigt, und viele folgen ihm blind. So sieht es aus. Und das ist
nicht gut.
Damit zur Wirklichkeit. Totale Transparenz ist
totale Kontrolle. Ein schrecklicher Gedanke. Wenn es nicht Geheimnisvolles,
nichts Geheimes, nichts Vertrauliches mehr gibt, dann gibt es auch kein
Vertrauen mehr.
Wem das zu abstrakt ist,
übertrage diese Ansicht einfach einmal auf sein eigenes Leben, auf seine
Beziehung zu dem ihm am nächsten stehende Menschen. Diese Beziehung beruht auf
Ehrlichkeit, auf Offenheit, vor allem aber auf Vertrauen – nicht auf Kontrolle.
Vergessen wir nicht, dass Kontrolle und Misstrauen ein Zwillingspaar sind.
Auf die heftige TTIP- und
CETA-Diskussion übertragen, auf den politischen Alltag: Ehrlich und offen und
vertrauensvoll ist die Politik nicht auf uns Bürger zugegangen. Die Politik hat
uns misstraut. Das ist ihr Problem und damit leider auch unseres.
Den hartnäckingen Widerspruch
der knapp dreieinhalb Millionen Wallonen hat sich die Europäische Politik
selbst eingebrockt. Und nun?
Zig Politiker malen den
Teufel an die Wand: Die EU ist ruiniert. Sie macht sich lächerlich. Alles der
reine Unfug. Selbst wenn CETA am Widerspruch der Wallonen scheitert, wird alles
Welt weiter mit der Europäischen Union
sprechen. Dem Eindruck, dass sich hier beleidigte Politiker äußern, die sich in
ihrem Ehrgeiz, ihrer Ehre und ihrer Eitelkeit gekränkt fühlen, ist nur schwer
zu widersprechen.
Dieser Text ist dem Beitrag
„Der Transparenz-Wahn“ von Karl-Heinz Büschemann, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 22./23.
Oktober 2016 zu verdanken, einer lesenswerten Betrachtung des Problems.
Eine kleine Spitze hat der
Autor dennoch verdient. Er überschätzt sich und seine Kollegen – nun ja, ein
bisschen überheblich, um nicht schamlos zu sagen: „Journalisten unterscheiden
im Dschungel der Wirklichkeit zwischen Wichtigem und Unwichtigem und
erleichtern den Konsumenten das Zurechtfinden im Komplexen.“
Tun sie das wirklich? Können
sie das überhaupt? Dass sie es wollen, dürfte außer Frage stehen. Mehr aber
auch nicht. Wie wäre es mit etwas mehr Bescheidenheit?
Computer sind auch nur Menschen
Das klingt ziemlich albern, ist
es aber nicht. Spätestens dann wird das klar, wenn wir uns mit
Computerprogrammen, mit Algorithmen, nach denen sie arbeiten, und mit Big-Data
beschäftigen. (Big-Data klingt für mich wie Fette Sau. Ich kann nicht genau
sagen, warum. Aber irgendwie scheint es zu passen.)
Am besten fallen wir mit der Tür
ins Haus. Dann kommen wir am schnellsten zur Sache.
Erstens: Menschen möchten gern
objektiv sein, was sie irgendwie mit gerecht verbinden, urteilen aber
subjektiv. Wissen und Glauben vermischen sich hier kaum trennbar. Eine
menschliche Schwäche. Das erklärt die ständige Suche nach Objektivität und den
dafür notwendigen Werkzeugen.
Zweitens: Wir sind überzeugt,
dass wir mit dem Computer, seinen Programmen und den ihnen zugrundeliegenden
Algorithmen genau über dieses Werkzeug verfügen. Dabei vergessen wir, dass
Algorithmen nicht aus dem Nichts kommen, sondern von Menschen erdacht werden,
subjektive Ansichten der Programmie-rer inbegriffen. Das heißt: Von
Objektivität kann auch hier nur bedingt die Rede sein.
Wie die Auswahl von Mitarbeitern
durch Computerprogramme zeigt, kann das fatale Folgen haben – kann? Hat!
In Konzernen, großen Unternehmen
werden Bewerber oft durch umfangreiche computerisierte Testprogramme gejagt,
die der Bewerber kaum durchschauen kann. Die Aufgabe dieser Programme ist
weniger das Herausfinden der besten Bewerber, sondern das Aussortieren
möglichst vieler, die nicht in das Schema passen. Im Klartext: Es geht darum,
die Personalabteilungen zu entlasten, ihre Arbeit so kostengünstig wie möglich
zu machen. Ob das eine erfolgver-sprechende Personalpolitik ist, darf infrage
gestellt werden.
So schreibt Cathy O’Neil in „der
Freitag“ vom 13. Oktober 2016: „Diese Personaler-Algorithmen haben das
Potenzial, eine neue Unterschicht zu schaffen – eine Klasse von Menschen, die
sich auf unerklärliche Weise vom normalen Leben ausgeschlossen fühlen.“
Jetzt (nach der Finanzkrise „geht
es nicht mehr bloß um Finanzprodukte, sondern um Menschen. Mathematiker und
Statistiker durchleuchten anhand gewaltiger Datenmengen (die sie oft aus
sozialen Medien und Online-Kaufhäusern zusammenklauben) unsere Sehnsüchte,
unsere Bewegungen und unser Kaufverhalten.“ Sie machen uns berechenbar.
Big-Data. „Ein Computerprogramm
kann sekundenschnell Tausende von Lebensläufen oder Kreditanträgen vergleichen und die ‚vielversprechendsten‘
Kandidaten nach oben sortieren. Das spart nicht nur Zeit, sonder gilt auch als
fair und objektiv. Schließlich sind keine vorurteilsbehafteten Menschen im
Spiel, nur Maschinen, die Zahlen auswerten.“
„Die vermeintlich objektiven
Formeln hinter der Big-Data-Wirtschaft basieren ihrerseits auf Entscheidungen
fehlbarer Menschen. Sie binden Vorurteile, Vorlieben und Missverständnisse in
automatische Systeme ein, die zunehmend unser Leben bestimmen. Diese
Algorithmen sind so undurchschaubar wie Götter…“
„Firmen mit Niedriglohn-Jobs
behandeln ihre Bewerber wie eine Viehherde“, so Cathy O’Neil. Mit dieser
Ansicht ist sie nicht allein.
Kein Ausweg aus diesem
menschenverachtenden Unfug? Gegenbeispiel, von Cathy O’Neil ins Feld geführt:
„Der beste Weg, Vorurteile zu
umgehen, sind komplett anonymisierte Bewerbungsverfahren. Orchester zum
Beispiel waren lange Zeit eine Männerdomäne. Schon seit den 1970ern aber
spielen Bewerberinnen und Bewerber hinter einem Wandschirm vor. Beziehungen,
Geschlecht, Hautfarbe haben so keinen Einfluss mehr. Die Musik, die erklingt,
spricht für sich. Der Prozentsatz der Frauen in großen Orchestern hat sich seither
verfünffacht.“
Das ist Objektivität.
Sonntag, Oktober 30, 2016
Totschlag
Das Ergebnis ist wie bei
Mord: ein Toter. Die Gerichte urteilen bei Totschlag milder als bei Mord. Wie
richtig oder falsch, wie gerecht oder ungerecht das ist, soll hier nicht
diskutiert werden.
