Montag, Oktober 26, 2015

Im Eifer des Gefechts

Im Eifer des Gefechts legt man nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Das ist einfach nicht möglich. So geht es sicherlich auch der Tageszeitung. Sie arbeitet ständig unter Zeitdruck. Der nächste Tag wartet nicht. Er droht nicht nur, er kommt.

Dieser Zeitdruck führt immer wieder zu Ungenauigkeiten. In der Eile stellt sich das treffende Wort nicht ein. Und dann passiert es. Plötzlich steht da ein falsches Wort. Aktuelles Beispiel: der Titelseiten-Aufmacher der WELT vom 22. Oktober 2015. – „Wütende Flüchtlinge zünden ihre Zelte an.“

Auf den ersten Blick stimmt das. Flüchtlinge haben ihre Zelte angezündet. Sie waren auch wütend. Vor allem aber waren sie verzweifelt. Ihre Verzweiflung äußerte sich dann in Wut. Deshalb hätte es heißen sollen, hätte es heißen müssen: „Verweifelte Flüchtlinge zünden ihre Zelte an.“

Korinthen-Kackerei? Nein, ganz bestimmt nicht. DIE WELT selbst bringt den Beweis auf ihrer Seite 5. Da heißt es: „Verzweiflung schlägt in Wut um.“

Was nun ist an der offensichtlich falschen Wortwahl so schlimm? „Wütende Flüchtlinge“ werden mit großer Wahrscheinlichkeit von vielen Menschen als undankbare Flüchtlinge angesehen, so nach der Denke „Kaum sind die hier bei uns in Sicherheit, schon stellen sie Ansprüche und benehmen sich…“ – ja wie unserer rechtsextremen Brandstifter. Aber das sind ja unsere Leute. Für die muss man Verständnis haben. Nein, das müssen wir nicht.

„Verzweifelte Flüchtlinge“ würde zu ganz anderen Gedanken führen, die sich damit beschäftigen, wie den Flüchtlingen und damit tatsächlich auch uns zu helfen ist.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass DIE WELT hier ein unsauberes Spiel spielt, Aufmacher auf Krawall bürstet, egal, was es kostet. So titelte DIE WELT in ihrer Ausgabe vom 17. Oktober „Flüchtlinge kosten bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr.“ und schrieb dann im Verlauf des Textes, dass es sich um Spekulationen handelt. Ich fand das nicht ehrlich und notierte: „Deutschlands Rechtsaußen werden sich die Hände gerieben haben.“ 23. 10. 2015 Morgen werde ich der WELT-Redaktion meine Kommentare zum 17. und 22. Oktober schicken mit der Bitte, sich dazu zu äußern. Das habe ich getan, am 24. Oktober. Eine Antwort habe ich bis zum 26. Oktober nicht bekommen.

Sonntag, Oktober 25, 2015

Wir Deutschen - das große Vorbild

Für einen aufrechten Gang braucht es Selbstbewusstsein. Nur so entsteht ein Selbstwertgefühl, ohne das sich nicht leben lässt, jedenfalls nicht in Würde.

So ist es ganz natürlich, dass wir uns selbst am liebsten im besten Licht sehen, wahrscheinlich etwas übertrieben, aber das ist ja nur menschlich. Die Franzosen, die Italiener, die Polen und überhaupt alle anderen machen es ja genau so. Es ist eben menschlich. So weit, so gut. Aber nicht alles ist gut.

Immer wieder passiert es, dass wir uns für besser halten als die Anderen. Dass die Anderen sich auch so verhalten, macht die Sache für uns nicht besser. Auf diese Weise wird das Urteil, das wir über uns selbst abgeben, ein Vorurteil.

Wir Deutschen halten uns für fleißig, ehrlich, friedfertig, hilfsbereit und außerordentlich ordentlich, um nur einige unserer Charakterzüge zu nennen, die uns von anderen unterscheiden. Wenn wir Franzosen fragen, werden sie das meiste davon auch für sich in Anspruch nehmen. Schwamm drüber. So sind die anderen nun mal.

