Mittwoch, März 23, 2016

Unsere Demokratie ist keine Importware aus den USA


„Keine Ahnung, nie gehört“ – ein Beitrag von Benedikt Erenz  - DIE ZEIT, 17. März 2016.
Ein lesenswerter Beitrag, weil er nachdenklich macht. Aber zum Teil rüpelhaft, hochmütig, um nicht zu sagen hochnäsig. Erenz leitet den Redaktionsbereich Geschichte und ist offenbar ein Vielschreiber. Er tritt in diesem Beitrag mit unzumutbarer Arroganz auf. Die Ansprüche, die er in der Schilderung seines ZEIT-Ressorts schildert, erfüllt er hier nicht. Er schreibt: „Die Seiten sollen allerdings kein Forum für Spezialisten sein, sondern ein Angebot an alle, die sich für die historischen Zusammenhänge von Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft interessieren.“

Trotzdem ist sein Aufsatz lesenswert, allein, weil er klipp und klar sagt, dass die Demokratie keineswegs Importware aus den USA, England und Frankreich war, wie es allenthalben geschrieben und gesagt wird. Er belegt mit vielen Beispielen, dass Deutsche seit 1793 für die  Demokratie gekämpft haben. Oder haben das Hambacher Fest 1832, der Aufstand 1848 in Berlin, die Frankfurter Nationalversammlung 1848/1849 nichts mit Demokratie zu tun? Die Alliierten haben 1945 der Demokratie in Deutschland wieder zum Leben verholfen – nicht weniger, aber ganz bestimmt nicht mehr. 

Samstag, März 19, 2016

Ein großes Durcheinander

Die befürchteten Ergebnisse der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben die Politik, haben die Politiker mächtig durcheinandergebracht. Jetzt sind sie ratlos, hilflos, kopflos und genau so dumm wie vorher.

Die AfD ist in allen drei Landesparlamenten vertreten. In Sachsen-Anhalt rangiert die AfD unter den Parteien an zweiter Stelle, in den beiden anderen Bundesländern kann sie sich ebenfalls sehen lassen. Überall bleibt die AfD in der Opposition, was zu den merkwürdigsten und vielleicht unglücklichen Koalitionen der anderen Parteien führen kann. Das ist zu befürchten. So viel zur Situation heute.

Wie konnte das alles passieren? Zunächst einmal: Es ist nicht passiert, die Partei-en, die Politiker haben sich das selbst und damit uns eingebrockt. Sie haben sich im Wesentlichen auf die Ausländer- und Flüchtlingshetze der AfD beschränkt. Oberflächlich betrachtet, war das verständlich. Aber es war zugleich auch beschränkt. Die Parteien reduzierten die AfD auf Fremdenhass. Und die AfD spielte dieses schmutzige Spiel ja auch tatsächlich in unerträglicher Weise.  Und doch war das nicht alles. Hinter der Entscheidung für die AfD steckte auch eine immer stärkere Unzufriedenheit mit der aktuellen Parteienpolitik, die sich immer mehr von den Menschen zu entfernen schien. Das jedenfalls war das Gefühl vieler Bürger.

Der entscheidende Fehler aber war, dass die Parteien immer nur Front gegen AfD machten, ohne eine eigene Position zu beziehen. Sie beschränkten sich auf ihren Anspruch, demokratische Parteien zu sein. Ein Allgemeinplatz, eine Selbstverständlichkeit. Kann jemand etwas damit anfangen? Macht das die Parteipositionen, ihre Ziele, klar? Nein. Das ist das aktuelle Übel.

Und das Pochen auf die gute Arbeit, die man doch geleistet hat, die Erfolge? Ehrlich gesagt: geschenkt, weil es schwer fällt, daran zu glauben.

Betrachten wir mal die SPD als Beispiel, stellvertretend für die anderen Parteien in der Großen Koalition: CDU und CSU. Sie, die SPD nimmt für sich in Anspruch, viel durchgesetzt zu haben.  Das kann ja nur die halbe Wahrheit sein, denn, was getan wurde, wurde mit der Union gemeinsam getan.