Es dreht sich hier
nämlich nicht um Totschlag an und für sich, um das mal halbwegs juristisch
korrekt auszudrücken, es geht um den Begriff Totschlagargument. Hier wird nicht
jemand, sondern etwas totgeschlagen. Zumindest wird es versucht (was fast schon
an Mord grenzt).
Beispiel: Herr Saki
Stimoniaris, MAN-Betriebsratschef, meint, dass Risiken für Hundert-tausende
Arbeitsplätze mindestens so hoch zu bewerten sind wie Verbraucherrechte. Das
ist ziemlich infam, denn der Herr spielt hier die einen gegen die anderen aus.
Damit ist Herr Stimoniaris nicht allein. Im Gegenteil. Die Mehrheit der
Wirtschafts- und Gewerkschaftsfunktionäre keult allzu gern mit diesem
Totschlagargument. Und alle Welt nickt. Weil jeder seinen Arbeitsplatz gern ein
für allemal sicher sähe. Das ist verständlich und sollte auch so sein.
Aber leider ist dieses
Argument viel zu oft verlogen. Es wird nur gedroht. In Wirklichkeit stehen
keine Arbeitsplätze auf dem Spiel. Es geht um etwas ganz Anderes: Privilegien
für Unternehmen und Aktionäre. Oft fehlen schlimmstenfalls nur ein paar Cent an
der Dividende. (Hintergrund: SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 19. 10. 2016 „VW rüstet kaum
Dieselautos um.“)
Vergangenheit
Ein klarer Fall: Vergangen ist vergangen. Auf den
ersten Blick sieht das so aus. Auf den zweiten Blick stellt sich heraus, dass
das nur für die Grammatik gilt: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Es gibt da
auch noch irgendwelche Zwischentöne. Aber das alles ist nur Formsache.
Vergangenheit ist
immer auch Gegenwart, kann es auf jeden Fall sein. Wenn wir an etwas denken,
das vergangen ist, das unter Umständen hunderte oder noch mehr Jahre
zurückliegt – was passiert da? Wir machen die Vergangenheit zur Gegenwart. Wir haben
sie vor Augen, als wäre es heute. Und es ist ja auch heute.
Krause Gedanken? Vielleicht. Aber ich bin damit nicht allein.
William Faulkner notierte: „Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal
vergangen.“
Justizirrtum
Vor ein paar Tagen
aufgelesen. Ein paar Jungs um die 14 haben, der Anführer 21, haben ein
14jähriges Mädchen betrunken gemacht, sie vergewaltigt und dann in einem
Hinterhof nachts bei nahe null Grad abgelegt. Das Mädchen hat überlebt. Was aus
ihm wird, steht in den Sternen.
Die „Sache“ ging vor
Gericht. Der Einundzwanzigjährige wurde zu einer kurzen Gefängnisstrafe
verurteilt (Bewährungsstrafe?), die anderen Jungs wurden freigesprochen, da
noch nicht „strafmündig“.
Noch schrecklicher als
dieses Urteil ist die Begründung. Im Gefängnis, pardon, einer
Justizvollzugsanstalt (JVA) bestünde die Gefahr, dass die Jungs kriminalisiert würden. Keine
Besserungsanstalt, sondern eine Verschlimmerungsanstalt. Damit scheinen sich
Justiz und Verwaltung abgefunden zu haben. Es ist zum fürchten. Stimmt da
irgendetwas nicht? 30. 10. 2016
Der Leichenwagen
Mal kommt er früher,
mal später. Zu den Armen kommt er früher. Fred-Jürgen Beier, Arzt, Soziologe
und Leiter des Gesundheitsamts Nürnberg liefert in „der Freitag“ vom 6. Oktober
2016 Beweise:
„Frauen im untersten
Fünftel der deutschen Gesellschaft haben eine rund acht Jahre geringere
Lebenserwartung als Frauen im obersten Fünftel der Gesellschaft. Bei Männern
beträgt der Unterschied sogar mehr als elf Jahre. „Weil du arm bist, musst du
früher sterben“ stimmt also.
„Gesündere Lebensweisen
und gesündere Lebensverhältnisse hängen in erster Linie von Bildung, sozialem
Status und den zur Verfügung stehenden materiellen Ressourcen ab.“ Dabei ist
der allgemeine Wohlstand gar nicht so entscheidend. „Ab einem bestimmten Niveau
ist es entscheidender, wie groß der Abstand
zwischen Arm und Reich ist. „Solidarität scheint eine wichtige
Gesundheitsressource zu sein und die Angst, sich gegen Armut abschotten zu
müssen, erzeugt offenbar ungesunden Stress.“ (So der britische Epidemiologe
Richard Wilkinson.)
Herr Beier nennt eine
Reihe von Möglichkeiten, den Armen zu einem längeren Leben zu verhelfen. Nichts
davon ist neu. „Die Politik“ betet es jeden Tag vor sich her. Was sie aber tut,
ist nicht einmal halbherzig. So wird Bildung von früh bis spät gepredigt. Getan
wird nicht, was auch nur entfernt notwendig wäre.
Hier wäre jetzt die
Gelegenheit, ein paar giftige Pfeile gegen die Politiker abzuschießen, zum
Beispiel, weil sie als die Privilegierten mit ihrer Aussicht auf ein langes
Leben wenig Verständnis für die Armen haben. Nein, das soll hier nicht gesagt
werden. Es wäre zu gemein und auch zu allgemein.
29. 10. 2016
Lügenpresse
Die Krakeeler kriegen den
Hals nicht voll. Wenn ihnen nicht passt, was Presse und Fernsehen bringen,
brüllen sie los: „Lügenpresse, Lügenpresse…!“ Das ist, zumindest auf
Deutschland bezogen, ziemlicher Quatsch. Noch haben wir die von der AfD
angestrebte gleichgeschaltete Presse nicht. (Nicht Gott bewahre uns davor. Das
sollten wir selbst tun.)
Aber so ein bisschen
Lüge verbreitet sich doch. Genauer gesagt, handelt es sich weniger um
Unwahrheiten, sondern um Ungenauigkeiten und ganz besonders um Sensationslust,
den Ehrgeiz, als erster das große Ding zu bringen, den Hype, wie das heute
genannt wird.
Russia Today meldet,
in Garmisch-Partenkirchen hätten die Schwarzen (die CSU ist nicht gemeint) die
Macht übernommen. Das französische
Nachrichtenportal „Atlantico“ berichtet ähnlich über das „vermeintliche Regime
dunkelhäutiger Flüchtlinge“. Bei der britischen Daily Mail ist von
„Straßenkämpfen, Vandalismus und sexuellen Übergriffen“ die Rede. Alles das
stimmt nicht. Es nicht übertrieben zu sagen: Das ist gelogen.
Mindestens haben die
Redaktionen nicht genau hingesehen. Sie waren oberflächlich, auf die Sensation
aus. Sie haben sich unverantwortlich benommen. Ob das bei uns, in Deutschland,
auch passiert? Passiert? – Auch so gemacht wird? – um es genau zu sagen.