Zurück zu uns. Zu den vielen Vorzügen, die uns unserer Meinung nach auszeichnen, gehört nicht zuletzt ein ausgeprägter Hang zur Sauberkeit. Das beschränkt sich nicht nur aufs Händewaschen. (Einzige Ausnahme die Regel, dass eine Hand die andere wäscht.)

Nein, in Sachen Sauberkeit kann uns niemand etwas vormachen. Da kennen wir nichts. Da gehen wir sogar auf die Straße. Allein das Getöse der Laubbläser und Laubsauger in jedem Herbst – da bleibt kein Blatt auf dem anderen. Deutschland – Sauberland! Wir Deutschen das Vorbild für allumfassende Reinlichkeit!

Wie anders benehmen sich da doch die anderen, vor allem die Flüchtlinge, die uns jetzt zu Millionen heimsuchen. Nein, was ich jetzt notieren muss, hat mit einem Vorurteil auch nicht das Geringste zu tun. Es geht um Fakten, um Tatsachen. Der Innenminister des Saarlands, Klaus von Bouillon, ist mein Zeuge.

Herr von Bouillon (CDU) ist einer der wenigen Politiker, die sich in der Flüchtlingsfrage wirklich um Antworten bemüht – nicht mit Worten, sondern mit Taten. Er dürfte der einzige Politiker sein, der sein Büro für mehrere Wochen in ein Flüchtlingslager verlegt hat. Er hat gesehen, er hat erlebt, was dort vor sich geht, er weiß also, wovon er spricht. Vor allem hat er Verständnis für die Flüchtlinge und ihre Nöte gezeigt und hat viel getan, um diese Nöte zu lindern.

Eins allerdings hat er nicht getan. Er hat nichts schön geredet. Wenn etwas an den Flüchtlingen zu kritisieren war, dann hat er das kritisiert. “Die schmeißen  alles aus dem Fenster. Das sind sie so gewohnt. Da habe  ich ihnen gesagt: So geht das nicht. Das haben sie verstanden. Das hat gewirkt. Das Dumme nur: Nach 14 Tagen kommen neue Flüchtlinge ins Lager, und das Spiel geht von vorn los: Alles fliegt aus dem Fenster. Aber da darf man nicht aufgeben.“ – So sinngemäß die Äußerungen von Klaus von Bouillon. Nun sind nicht alle Deutschen so wie er.

Wir machen da lieber kurzen Prozess:  Alles einfach aus dem Fenster schmeißen – das geht nicht. Nicht hier in Deutschland. Wer das nicht begreift, hat bei uns nichts zu suchen. So einfach ist das. Wirklich?

Ein kurzer Blick auf den deutschen Alltag. Da gibt es in einer kleinen Stadt in Schleswig-Holstein an einem der Ortseingänge eine Verkehrsinsel, die von einer Bürgerin ehrenamtlich zu einem kleinen Pflanzenparadies gestaltet wurde. Dummerweise befindet sich wenige Meter davon entfernt eine Kreuzung mit der notwendigen Ampelanlage. Die Folge: Autofahrer, die neben der Verkehrsinsel halten müssen, schmeißen, was sie nicht brauchen, mitten zwischen die Pflanzen: Zigarettenkippen, Kaffee-to-go-Plastikbecher, McDonalds-Tüten – einfach alles, alles, alles, was da nicht hingehört.

So komme ich zum Schluss doch noch zu meinen Zweifeln: Wir Deutschen als Vorbild? Wir – die Saubermänner und Sauberfrauen? Das dürfte ein Fehlurteil sein. Wir sollten die Nase nicht so hoch tragen. Mehr Bescheidenheit stünde uns gut zu Gesicht. Mit dieser Bescheidenheit wären wir vielleicht nicht das große  Beispiel, aber doch eins, das Schule macht.
25. 10. 2015

Samstag, Oktober 24, 2015

Mutmaßlich

Eins steht außer Frage: Frank S. hat Henriette Reker niedergestochen. Dafür gibt es Zeugen, und er selbst hat die Tat auch zugegeben, sogar begründet. Trotzdem ist immer wieder vom mutmaßlichen Täter die Rede. Haben wir es hier mit Dummheit zu tun oder mit Feigheit?