Sechs Bundesministerien werden von SPD-Mitgliedern geführt: Wirtschaft (Gabriel), das Auswärtige (Steinmeier), Justiz und Verbraucherschutz (Maas), Arbeit und Soziales (Nahles),Familie, Senioren, Frauen und Jugend – und die Männer? (Schwesig), Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Hendricks). Und was haben sie als Juniorpartner in der Großen Koalition geleistet, welche Erfolge haben sie für ihre Wähler, für die SPD-Anhänger erzielt?

Wenn der Wirtschaftsminister sich für die TTIPP und die undurchsichtigen Verhandlungen dazu einsetzt – schafft das Vertrauen? Wenn die Reichen in Deutschland immer reicher werden und die Armen immer ärmer. Schafft das Vertrauen? Wenn Frauen immer noch 22 Prozent weniger verdienen als Männer bei gleicher Arbeit – schafft das Vertrauen? Wenn vielen Frauen, und nicht nur ihnen, die Altersarmut droht… Was sagen Frau Nahles und Frau Schwesig dazu? Welche Erfolge rechnen sie sich zu? Wer will Frau Hendricks Vertrauen schenken, wenn sie Belgien nur mit erhobenem Zeigefinger droht wegen des leichtfertigen Umgangs mit den Atommeilern dort. Sie kann nicht nach Belgien hineinregieren? Natürlich nicht. Aber sie könnte, sie müsste für Gesundheit und Leben der gefährdeten Bundesbürger energisch eintreten. Hat sie aber nicht.

Noch mehr Beispiele? Lieber nicht, die zu erwartende Litanei würde kein Ende nehmen.

Ganz schrecklich wird es, wenn wir uns dem Grundsätzlichen zuwenden, soweit es um die SPD geht. Sie ist die älteste deutsche Partei. Und sie war lange Zeit die fortschrittlichste und die mutigste, die einzige, die 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte. Sie hat für den 8Stundentag gekämpft, den freien Sonnabend und und und. Sie hat sich für den „kleinen Mann“ eingesetzt, zu dem längst nicht mehr der Arbeiter allein gehört, sondern die Intelligenz.

Die SPD hat ihre Anhänger verraten. Und nun wundert sie sich, dass ihr die Leute weglaufen. Sie ist ein Schatten ihrer selbst. Und das Fatale: Sie hat sich das selbst zuzuschreiben. Sie ist ihrem Herrn Müntefering auf den Leim gegangen mit seinem flotten Spruch „Opposition ist Mist.“ Das mag so sein. Aber manchmal ist Opposition Pflicht. Dieses Pflichtbewusstsein ist der einst so stolzen Partei abhanden gekommen und das Ehrgefühl anscheinend gleich noch mit.

Während der Begriff Volkspartei immer auch und zuallererst mit Größe und Bedeutung in Verbindung gebracht wird, interpretiert Herr Gabriel, der SPD-Vorsitzende als eine Partei, die für das Volk da sei? Größe spielt auf einmal keine Rolle mehr.

Diese Ansicht teilt auch Frau Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen. „Mit zehn Prozent kann man noch Volkspartei sein“ sagt sie über das schlechte Abschneiden der SPD in Sachsen-Anhalt. „Es geht darum, wie weit man die Interessen der Bevölkerung abdeckt“, fährt sie fort. Was soll man dazu sagen? 

Dienstag, März 15, 2016

Lesen, lesen, lesen...

Lesen, lesen, lesen… und dabei reiche Ernte eingefahren. Das Schönste: Es gibt noch Menschen, die liebevoll und einfallsreich mit unserer Sprache umgehen. Dazu gehört Udo Lindenberg mit seiner Bemerkung „Wörter, die es nicht im Kaufhaus gibt.“ Dazu gehört auch Iris Radisch mit ihrem Text „Kullerrunde Freude“ im ZEIT REISEN-Magazin 12 2016 . Da schreibt sie einen zauberhaften Satz: „Das kleine Gedicht ist voller kullerrunder Freude…“. Sie meint das Kurt Tucholsky-Gedicht „Park Monceau“. Hier ist es:

„Hier ist es hübsch. Hier kann ich ruhig träumen. – Hier bin ich Mensch – und nicht nur Zivilist. – Hier darf ich links gehn. Unter grünen Bäumen – sagt keine Tafel, was verboten ist.

Ein dicker Kullerball liegt auf dem Rasen. – Ein Vogel zupft an einem hellen Blatt. – Ein kleiner Junge gräbt sich in der Nasen – und freut sich, wenn er was gefunden hat.