Den
Garmisch-Partenkirchener Bürgen wurde es lästig, dass sich die Flüchtlinge –
„genau wie die Touristen - gerne in
großen Gruppen am Richard-Strauß-Platz, im Kurpark und vor manchen Geschäften
in der Fußgängerzone“ aufhalten. Überall dort gibt es kostenloses WLan, was verständlicherweise auch die Flüchtlinge
nutzen.
Das Problem sind nicht
die Flüchtlinge in der Stadt, sondern ihre Unterbringung in der ehemaligen
US-Kaserne „General Abrams“. Dort sind sie ganz auf sich gestellt. Und warum?
Weil die Behörden nicht verstehen, wie man solche Schwierigkeiten vermeidet.
Sie in den Griff zu bekommen, ist – wie wir sehen – sehr viel schwieriger.
(Ehrenamtliche helfen, Behörden sind – oft – hilflos.) (Quelle: „Ein Hilferuf
und sein Echo“, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 20. Oktober 2016)
Zusammengefasst: Von
Lügenpresse keine Rede in diesem Fall, von Oberflächlichkeit und Dummheit umso
mehr. Grund genug, die Augen weit aufzusperren und die Ohren zu spitzen.
Super-Gau
Ich könnte mich jetzt wieder
über diesen Blödbegriff ärgern. Aber ich will das im Augenblick nicht. Nur so
viel: GAU ist das Kürzel für „Größter Anzunehmender Unfall“. Wenn etwas das
Größte ist, kann es darüber nichts mehr geben, egal, wie oft man „Super“
wiederholt. Es kann also keinen Supergau geben. Basta! Tatsächlich schreibt
SPIEGEL ONLLINE am 25. Oktober (nur) vom Fukushima-GAU. Der Bericht ist schlimm
genug. Was da notiert ist, schreit zum Himmel, und leider gibt es keinen Grund,
an dem Bericht zu zweifeln.
700 Millionen € gibt
die japanische Regierung derzeit jährlich für die Beseitigung der Schäden aus.
Die Regierung? Die japanischen Bürger!
Aus den 700 Millionen
werden mehrere Milliarden € pro Jahr werden, so der japanische
Industrieminister Hiroshige Seko. Kosten für die Bergung der geschmolzenen
Brennstäbe sind noch nicht mal eingerechnet.
Mit der Bergung will man 2018 oder 2019 beginnen.
Aber es sind nicht die
Kosten allein, die einen verzweifeln lassen. Tepco, Betreiber der
Fukushima-Reaktoren, hat noch nicht einmal mit der Entsorgung der Reaktoren
begonnen. Tepco versucht immer noch, den Abfluss von radioaktiv verseuchtem
Wasser zu verhindern. Bitte genau lesen. Man versucht!
Der Abriss des
Fukushima-Atomkraftwerks wird schätzungsweise 40 Jahre dauern.
Die japanische
Regierung hatte 40 von 42 Atomreaktoren abgeschaltet. Das sind zwei zu wenig.
Als wenn das nicht verantwortungslos genug wäre: Kein Land ist bereit, sich von
seinen Atomkraftwerken zu verabschieden. Selbst Deutschland macht das nur
halbherzig.
Erst Tschernobyl, dann
Fukushima. Die Lunte brennt. Die Funken springen weiter. Und wenn uns die ganze
Sache um die Ohren fliegt, wird niemand mehr da sein, der sagen kann: Die
Menschheit hat sich selbst umgebracht. Das war geplanter Selbstmord, feiner
ausgedrückt: Suizid.
Freitag, Oktober 28, 2016
Nachhilfestunde
Vermutlich bin ich nicht allein
mit meinem Eindruck, dass in letzter Zeit immer mehr Journalisten immer
häufiger versuchen, mit ihrem hohen Bildungsgrad zu prahlen. Das liegt weniger
an dem, was sie schreiben, sondern mehr daran, wie sie schreiben. Die Sucht,
sich durch den Gebrauch außergewöhnlicher Fremd-wörter auszuzeichnen, scheint
unwiderstehlich zu sein.
Ein Beispiel, das für viele
andere steht: „In seinem zweifellos
drogeninduzierten, delirant-spiritistischen Finale gibt ‚Opfergang‘ preis,
worin Harlans affiziertes Begehrenskino später reinkarnieren sollte…“ (Andreas
Busche, der Freitag, 6. Oktober 2016).
Nicht nur bildungsferne Leser –
ja, auch die können lesen – werden so gut wie nichts verstehen. Wie bildungsnah
muss man sein, um annähernd zu begreifen, was gemeint ist? Ist ein akademischer
Grad in Philologie oder Germanistik erforderlich, oder genügen ein paar
Semester hier oder da?
Wenn wir dem Autor folgen: Was
gibt das Finale von ‚Opfergang‘ wirklich preis? Zunächst einmal scheint es den
Einfluss von Drogen nahezulegen. Dann spielen auch Wahnvorstellungen und
Übersinnliches eine Rolle. Das führt später zu der Wiedergeburt der Harlan-Auffassung
eines Kinos, das bewegt und berührt bis
zur Besessenheit.
„Das Finale von Veit Harlans
‚Opfergang‘ deutet in seiner Mischung von drogenbeeinflussten Wahnvorstellungen
und Übersinnlichem das an, was später als Propaganda, als teuflische Verführung
erschien – in den Filmen ‚Jud Süß‘ und ‚Kolberg‘.“ Ist es das, was Andreas
Busche sagen wollte? Wenn ja, warum hat er es dann nicht gesagt? Und wenn nein?
Dann muss der Leser Nachhilfeunterricht nehmen.
Wirklich? Ist es nicht so, dass
so mancher Journalist dringend Hilfe braucht, um von seinem hohen Bildungsross
herunterzukommen? Einfach mal „Deutsch zu Fuß“, also leicht verständlich. Damit
ist keineswegs das „Leichte Deutsch“ gemeint.
Montag, Oktober 24, 2016
Das Totwinkelprinzip
Wenn Sie ein Gesetz machen,
müssen Sie immer wieder in den Rückspiegel blicken. Sie kennen das ja vom
Autofahren. In beiden Fällen gibt es das Problem des „toten Winkels“. Wenn Sie
mit dem Auto unterwegs sind und jemand Sie überholen will, kann es passieren,
dass Sie ihn im Rückspiegel nicht sehen. Er befindet sich im „toten Winkel“. Da
ist ein kritischer „Schulterblick“ das Gebot der Vernunft. Inzwischen gibt es
auch Totwinkelwarner, die anzeigen: Vorsicht, da will jemand überholen. Spur
halten!
Ob so ein Totwinkelassistent
auch bei der Gesetzgebung angebracht wäre? Wahrscheinlich wäre das nicht
verkehrt.
Wenn Sie ein Gesetz machen,
dann können Sie sicher sein, dass Sie jemand überholen will, dass jemand,
während Sie noch an dem Gesetzestext arbeiten, überlegt, wie er sie austrickst.
Sollte Ihnen dieses Beispiel zu technisch sein, können Sie sich für „Hase und
Igel“ entscheiden. Es kommt aufs selbe hinaus. Die Trickser lauern überall. Und
wie wir am Beispiel „Hase und Igel“ sehen, sind sie immer zuerst zur Stelle.
22. 10. 2016
Von der Umgehung der Gesetze
„Einmischung unerwünscht.