So dumm können Journalisten eigentlich nicht sein. Also müssen sie feige sein, werden Angst haben. Aber Angst wovor? Ich vermute, vor den Juristen der Verlage, Fernseh- und Rundfunkanstalten. Ich kann mir nur denken, dass sie den Journalisten eingebläut haben: „Sprecht niemals von Tätern, solange die nicht verurteilt sind. Dann seid ihr auf der sicheren Seite, und das erspart uns eine Menge Ärger und Arbeit.“

Man könnte das Vorsicht nennen. Ích bleibe bei Feigheit. Und ich ärgere mich darüber, weil hier Tatsachen, Gewissheiten, falsch dargestellt werden, und das ist Murks, für den sich jeder Journalist zu schade sein sollte.

Natürlich ist immer wieder Vorsicht geboten. Aber das weiß jeder gute Journalist, und er wird schon genau hinsehen. Wenn bei einer Ausein-andersetzung ein Mensch zu Tode kommt, dann kann es sich um Mord oder aber um Totschlag, vielleicht sogar um ein Unglück handeln, das ohne Absicht herbeigeführt wurde. Da wird jeder gewissenhafte Berichterstatter den Täter nicht gleich als Mörder bezeichnen.  Alles klar jetzt? 22. 10.  2015

Bekenntnisse

In Europa geht die Angst um, der Islam könne die christliche Kultur des Abendlands überwältigen. Diese Angst äußert sich in Hysterie, Wut, Hass, Terror bis hin zu Mord und Totschlag.

Sollte das vielleicht daran liegen, dass Muslime gläubiger sind als Christen? Dass Muslime ihre Religion höher schätzen?

Eine kurze Charakterisierung des Chefs „der kurdisch geprägten Partei der Demokratischen Völker, HDP“, Selahattin Demirtas in der Novemberausgabe der Zeitschrift CICERO, regt zu dieser Frage an: „Er ist jung, liberal und gläubiger Moslem.“

Gläubiger Moslem, das ist es. Da wird ein Unterschied klar; denn Christen werden im Allgemeinen anders beschrieben, etwa so: Verheiratet, zwei Kinder – auch schwul kommt vor, wenn der Betreffende sich „geoutet“ hat. Sofern jemand Hobbys hat, gehören auch die zur Charakterisierung. Der Glaube, die Religion? Fehlanzeige.

Gläubiger Christ? Gläubiger Katholik? Gläubiger Protestant? Nie gelesen. Scheint unwichtig zu sein. Interessiert niemanden. Wo ist das Bekenntnis zum  christlichen Abendland? Hat sich Glauben in Unglauben verwandelt? Und wenn nicht, dann doch allem Anschein nach in Gleichgültigkeit. Manchmal zeigen Kleinigkeiten, woran eine Sache krankt.

Damit nichts missverstanden wird: Die „Patriotischen Europäer gegen die Islami-sierung des Abendlands“ – Pegida – reden fahrlässigen, brandstifterischen Unsinn und lassen Taten folgen. Vom christlichen Abendland haben sie keine Ahnung, und es fällt ihnen offensichtlich leicht, auf das Christliche zu verzichten. Für die also keinen Finger krumm!

Um ein anderes Missverständnis gar nicht erst aufkommen zu lassen, noch dieser Hinweis: Kirchliche Institutionen – katholisch, protestantisch – stellen sich auf die Seite der Flüchtlinge, helfen wie und wo sie nur können und unzählige Menschen, gleich welcher Konfession, sind mit dabei. Praktiziertes Christentum.

Natürlich zählen Taten mehr als Worte. Aber das Bekenntnis zum christlichen Abendland würde den Taten noch mehr Gewicht geben. 24. 10. 2015

Mittwoch, Oktober 21, 2015

Toleranz - ein Wort zum Nachdenken

In seinem Essay „Warum immer tolerant sein?“ (DIE WELT, 16. Oktober 2015) fragt Eliyah Havemann: „Will ich tatsächlich als Jude in Deutschland toleriert werden? Nein! Niemals! Das hat mich verblüfft. Deshalb habe ich weiter gelesen. Die Erklärung, die Havemann gibt, leuchtet mir ein. Er macht das am Beispiel eines schwarzen Fußballspielers klar. Wenn man ihn toleriert, obwohl er schwarz ist, dann erhebt man „Weiß“ zur Norm und „Schwarz“ zu tolerierten Abweichung. Der Spieler aber will, dass nicht die Hautfarbe, sondern seine Leistung Teil der Norm ist.