Es prüfen vier Amerikanerinnen, - ob Cook auch recht hat und hier Bäume stehn. – Paris von außen und Paris von innen. – sie sehen nichts und müssen alles sehn.

Die Kinder lärmen auf den bunten Steinen. – Die Sonne scheint und glitzert auf ein Haus. – Ich sitze still und lasse mich bescheinen – und ruh von meinem Vaterlande aus.“

Andere schöne Wörter, woanders aufgegabelt: Singsang-Serie, Plapperprogramm, laborkittel-ernst, himmelblau dumm, Hoolygänse.

Wie schrecklich dagegen das Imponier- und das Moraldeutsch und die lockere Sprache der Hallogesellschaft. (CICERO, Dezember 2015, „Aber hallo, das ist kein Thema“, Roland Kählbrandt).

Beispielhaft für Imponierdeutsch: Struktur, Vision, Mission, Potenzial – für Moraldeutsch: Studierende, Studierendenausweis, StudierendensprecherIn, Kursteilnehmende, Lehrende, Mitarbeitendenjahresendgespräch.

Und dann das Hallodeutsch. Du als Anrede anstelle des Sie. Und dann das Hallo. Das sagte man früher am Telefon, wenn man den anderen Teilnehmer plötzlich nicht mehr hörte und die Leitung vielleicht tot war. Oder man rief es, wenn man auf sich aufmerksam machen wollte – oder um in der Dunkelheit herauszufinden, ob da jemand sei.

Hallo heute: billiger Ersatz für Guten Morgen, Guten Tag, Guten Abend oder auch Ausdruck des Erstaunens „aber Hallo!“ Als Klassiker des Halllodeutsch gilt „Ich sag mal.“ Was anschließend kommt, ist nicht etwa eine Meinung, eine Feststellung, sondern nichts anderes als unverbindliches Geplappere: Ich denke, ich meine, es könnte sein, vielleicht, vielleicht aber auch nicht – usw. usw.

Gleich weiter im Text. Diesmal in Chrismon (Das evangelische Magazin), Ausgabe 03. 2016 mit der Kolumne „Erledigt“. Hier geht es um den unsinnigen Gebrauch von dürfen: „Die Arzthelferin sagt: ‚Sie dürfen ich jetzt hinlegen.‘ Die Seminarleiterin sagt: ‚Sie dürfen jetzt die Fenster schließen.‘

Die Schreiberin fragt zu recht: warum dürfen? Warum nicht ‚Bitte legen Sie sich hin!‘? Warum nicht ‚Bitte schließen Sie die Fenster.‘? Was soll dieses Drumrumgerede? Wenn etwas getan werden soll, warum wird dann gesagt, dass es getan werden darf? Eine berechtigte Frage.

Ach so, wer sich gestresst fühlt, soll (darf?!) umdenken. Daher weht der Wind. Also nicht mehr ‚Ich muss heute 13 Anrufe machen, ein Meeting überstehen, die Kollegin vertreten und bei Rewe an die Mülltüten denken‘, sondern ‚ich darf‘ das alles. Spätestens bei den Mülltüten kommt man sich ausgesprochen albern vor, nicht wahr? Lassen wir diesen Firlefanz, sprechen wir klar und deutlich!

Das Staatsatom

Vor fünf Jahren Fukushima, von dreißig Jahren Tschernobyl. Unsichere Atommeiler in Belgien und Frankreich, direkt an unserer Grenze, jenseits des Rheins, in Sichtweite. Das sind die, von denen wir wissen. Die Vermutung, es seien in Wirklichkeit sehr viele mehr, dürfte nicht abwegig sein. Da können die Atomenergieunternehmen sagen und schreiben, was sie wollen.

Ihnen geht es ums Geld. Jahrzehntelang floss es ihnen nur so zu. Jetzt versiegt der Strom. Und – schlimmer noch – allen graust vor den Abriss- und Entsorgungskosten, das Wort Endlagerung mag man schon gar nicht mehr in den Mund nehmen. Kein Wunder, dass die Unternehmen Himmel und Hölle – mehr geht nicht – in Bewegung setzen, um die gewaltigen Kosten von sich abzuwenden. Der Staat soll zahlen, also wir Bürger.