Seit Jahren bemüht sich die Politik um mehr Mitbestimmung für Arbeitnehmer und
mehr Frauen in Top-Positionen. Doch Unternehmen wissen längst, wie sie beide
Ziele hintertreiben. Ganz einfach und legal.“ So die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG am 20.
Oktober auf Seite 19.
Seit Januar dieses Jahres
gibt es eine sogenannte Geschlechterquote. Das Gesetz sieht vor, dass 30
Prozent der Aufsichtsratsmitglieder großer Unternehmen weiblich sein müssen.
Davon sind zurzeit nur 100 Unternehmen betroffen, aber immerhin. Die
Unternehmen müssen an der Börse notiert und die Aufsichtsratssitze paritätisch
zwischen Arbeitnehmern und Anteilseignern verteilt sein. Deutsche Unternehmen
mit mehr als 2000 Mitarbeitern sind verpflichtet, einen solchen Aufsichtsrat einzurichten.
Das Dumme ist nur, dass das Quotengesetz Schlupflöcher bietet. Und die werden
schamlos ausgenutzt.
Einer der Tricks: Bevor ein
Unternehmen den zweitausendsten Mitarbeiter einstellt, lässt es seine gute
deutsche Aktiengesellschaft (AG) in eine
Societas Europaea (SE) umwandeln. Schon ist sie aus dem Schneider wie
beispielsweise der Wohnungskonzern Vonovia SE. Als das Unternehmen noh
Annington hieß, hatte es weniger als 2000 Mitarbeiter und deshalb keinen
mitbestimmten Aufsichtsrat. Heute hat der Konzern über 6000 Mitarbeiter, aber
keine Mitbestimmung und keine Quotenfrauen. SE sei Dank!
Einen anderen Trick wendet
der Medizintechnikkonzern Fresenius an. Die Frauenquote im Aufsichtsrat stimmt
zwar, aber sie hat keine Bedeutung. Die Entscheidungen werden von einem anderen
Gremium getroffen, dem Aufsichtsrat der Fresenius Management SE. Ergebnis: Wie
bisher eine reine Männerrunde. Und wie steht es mit der Mitbestimmung?
Trick Nr. 3: Man wandelt ein
deutsches Unternehmen in eine ausländische Gesellschaft um, siehe Air Berlin.
Die Fluglinie ist inzwischen eine britische Public Limited Company und muss
sich nicht mehr an deutsche Regeln halten.
Wetten, dass es noch mehr Tricks gibt? Und wenn nicht, dann wird daran
gearbeitet.
Müssen wir resignieren?
Müssen wir sagen, die Welt ist nun mal so? Müssen wir uns mit der Auffassung
abfinden, dass Gesetze dazu da sind, umgangen zu werden? Gibt es Möglichkeiten,
das zu ändern?
Eine Möglichkeit könnte sein,
Gesetze deutlicher, d.h. eindeutig zu formulieren. Das ist schwierig, aber
möglich. Eine andere, die vielleicht wichtiger ist: Jedem Gesetz einen
abschließenden und verbindlichen Paragraphen hinzuzufügen: „Dieses Gesetz ist
buchstabengetreu anzuwenden und zu befolgen. Jeder Versuch, dieses Gesetz zu
umgehen, ist strafbar.“ (Das gilt für alle, die das Gesetz anwenden, die
Behörden, und diejenigen, die das Gesetz zu befolgen haben, die Unternehmen.)
Wer jetzt sagt, dies sei eine
sehr kindliche Auffassung, hat recht. Aber soll alles so bleiben, wie es ist?
Samstag, Oktober 15, 2016
Von Forschung und Lehre
In letzter Zeit wird viel über Biodiversität gesprochen und
geschrieben. An diesem Begriff herumzumäkeln, wäre kleinlich. Zumindest ahnt
jeder, was gemeint ist: biologische Vielfalt. Die ist in Gefahr, und wir
sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Nicht in Gefahr ist
offensichtlich die Arbeitsdiversität,
sprich: die Vielfalt der Berufe. Sie breitet sich aus wie Unkraut und ist schon
heute kaum überschaubar. Das liegt daran, dass wir inzwischen in einer
Wissensgesellschaft, in einer Informationsgesellschaft (das wäre der genauere
Begriff), in einer Dienstleistungsgesellschaft leben.
Täglich werden uns Dienste
angeboten, die es vor kurzem noch gar nicht gab, von denen wir auf jeden Fall
nichts wussten und die wir – bei Licht besehen – in vielen, wenn nicht sogar in
den meisten Fällen, gar nicht brauchen. Auf jeden Fall entstehen dadurch immer
neue Berufe, deren Zahl kaum noch zu überblicken ist.
Eine ganz besondere Rolle spielt
dabei die Universitätsindustrie. Jede Stadt, die auf sich hält, hat inzwischen
eine Universität. Es müssen hunderte sein. Deshalb darf von Industrie (oder
wäre Inflation der genauere Begriff?) gesprochen werden.
Die merkwürdigsten Dinge werden
dort erforscht und gelehrt – Forschung und Lehre sind ja das, wodurch sich
Universitäten auszeichnen, was sie überhaupt erst zu Universitäten macht.
Ist es nicht verblüffend, wenn
der Sozialpsychologe Prof. Rolf Pohl als Männlichkeitsforscher
auftritt, wenigstens aber so bezeichnet wird? Männlichkeit als
Universitätsdisziplin? In einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk am 15. Oktober
wusste er aber auch nicht so recht bescheid. Wie auch? – wenn aus jedem
Kinkerlitzchen eine Professur gemacht wird.
Diese Kunst, aus nichts etwas zu
machen, ist weit verbreitet und tobt sich in professoralen Begriffen aus.
Anders lässt sich „werteorientierte Interkulturalität“ nicht bezeichnen. „Interkulturalität“!
Wenn es eine Sprachsondermüllabfuhr
gäbe, müsste sie sofort angerufen werden. Bitte, entsorgen! Schließlich leben
wir in einer Dienstleistungsgesellschaft. Diese Sondermülldienstleistung
sollten wir viel öfter in Anspruch nehmen.
GVO - das Milliardengeschäft
Was hinter diesen drei
Buchstaben, was hinter dieser Abkürzung steckt, hat es in sich. GVO ist das
Kürzel für GenVeränderte Organismen.
Das klingt viel netter als das, was damit gemeint ist: Genmanipulation.
Täglich verändert sich etwas in
unserem Leben. Über viele Veränderungen freuen wir uns, weil sie unser Leben
einfacher und angenehmer machen, vielleicht sogar bereichern. Manipulation
dagegen ist, sagen wir mal, die böse Schwester der Veränderung. In diesem Wort
steckt viel Unehrlichkeit bis hin zum Bösen, listiges, undurchschaubares
Vorgehen zum eigenen Vorteil und zum Nachteil der Anderen.
Verständlich deshalb, dass wir uns
nicht manipulieren lassen wollen. Verständlich aber auch, dass diejenigen, die
uns manipulieren wollen, dieses Wort scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
Deshalb GVO und nicht Genmanipulation. Wie wir sehen, fängt Manipulation schon
mit der Wahl der Wörter an und frisst sich dann wie Krebs bis in die letzte
Zelle der Manipulation.