„Ich will als Jude in Deutschland auch nicht toleriert werden. Ich will als Ich, als Mensch akzeptiert, bestenfalls geschätzt sein.“ „Das Grundgesetz… lässt richtigerweise keine große Toleranz zu. Tolerieren wir also die Muslime, alteingesessene oder neu eingewanderte, in Deutschland nicht, sondern akzeptieren wir sie. Muslime gehören zu Deutschland genau wie jeder andere hier lebende Mensch.“

Toleranz, missverstanden als Gnadenakt? Nein, danke.

"Lügenpresse"

Pegida, AfD, NPD – Deutschlands Rechtsaußen giften gegen Presse, Funk und Fernsehen. Sie selbst lügen, dass sich die Balken biegen. Sie hetzen, stacheln auf, machen aus besorgten Bürgern Angstbürger und aus Angstbürgern Wutbürger, verführen bis hin zu Mord und Totschlag.

Das Irrsinnige daran ist, dass ein führendes Blatt der „Lügenpresse“, DIE WELT, sich an diesem bösartigen Spiel auch noch beteiligt – gewiss ohne Absicht, was die Sache nicht besser macht. Auch Dummheit kann strafbar sein.

Was ist passiert? „Ökonom: Flüchtlinge kosten bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr“. „Wirtschaftsforscher Clemens Fuest befürchtet starke Belastungen für die Sozialsysteme. Der Freiburger Experte Bernd Raffelhüschen kalkuliert mit sechs Prozent höheren Abgaben“. So macht DIE WELT am 17. Oktober 2015  ihre Titelseite auf.

Genau das dürfte es sein, was so viele Menschen beunruhigt. Und sie werden sich sagen: Da sehen wir es ja. Die Pegida-Leute und die von der AfD und NPD haben recht. Hier haben wir es schwarz auf weiß. „Lügenpresse hin und her, hier wird endlich mal die Wahrheit gesagt. Da braucht man gar nicht weiter zu lesen.

Genau das sollte man aber tun. Denn da heißt es im Fließtext: „Zwar lasse sich über die wahren Kosten der Flüchtlingskrise nur spekulieren, sagen Raffelhüschen wie auch Fuest.“

Alles Spekulation also und keine Tatsache, wie DIE WELT titelt: „Flüchtlinge kosten bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr.“

Im weiteren Verlauf des Artikels kommt zwar auch Marcel Fratzscher, Präsident des DIW,  zu Wort. Er sieht keine Notwendigkeit  für höhere Abgaben. Er fordert, man müsse endlich aufhören, Flüchtlinge als „Kosten“ zu sehen. „Sie sind auch eine Chance für Deutschland.“ Aber das alles und noch mehr steht im Kleingedruckten. Was wirkt, ist der falsche Aufmacher. Deutschlands Rechtsaußen werden sich die Hände gerieben haben.

Horribile dictu

„Es ist furchtbar, dies sagen zu müssen.“ Weil ich 1947 und 1948 in der Oberschule sehr viel Russischunterrricht hatte, aber nur ein paar Stunden Latein, musste ich erst mal nachsehen, was die beiden lateinischen Wörter sagen, für die wir sage und schreibe sieben Wörter brauchen. So, nun weiß ich es.

Allerdings frage ich mich, was horribile dictu in einer Tageszeitung für Hinz und Kunz, also HAMBURGER ABENDBLATT  oder DIE WELT oder die FAZ, zu suchen hat. Als Nichtlateiner behaupte ich – horrible dictu! – da spielt sich einer auf, spielt den Pfau und gibt mir zu verstehen, wie dumm, wie ungebildet, ja bildungsfern, ich bin.

Der Duden, dem meine Liebe nun wirklich nicht gehört, hat für diese Art sich auszudrücken ein passendes Wort gefunden: „bildungssprachlich“.