Weil zumindest wir Bürger das für unanständig und unzumutbar halten, sind wir auf die Atomindustrie alles andere als gut zu sprechen. Die haben jahrzehntelang kassiert, jetzt sollen sie mal zahlen, auf Heller und Pfennig, sprich Euro und Cent. Das ist doch zu verstehen, oder?

Ja, das ist zu verstehen, aber nicht ganz. Spätestens dann nicht, wenn man in WELT AM SONNTAG vom 6. März 2016 „Das Staats-ATOM“ gelesen hat. Da reibt man sich vor lauter kindlichem Staunen die Augen.

„Die Konzerne waren es eigentlich gar nicht, die die Atomkraft einführen wollten.“ Das waren andere wie zum Beispiel der Philosoph Ernst Bloch („Ikone der neomarxistischen Schule“). Er schrieb: ‚Wie die Kettenreaktionen auf der Sonne uns Wärme, Licht und Leben bringen, so schafft die Atomenergie aus Wüste Fruchtland, aus Eis Frühling. Einige hundert Pfund Uranium und Thorium würden reichen, die Sahara und die Wüste Gobi verschwinden zu lassen, Sibirien und Nordamerika, Grönland und die Antarktis zur Riviera verwandeln.‘ „

„Das war 1957, da regierte noch „Das Prinzip Hoffnung“, wie auch der Titel von Blochs Buch lautet, aus dem die Zeilen stammen.“

„Es war die Zeit, in der vor allem die damals oppositionelle Sozialdemokratie auf die Kern-energie setzte. Leo Brandt, technologiepolitischer Vordenker der Partei, bezeichnete die Atomkraft als ‚eines der kostbarsten Geschenke, das die Natur für den Menschen bereithält, mit dem man zum Beispiel die Kultivierung der Urwälder anpacken könne.“ Kurz und gut: Die Begeisterung kannte keine Grenzen.

Konrad Adenauer sah die Sache eher zurückhaltend. Er und Franz Josef Strauss waren mehr daran interessiert, sich mit der Atomenergie eine militärische Option offen zu halten. Grund genug für die Gründung eines Atomministeriums, erst unter Strauss, dann unter Siegfried Balke. Der propagierte: „Wer keine Atomkraft im Angebot hat, wird auch keine Staubsauger mehr verkaufen.“

Aus heutiger Sicht überraschend: Skeptisch waren die Energieversorgungs-unternehmen, darunter auch RWE. Sie wollten an das goldene Zeitalter nicht glauben.

Die Vorbehalte gegen die Kernspaltung richteten sich auf Atomwaffen. Die Wissenschaftler warnten vor nuklearer Aufrüstung, verlangten aber die friedliche Nutzung zu fördern – „mit allen Mitteln“.

Die Energiewirtschaft blieb skeptisch. Die Unternehmen hatten mehrere Gründe. Heinrich Schöller, Vorstandsmitglied bei RWE, warnte vor den Kosten für die Beseitigung des Atommülls, die er so hoch schätzte wie die Stromerzeugung selbst. Das wurde von der Wissenschaft weitgehend verdrängt.

„Der Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker meinte noch 1969, der ganze Abfall des Jahres 2000 werde in einen Kasten passen, und ab damit in ein Bergwerk – ‚Problem gelöst‘. Die AEG dagegen warnte, vor der ‚Illusion, dass der Bau von Atomkraftwerken  eine Art technischer Sonntagsspaziergang sei.‘

Die betroffenen Branchen waren skeptisch, ob die anvisierten Zuwachsraten beim Energieverbrauch – alle zwölf Jahre eine Verdoppelung – eintreten würden. Die damals beschworene ‚Energielücke‘ wurde von den EVU angezweifelt. ‚In den 50er und frühen 60er-Jahren fürchtete die Energiewirtschaft das noch nicht übersehbare Betriebsrisiko der Kernkraftwerke sowie die Konkurrenz dieser Technologie gegenüber den zahlreichen im Zuge des Wiederaufbaus neu errichteten Kohlekraftwerken‘, schreibt Radkau.“