Schluss mit der Theorie. Sehen
wir uns die Praxis an. Nehmen wir als Beispiel Monsanto, das Unternehmen, das
mit Genmanipulation Milliardengewinne macht.
Seit Jahrzehnten pfuscht Monsanto
der Natur ins Handwerk, spielt sozusagen Schöpfung.
Was der Konzern als
Fürsorglichkeit ausgibt – ohne ihn würde weltweit in wenigen Jahren Millionen
und Abermillionen Menschen verhungern – ist ein knallhart kalkuliertes,
menschenverachtendes Geschäft. Und mehr noch: Es ist eine Lüge. „50 Prozent der
weltweiten Getreideernte werden für Tierfutter genutzt, statt Menschen zu
ernähren.“ So der Philosoph Richard David Precht (STERN 13. 10. 2016)
Patente auf Saatgut sorgen dafür,
dass Bauern eigenes Saatgut nicht mehr verwenden dürfen. Sie müssen Jahr für
Jahr für teures Geld bei Monsanto nachkaufen, dazu noch Unkrautvernichter wie
Roundup. Sonst funktioniert das System nicht.
Beispiel „Golden Rice“. Monsanto
hat einer Reissorte ein Beta-Carotin-Gen untergemogelt. Das war natürlich eine
gute Tat; denn in Ländern, in denen täglich drei Mal Reis gegessen wird, leiden
die Menschen unter Karotin-Mangel. „Golden Rice“ löst dieses Problem, sagt
Monsanto. Mit diesem patentierten Reis nehmen die Menschen die notwendige Dosis
Beta-Carotin zu sich. Hallelujah!
Das stimmt aber nicht. Nach
einiger Lagerzeit verflüchtigt sich das Beta-Carotin im „Golden Rice“. Es
bleibt alles wie bisher. Der reine Schwindel.
Das ist aber nicht das Ende der
Geschichte. Ein französischer Wissenschaftler hat sie zu Ende geschrieben. Er
sagt: „Dabei wäre alles so einfach. Es würde genügen, wenn die Menschen zum
Reis auch Auberginen äßen. Schon wäre ihr Karotinbedarf gedeckt. Was macht die
Gen-Industrie? Sie entnimmt den Auberginen ein Gen und pflanzt es in den Reis
ein.“
Welch ein Umweg. Welch ein
Irrsinn! Wir – Monsanto voran, aber keineswegs allein – greifen gewissenlos in
die Natur ein. Die Folgen unseres Tuns kennen wir nicht, außer den Milliarden
Dollar, die die Genmanipulationskonzerne kassieren.
Es dürfte nicht übertrieben sein
zu sagen, dass die Genmanipulationsindustrie gefährlicher ist als jede
Atombombe, als jedes in die Luft fliegende Atomkraft-werk.
Der Korken ist aus der Flasche.
Der böse Geist ist nicht mehr einzufangen. So zeigt sich: Der größte Feind des
Menschen ist der Mensch. Die Begabung der Menschheit, unseren Planeten zu
ruinieren und sich selbst umzubringen, ist überwältigend.
14. 10. 2016
Dienstag, Oktober 11, 2016
Von der Infamie zur Peinlichkeit
Kriegsverbrecherprozess 1945/46
in Nürnberg. Hermann Göring auf die Frage, ob er denn von den Verbrechen nichts
gewusst habe: „Wenn man oben ist, erfährt man besonders wenig.“ Das war eine infame
Lüge. Göring wusste alles, billigte alles, war an allem beteiligt.
Zugegeben: Das ist eine brutale
Zusammenfassung. Sie wird aber nicht infrage gestellt durch Görings „Wer Jude
ist, bestimme ich.“ Dieser Satz, der im Nürnberger Prozess nicht zur Sprache
kam, macht ihn nicht menschlicher. Er ist in dieser Betrachtung auch nicht so
wichtig wie „Wenn man oben ist, erfährt man besonders wenig.“ Diese Aussage ist
– wie sagt man? – hochaktuell. Sie führt auf direktem Weg vom Reichsmarschall
zu - beispielsweise – Martin Winterkorn,
bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender des Volkswagenkonzerns.
Herr Winterkorn, in keiner Weise
mit Göring zu vergleichen, was hier auch nicht geschieht, hat von den
Abgasmanipulationen in seinem Konzern nichts gewusst? Ach so. Er war zu weit
oben. „Da erfährt man besonders wenig“. Den Göring hat Herr Winterborn aber
sorgfältig gelesen, mindestens diesen Satz.
Was bei Göring infam war, ist bei
Herrn Winterkorn nur peinlich. Entweder verschanzt sich Herr Winterkorn hinter
einer himmelschreienden Unwissenheit – ein Armutszeugnis sondergleichen,
unfähig, einen Konzern wie VW zu leiten – oder …? Was soll man da sagen? Er
entstellt die Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit.
Vermutlich ist davon auszugehen,
dass Herr Winterkorn mit seinem Verhalten nicht allein ist, was ihn nicht
entlastet, sondern die Sache nur noch schlimmer macht.
Zum Schluss bleibt die Vermutung:
Die da unten wissen alles. Die da oben wollen nichts wissen. Welche
Überraschung!
Unüberhörbares auf Linie 5
Auf keiner anderen Buslinie –
deutschland-, europa-, weltweit - sind
jeden Tag so viele Menschen unterwegs wie auf der Linie 5 in Hamburg.. Es sind
zigtausende. Da kann man viel erleben. Und noch mehr hören, ob man will oder
nicht.
Mit dem Wollen oder Nichtwollen
ist das so eine Sache. Wegsehen können wir ja. Aber weghören? Das geht nicht,
jedenfalls nicht so gut. Smartphoner sprechen nämlich notwendigerweise laut,
sonst versteht ihr Gesprächspartner sie nicht. Bei dem Lärm, den der 5-er
während seiner Fahrt macht, kein Wunder.
Und so kommt es, wozu es kommen
muss. Da fliegt uns immer nur die Hälfte eines Gesprächs um die Ohren. Die
andere hören wir nicht, weil sie im Smartphone landet. Schade eigentlich. Andererseits:
Die Hälfte reicht, ist oft sogar viel zu viel. Und so hört sich das an:
„Cool. Hat er wirklich zeitnah
gesagt? Und weißt du schon, wann? OK. Hat er noch nicht gesagt? Dann sag’s ihm.
Nicht wichtig? OK. – Ich muss gleich aussteigen. Wo ich bin? Ehrlich, keine
Ahnung. Muss mal sehen. – Was heißt Kompass ? – Ob ich einen habe? – Nee, habe
ich nicht. – Was? Der Gabriel hat einen? Ach so, der braucht einen. Was für
einen? – Habe nicht verstanden. –– Einen klaren Kompass? – Haste dich nicht
verhört? Vielleicht will der nur einen
klaren Schnaps, nen Kümmel oder nen Korn. – Nee, steh ich nicht drauf. – Ambi?
Was ambi? – Ambitioniert? Bin ich nicht. Kannst ja nicht alles mitmachen. Kann
die Merkel ruhig zehnmal sagen, mach ich
nicht. – Agenda? Habe ich auch nicht. –
Die Merkel hat sowas? - Bin ich die
Merkel? – Und was hat die gesetzt? – Eine ambitionierte Agenda, ja? – Cool! Warum
fällt mir sowas nicht ein? – Ich muss jetzt raus, rüber zur Bahn.“
Da wird es dann so weitergehen.
Wir werden wieder nur die Hälfte hören. Ist vielleicht gar nicht so verkehrt.
Wir können uns die andere Hälfte ausdenken. Das regt den Geist mehr an, als
Kreuzworträtsel zu raten. Das Schönste daran? Wir brauchen kein Smartphone dafür.
Märchenstunden
Neuerdings machen Politiker
zunehmend Gebrauch von dem schönen, alten Wort Erzählung. Sie dürften ihren
Grund haben.
Erzählungen haben etwas
Märchenhaftes an sich. Wirklichkeit und Fantasie vermischen sich. Man weiß
nicht genau, wo das Eine anfängt oder das Andere. Das macht den Reiz der
Erzählung aus.
Warum aber sprechen Politiker
plötzlich davon, dass sie uns Bürgern Erzählungen anbieten müssten, damit wir
ihre Gedanken verstehen, ihnen folgen können und uns für ihre Ideen begeistern
– warum?
Vielleicht hat die Politik etwas
falsch verstanden. Die Parteien verstehen sich als Unternehmen. Ihre Überzeugungen
betrachten sie als Produkte. Und die wollen sie verkaufen. So kommt es, dass
sie wie Konzerne Marketing betreiben. Sie verstehen sich selbst als Marke, sprechen von ihrem Markenkern. Politik als
Geschäft – nicht als Aufgabe?
Es ist das gute Recht eines jeden
Politikers, seine Ziele und Pläne immer etwas hübscher darzustellen als sie es
wirklich sind. Das gehört zum Geschäft, und das wollen wir keinem Politiker
übel nehmen, verbieten schon gar nicht. Aber
Politik als Erzählung? Politik als Märchenstunde? Wollen wir das
wirklich zu-lassen?
Nein! Aus dem politischen
Kindchenalter sind wir doch längst raus. Also: keine Erzählungen und schon gar
keine Märchen. Klipp und klar sagen, was Sache ist, worum es geht und warum,
den notwendigen Klacks Sahne drauf, damit schmeckts. Das müsste doch gehen
zwischen Politiker und Bürger.
Montag, Oktober 10, 2016
Es ist zum Fürchten
DER SPIEGEL 43/2016 steckt voller
Horrorgeschichten. In Syrien wird mit der Bombardierung Aleppos der nächste
Weltkrieg geprobt. Die Menschen dort nur noch das, was in Kriegen zynisch
Menschenmaterial genannt wird. Zerbombt, zermahlen, zermalmt. Und die
Kriegsherren? Putin, Obama, Assad, Kerry, Lawrow usw. – mir fehlen die Worte.
Der Hass, der grenzenlos Hass
überall. In den USA, in Kolumbien, im Nahen Osten, in Afrika, zunehmend auch in
Europa, bei uns in Deutschland. Es ist zum Fürchten. Die Menschheit hat die
Beherrschung verloren. Sie hat sich nicht mehr unter Kontrolle. Sie schreit,
pöbelt, schlägt zu.
Verführerisches Trugbild: Alles
das findet in Diktaturen nicht statt. Dort herrscht Ruhe, siehe Russland, siehe
Nordkorea als Beispiele für andere, die es bestimmt auch noch gibt. Das ist
natürlich Unsinn.
Diktatoren sind immer das
schlimmste von allen denkbaren Übeln. Mussolini, Hitler, Stalin, Pol Pot, Mao
Tse Tung und die vielen anderen. Der größte Diktator: Gott.
Niemand ist so rücksichtlos wie
er. Er lässt jedes Unglück geschehen. Wie viele Millionen Menschen ließ er in
Religionskriegen umbringen, lässt es heute noch zu! Der einzige Unterschied
zwischen ihm und den anderen Diktatoren: Es gibt ihn gar nicht. Gott ist, wie
alle Götter, eine Erfindung des Menschen – unsere Erfindung. Und das bedeutet:
Wir schreiben das Kriegstagebuch. Die Mörder sind wir.
Selbst die kleinsten Dinge sind
inzwischen zum Fürchten. Die SPIEGEL-Geschichte „Ein junger Mann, der Populist
werden will“ (41/2016) jagt uns einen gehörigen Schrecken ein. Die Rede ist von
Markus Frohnmaier, 25, Vorsitzender der AJ, Alternative Jugend, Jungvolk der
AfD.
Dieser junge Mann studiert im
zehnten Semester Jura. Irgendwie will er das Studium sogar abschließen.
Gearbeitet hat er anscheinend noch nie. Einen Beruf hat er nicht. Student ist
kein Beruf, sondern eine Lehr-, eine Lernzeit. Markus Frohnmaier politisiert
seit 10 Jahren durch die Gegend.
Auf der Schattenseite der Politik
scheint er sich gut auszukennen. Er will nach oben. Sein nächstes Ziel: ein
Bundestagsmandat. Für seine Reise dahin hat er ein Ticket der AfD.
Herr Frohnmaier ist ein Politiker
im bösesten Sinne des Wortes: ein Berufspolitiker. Und genau die sind zu
fürchten. Denn Politik ist kein Beruf. Man kann sich berufen fühlen, sich für
Notwendigkeiten und Interessen seiner Mitbürger in Kommune, Kreis, Land und Bund
einzusetzen. Ein Beruf ist es trotzdem
nicht, sondern eine Aufgabe.
Sonntag, Oktober 09, 2016
Schweinereien am laufenden Band, Teil drei
Auf den ersten Blick könnte man
sagen: Hier wird aber dick aufgetragen. Eine junge Politikerin redet kompletten
Unsinn und entschuldigt sich dann. Das soll eine Schweinerei sein? Mal sehen,
ob das stimmt.
Entschuldigung! Eine junge Frau, Bettina Kudla,
CDU-Bundestagsabgeordnete aus Leipzig, hat sich im Ton vergriffen. Jemanden
„Dünnschiss“ zu nennen und von „Umvolkung“
zu sprechen, lässt auf Geschmacklosigkeit und rechts-drehende politische
Auffassung schließen. Schlimm das Eine, noch schlimmer das Andere.
Aber nun hat sich die junge Frau
entschuldigt, so richtig mit Brief. Ist damit alles erledigt? Nein. Frau Kudla
hat nicht begriffen, dass man sich selbst nicht entschuldigen kann. Man kann um
Entschuldigung bitten. Aber vielleicht ist das mehr eine Sache des
Sprachgefühls. Mit dem falschen Verständnis von Entschuldigung ist Frau Kudla
nicht allein. Das soll nicht als Schweinerei bezeichnet werden. Die steckt
woanders
Das Gemeine, denn Schweinereien
sind nichts anderes als Gemeinheiten, das Gemeine ist das Wort Umvolkung. Ein
Nazibegriff der bösesten Art. Heute wieder gern hervorgeholt von Kreisen, die
noch rechtser sind als rechts.
Ist Umvolkung möglicherweise
doch auch ein bisschen CDU? Immer weiter
nach rechts, die Damen und Herren der Union, CSU vorneweg? Bis rechts neben
ihnen wirklich kein Platz mehr ist? Das
wäre nun wirklich die größte Schweine-rei. Müssen wir das befürchten?