Es ginge beim Werben (der Politik) nur um Exportbedürfnisse, von der Energiewirtschaft könne man daher keine Risikobeteiligung erwarten. Es wurde nicht einmal ausgeschlossen, dass der Atomstrom viermal so teuer wie der konventionelle werden könnte – so die Unternehmen. Nicht mal mit staatlichen Subventionen wollte man die neue Energiequelle entwickeln. Aber die Politik wollte es. Von den Kosten des Baus von Gundremmingen (erste Großanlage die gebaut wurde) musste die Betreibergesellschaft aus RWE und Bayernwerk nur ein Drittel übernehmen. Es wurde alles getan, bis hin zu Abnahmegarantien, um den EVU den Einstieg in die ungeliebte Technik zu finanzieren. Das Ergebnis über die Jahrzehnte hinweg: Die Atomindustrie scheffelte Milliarden, wehrte sich mit allen Mitteln gegen den nach Fukushima politisch in Gang gesetzen Ausstieg aus der Atomenergie und wies die Übernahme der Folgelasten einschließlich Endlagerung weit von sich. – Manchmal stehen die Dinge wirklich kopf.

"Weltreise im Privatjet"

Eine 25-Tage-Reise von Wien/Zürich nach Jamaika, Panama, Alacama-Wüste, Osterinsel, Cook-Inseln, Tasmanien, Sydney, Borneo, Sri Lanka und zurück nach Wien/Zürich - Angebot des „Exklusivreisen-Spezialisten“ HL Travel in Heft 12, März 2016 von ZEIT REISEN. Das alles für 54.900,00 € pro Person, also 2.196,00 € je Tag, 91,50 € die Stunde, etwa einsfuffzig die Minute.

Diese Rechnerei sieht so aus, als handle es sich hier um eine Taxifahrt rund um die Welt. Und etwas anderes ist sie wohl auch nicht, diese Weltreise, nur schlimmer. Man stelle sich vor, dass zur ständigen Begleitung, der man sich nicht entziehen kann, ein Arzt gehört, ein Reiseexperte, ein Reiseorganisator und ein Gepäck-Butler. Man hat also mindestens vier Leute ständig an der Hacke. Schrecklicher Gedanke!

Und dann dieses Kinkerlitzchen-Angebot: Flugzeug in VIP-Konfiguration, VIP-Catering während der Flüge inklusive allen Getränken an Bord, Unterbringung in bestmöglichen *-Hotels, Mahlzeiten, Transfers, Besichtigungen, Ausflüge, Gepäckservice während der Reise – nichts Originelles, nichts Individuelles. Tag und Nacht wird man eingeplant, auf die Minute genau, ob man Lust hat oder nicht. Ein einziges Armutszeugnis. Irgendwie erinnert das Ganze an eine Wochenendbusreise, auf der einem völlig unnütze Sachen zu überhöhten Preisen aufgeschwatzt werden. Das alles zu einem höllischen, Verzeihung, himmelhohen Preis. Nein, danke. Da reise ich lieber allein.

Randbemerkungen zur Sprache

Wenn ich etwas verhindern will, dann geht es darum, etwas unmöglich zu machen. Einem Sprachkünstler, den ich nicht mehr ausfindig machen kann, war  der Ausdruck unmöglich machen zu einfach. Und so erfand er das Wort verunmöglichen. Bravo!

Harriet Scharnberg, Historikerin, bietet in ihrem Beitrag „Propaganda mit Feindes Hilfe“ in DIE ZEIT vom 10. März 2016 das Wörtchen kontextualisieren an. Sie meint damit, Fotos mit einem Text begleiten. Im Einzelnen ging es darum, dass man mit entsprechenden Texten Fotos zum Lügen bringen kann. Aber das ist ein anderes und wichtigeres Thema. Mir geht es hier nur um die Sprache.

Heute sprach eine Fernsehmoderatorin davon, dass ein Politiker seinen Kompass verloren habe. Das war kein Versprecher; sie sagte das in der Sendung zweimal. Sie meinte, er hätte seine Orientierung verloren. Aber nein, sie sagte Kompass.

Natürlich ist es unangenehm, wenn man in der freien Natur, in einer unbekannten Gegend seinen Kompass verliert. Da kann man schnell die Orientierung verlieren.  Aber hier in Norddeutschland kann man sich behelfen. Da der Wind meist aus Westen weht und häufig Regen mit sich bringt, setzen die Baumstämme an ihrer Westseite leicht Moos an. Eine gute Orientierungshilfe, fast so eine Art Kompass.  Wo Grün ist, ist Westen. Jedenfalls so ungefähr.14. März 2016