Die Christliche Nachsicht, die
die CDU im Falle Kudla walten lässt, könnte das befürchten lassen. Aber
vielleicht muss man hier doch nicht alles so schwarz sehen, wie sich die CDU
selbst sieht.
Schweinereien am laufenden Band, Teil zwei
Im ersten Teil dieser Serie ging
es nicht wirklich um Schweine. Schweinereien haben eben nicht immer etwas mit
Schweinen zu tun. Meist geht es um menschliches Verhalten. Hier geht es
wirklich um Schweine. Aber nicht nur. Das Wichtiger ist das schweinische Verhalten von Menschen, dem
wir hier begegnen.
Frei laufende Schweinehalter. Kleine Einleitung zum besseren
Verständnis: In einer Diskussion über die industrielle Massentierhaltung (oder
Tiermassenhaltung?) begann ein
Massentierhaltungsunternehmer seinen Beitrag mit folgenden Worten: „Ich als
frei laufender Hühnerhalter…“. Bei der großzügigen Auslegung, der
Nichtanwendung des Tierschutzgesetzes dürfen wir davon ausgehen, dass dieser
Herr immer noch frei herumläuft. So wie die Schweinehalter. Die laufen auch
frei herum.
Peta, eine ernst zu nehmende
Tierschutzorganisation, hat unter anderem in Ställen dreier führender
Landwirtschaftsfunktionäre und Politiker gefilmt. In den Filmen: „Schweine mit riesigen
Nabelbrüchen. Viele Tiere haber blutig gebissene Schwanzstummel. Etliche
husten, humpeln oder kommen kaum mehr hoch. In den Gängen liegen tote,
verwesende Tiere, bei einem treten die Innereien aus.“
Diese Ställe gehören Franz-Josef
Holzenkamp, Aufsichtsratsvorsitzender bei Agrarmulti Agravis Raiffeisen und
CDU-Bundestagsabgeordneter – Josef Rief, lange Jahre im Bauernverband aktiv und
für die CDU im Bundestag – Johannes Röring, Präsident des
Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, CDU-Bundestagsabgeordneter. Das
Christ-liche scheint allen drei Herren abhanden gekommen zu sein.
Wenn die Not am größten ist,
sprechen die Funktionäre gern von Einzelfällen. Da sie aber mit schlechtem
Beispiel vorangehen, dürfte das der Wahrheit nicht entsprechen. Ein kleiner
„freilaufender Schweinehalter‘ kann sich doch nur sagen: „Wenn die da oben das
machen, warum nicht auch ich?“ Wenn das keine Schweinerei ist!
Schweinereien am laufenden Band, Teil eins
Kein Tag, an dem nicht irgendeine
Schweinerei passiert. Manchmal sind es gleich mehrere. Drei sollen hier zur
Sprache kommen, eine schön nach der anderen, in Fortsetzungen. Das macht die
Sache erträglicher. Hier also Teil eins:
Entgelt-Gleichheitsgesetz. Schon dieses Wortungetüm lässt nichts
Gutes ahnen. Mühselig genug hat sich die
Große Koalition nach drei Jahren Diskussion auf einen Entwurf geeinigt, der nun
zu einem Gesetz werden soll.
Das zum Himmel schreiende
Problem: Frauen werden für ein und dieselbe Arbeit schlechter bezahlt als
Männer. Der Gesetzentwurf löst dieses Problem nicht. Dabei wäre das so einfach:
„Frauen und Männer werden für die gleiche Arbeit gleich bezahlt.“ Kurz und
bündig. Keine Ausnahmen. Keine Schlupflöcher. Einer der kürzesten
Gesetzestexte.
Stattdessen: Frauen in Betrieben
ab 200 Arbeitnehmern dürfen sich nach der Entlohnung anderer Mitarbeiter
erkundigen. So könnten sie feststellen, ob sie gerecht oder ungerecht behandelt
werden. Die Frauen sollen also betteln gehen? Ja, so ist das wohl gedacht. Die
wenigsten werden sich trauen. Außerdem bringt das auch nichts. Sie erfahren,
wie viel weniger ihnen gezahlt wird. Mehr aber auch nicht. Entgelt-Gleichheit
ist das nicht.
Wenn wir mal kein Blatt vor den
Mund nehmen, sondern Tacheles reden, dann ist das eine Schweinerei. Die aber
lässt sich noch überbieten. Zumindest Teilen der Union, besonders aber der
Arbeitgeber-Lobby, geht selbst dieser fragwürdige, dieser unwürdige Entwurf zu
weit. Dies ist die noch größere Schweinerei.
Donnerstag, Oktober 06, 2016
Von der Schönheit des Widerspruchs
So
könnten wir „Ästhetik des Protests“ mit
einfachen Worten übersetzen. Vielleicht würde das Conny Runge, Sprecherin des
linksradikalen Bündnisses „Solidarity without limits“ sogar gefallen. Aber es
würde nichts besser dadurch.
Das
Bündnis wendet sich nach eigenen Angaben gegen erstarkenden Nationalismus und
Rassismus. Was Besseres können wir uns gar nicht wünschen.
Am
3. Oktober will die „Solidarity“ in Dresden bei den Feierlichkeiten zum Tag der
Deutschen Einheit protestieren. Warum nicht? Es gibt Gründe dafür. Nicht alles
ist in Ordnung in Deutschland. Das kann nicht oft genug gesagt werden.
Es
kommt allerdings darauf an, wie es gesagt wird und welche Form des Protests
angemessen ist. Gewalt ganz fraglos nicht.
Das
wollte sicherlich auch Conny Runge für die „Solidarity without limits“ sagen.
Aber sie hat sich nicht getraut. Sie sagte: „Jeder muss seine Ästhetik des
Protests selbst finden.“ Wie viel klarer wäre es gewesen zu sagen: „Jeder muss
wissen, wie weit er mit seinem Protest geht.“ So hätte Conny Runge auf feine
Art klar gemacht, dass ihre Gruppe Gewalt ablehnt.
Warum
fällt es Menschen, die sich für gebildet, bildungsnah, zumindest bildungsaffin
halten, so schwer, sich verständlich auszudrücken? Warum sprechen und schreiben
so viele in der Armut eines Spezialistendeutsch, das sich von dem Reichtum
unserer Sprache so weit entfernt hat? Politikerdeutsch, Verwaltungsdeutsch,
Juristendeutsch, Managerdeutsch… Nicht wundern, wenn Kietz- und Rap-Sprache
leichter verstan-den werden.
Kaum
eine andere Sprache ist so reich wie unsere.
– einleuchtende Fremdwörter aus welcher Sprache auch immer sie kommen – eingeschlossen.
Unsere Sprache war schon immer gastfreundlich. Sie hat sich nie gescheut, fremde
Wörter aufzunehmen, wenn die etwas besser, genauer, vielleicht auch
liebenswürdiger sagen. Auch das hat unser Deutsch reich gemacht.
Sonntag, Oktober 02, 2016
Ein Bild lügt mehr als tausend Worte
In
der Sendung „Das manipulierte Bild“
zeigte 3SAT am 29. September, wie wenig wir inzwischen unseren Augen trauen
können. Was sich vor unseren Augen abspielt, was uns vorgespielt wird, ist
erschreckend.
Der
Wunsch, Fotos zu fälschen, ist nicht neu und die Fähigkeit dazu auch nicht. Was
vor gar nicht so langer Zeit noch sehr umständlich war, ist dank Photoshop und
anderen weiterentwickelten Programmen fast schon ein Kinderspiel. Vor allem:
Nicht nur Fotos sind leicht zu fälschen, auch Filme und nicht zuletzt Videos. Was
wie Wirklichkeit und Wahrheit aussieht, ist nicht selten Lüge.
Diese
Lügen verbreiten sich wie Buschfeuer rund um die Welt, im Fernsehen, in der
Presse. Und man kann den Redaktionen kaum einen Vorwurf machen; denn ihre
Möglichkeiten, Fälschungen zu entdecken, scheinen gering zu sein.
So
einfach Bildfälschungen sind, so schwierig ist es, sie zu entdecken und zu
beweisen. Das verlangt nicht nur Wissen und Fähigkeiten, sondern auch Zeit. In
einem Beispiel dieser Dokumentation sagt einer der Spurensucher zur Entlarvung
einer Fälschung: „Das hat einen Monat gedauert.“
Und
dann eine katastrophale Bemerkung am Schluss der Doku, sinngemäß: Man müsse
kritisch sein, gesunder Menschenverstand sei wichtig. Ach
so. Wir sollen bei Betrachtung eines Videos seine Echtheit beurteilen, so
einfach mit unserem gesunden Menschenverstand. Und Experten brauchen dafür einen Monat?
Mit
dieser Empfehlung hat 3SAT die ganze Doku. infrage gestellt. Der gesunde
Menschenverstand hat die Autoren in einem wichtigen Augenblick in Stich
gelassen. Sie haben sich an der Wahrheit vorbei gedrückt. Die heißt nämlich: Wir sind
Fälschungen hilflos ausgeliefert
PS:
Jetzt komme bitte niemand mit „Lügenpresse, Lügenpresse!“ Gelogen wird woanders.
Damit sei der Presse allerdings kein Freibrief ausgestellt. Es ist nicht immer
leicht, der Versuchung zu widerstehen.
Unendlicher Irrsinn
Faschismus. Kommunismus. Nationalismus. Kapitalismus. Imperialismus. Alles
hatten wir, alles haben wir. Irgendwo geistert immer irgendetwas davon durch
Welt. Und nie führt es zu etwas Gutem. Wir haben das immer wieder erlebt,
erleben es auch heute und lassen uns trotzdem verführen. Woran liegt das?
Eins
haben alle Begriffe gemeinsam: eine religiöse Überzeugung, die
unerschütterliche, uner-bittliche Auffassung, der einzige Weg zum Glück zu
sein. Das hat wenig mit Verstand zu tun, umso mehr mit Gefühl. Es ist wie mit
der Liebe: Ist man erst mal verliebt, kommt man nicht mehr zur Besinnung, ist
nicht ganz bei Verstand. Man ist sozusagen besessen.
Ein
schöner, ein himmlischer Zustand für den Einzelnen, eine Katastrophe in der
Politik (Kapitalismus und Imperialismus eingeschlossen). Und so kommt es in der
Politik immer, wie es kommen muss: zu einem bösen Ende. Der Weg dahin ist
blutig. Das Allerschlimmste: Das Ende ist gar keins. Man fängt immer wieder neu
an. Die Gefühle sind übermächtig. Der Verstand hat die geringsten Aussichten.
Wie heißt es so grauenhaft schön? Flattert erst mal die Fahne im Wind, ist der
Verstand in der Trompete.
Nein,
nein, nein. Das ist alles an den Haaren herbeigezogen. Was die Religionen
angeht, mag das stimmen – die Kreuzzüge, das Christentum gegen den Islam und umgekehrt. Der dreißigjährige Krieg, der
totale Krieg zwischen Katholiken und Protestanten. Die Verfolgung der
Hugenotten. Aber das ist Vergangenheit.
Wirklich?
Gibt es keine Religionskriege heute? Niemand wird behaupten, dass Schiiten und
Sunniten sich lieben und beide die Jesiten. Sie bekämpfen sich bis aufs Blut.
Dieser religiöse Wahnsinn, vermengt mit nationalistischen, kapitalistischen und
imperialistischen Interessen, tobt sich nicht nur im Nahen Osten aus.
Indien
will unbedingt Atom-Uboote haben, denn China scheint schon welche zu haben. Der
Grund: Beide Länder erheben Ansprüche auf einunddieselben Seegebiete im
Indischen Ozean und im Chinesischen Meer. Da werden Milliarden verpulvert,
obgleich hunderte Millionen Menschen in Indien und China in bitterer Armut
leben. Hat das etwas mit Verstand zu tun? Wie gesagt: Flattert erst mal die
Fahne…!
Selbst
da, wo es nach allgemeiner Ansicht kühl und voller Überlegung zugeht, in der
Wirtschaft, dominieren Gefühle. Wer daran zweifelt, wird durch TTIP und CETA
eines besseren belehrt. Ein neuer Glaubenskrieg, in dem der Verstand nur eine
kleine Rolle spielt. Das Entscheidende sind die Allmachtsgefühle der
internationalen Konzerne, die die Politik inzwischen an der kurzen Leine führen.
Der
Befund, Globalisierung sei die schönfärberische Umschreibung von
Raubtier-kapitalismuns, scheint nicht aus der Luft gegriffen zu sein.
Soweit
eine kurze Bestandsaufnahme. Und nun? Wird es so weitergehen? Es wird. Das
Gefühl ist dem Verstand überlegen. Das ist seit Menschengedenken so. Die
Beweislage ist erdrückend. So kurz und bedrückend lässt sich das beamtenmäßig
ausdrücken.
Hirnfreies Gedankengut
Immer
wieder ist Unglaubliches und Unverständliches zu lesen und zu hören, nicht nur
in der Politik. Auf die Idee, Veggie-Fleisch, also Fleischersatzprodukte, muskelfreies Bratgut zu nennen, muss
man erst mal kommen. Diese Bezeichnung ist ziemlich widerlich, in jeder
Hinsicht.
Jeder
kann von Fleischersatzprodukten auf Soja-oder-sonstwas-Basis halten, was er
möchte. Trotzdem: Soja essen und Fleisch schmecken, das ist schon ein bisschen
komisch. Ob es wirklich gesünder ist und umweltgerechter, ist auch noch nicht
raus. Wie gesagt: Ansichtssache.
Damit
nicht genug. Im Zusammenhang mit muskelfreiem Bratgut werden auch noch „endokrine Disruptoren“ aufgetischt. Da
könnte einem wirklich der Appetit vergehen. Abgesehen davon: Was sind endokrine
Disruptoren?
Wer
sich die Mühe macht, das herauszufinden, lernt, dass es um Substanzen, also
Inhaltsstoffe, geht, die den Hormonhaushalt beeinflussen. Der muss im
Gleichgewicht sein, damit wir gesund bleiben. Endokrine Disruptoren stören
dieses Gleichgewicht. Das tut uns nicht gut.
Wenn
schon muskelfreies Bratgut, dann doch bitte mit dem Hinweis „Dieses
Veggie-Produkt enthält Stoffe, die Ihren Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht
bringen können.
Den
Hinweis „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker könnte man sich ja verkneifen.
Angebracht wäre er schon.