Wie schrecklich diese bildungssprachliche Ausdrucksweise ist, zeigt beispielsweise das Unwort Fokus, fokussieren. Die Deutsche Bank will sich fokussieren, heißt es im HAMBURGER ABENDBLATT vom 20. Oktober. Wie fokussiert man sich selbst? Keine Ahnung, und die Bank weiß es wohl auch nicht.

Nett auch die Aussage von Herrn Achleitner, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, zur Reorganisation der Bank: „Das geht nicht ohne Härten einher.“ Einher? Es geht nicht ohne Härten, Herr Achleitner. Das ist doch das, was Sie meinen.

So geht das im Politiker- und Managerdeutsch munter weiter. Da ist von Wirkmächtigkeit die Rede. Ein „unmögliches“ Wort, das erst 2006 im Duden seine Heimat gefunden hat. Bis dahin war es üblich, von starker Wirkung zu sprechen. Aber das war zu unauffällig, zu normal. Wirkmächtigkeit ist wie Technologie, dem Zauberwort, hinter dem sich in der Regel nichts anderes als Technik verbirgt.

Randbemerkungen zum Flüchtlingsthema

Im Hamburger Abendblatt-Interview (Ausgabe 17./18. Oktober) sagt Sahra Wagenknecht zur Abendblatt-Bemerkung „Die Wohlhabenden sollen also für die Krise aufkommen.“: „Ja sicher, weshalb sollen denn immer nur die Ärmeren und die Mittelschichten zahlen?  Wenn man über einen echten Flüchtlingssoli redet, fallen mir die Rüstungskonzerne ein. Sie machen Geschäfte und üppige Gewinne mit den Kriegen, die Millionen Menschen in die Flucht zwingen. Waffenexporte in Spannungsgebiete sollten längst verboten sein. Aber was spricht dagegen, dass die betreffenden Unternehmen weltweit die Hälfte ihrer Gewinne, die sie in den letzten fünf Jahren mit solchen Rüstungsdeals gemacht haben, an die Allgemeinheit abgeben, damit so wenigstens die Situation der Flüchtlinge nachhaltig verbessert werden kann? In den Lagern vor Ort nd natürlich auch in der EU.“ Ich gebe der Dame recht.

„Golfer spenden für Flüchtlinge. Beim Turnier auf dem Peiner Hof kamen 5565 Euro für zusätzliche Deutschkurse in drei Dörfern zusammen.“ Die Idee zu dieser Aktion hatte Susanne Rahlfs, Geschäftsführerin der Betreibergesellschaft des Golfplatzes Peiner Hof. Gratulation, Frau Rahlfs! Statt reden golfen! Wenn das Beispiel Schule macht, dann „schaffen wir das“.

„Kaltenkirchen stellt Integrationskonzept für Flüchtlinge vor.“ Die Stadt informierte, wie sie die 400 Flüchtlinge, mit denen zu rechnen ist, aufnehmen will. Mehrere Standorte für Containersiedlungen werden derzeit parallel ausgebaut, sodass mittelfristig mehr als 400 Personen untergebracht werden können. Diakonie, Verwaltung, Volkshochschule und weitere Akteure arbeiten an einem gemeinsamen Integrationskonzept.“ Es geht also, wie Kaltenkirchen zeigt, übrigens auch Quickborn. Auch hier also: „Wir schaffen das.“

Und nun noch eine vielleicht problematische Überlegung, ausgelöst durch den Hamburger Abendblatt-Beitrag „Reise der Krabben nach Marokko. Politiker und Verbraucherschützer kritisieren die Weiterverarbeitung in Afrika.“

Nur knapp fünf Prozent des Garnelenfangs werden in Deutschland geschält. Die Hauptmenge wird auf 6000 Kilometer weiten Transportwegen nach Marokko und wieder zurück gebracht. In der nordafrikanischen Stadt Tétouan werden sie von Frauenhand gepult – viel schneller als Maschinen das könnten, und preiswerter dazu.
Tausend Frauen sind im Einsatz und erhalten einen Monatslohn von unter 200 €. Aber es ist wichtig für sie.

Trotzdem: Wäre es nicht vernünftig, die Krabben hier in Deutschland von Flüchtlingen pulen zu lassen? Ich kann mir vorstellen, dass viele diese Arbeit dem erzwungenen Nichtstun vorziehen und sich nicht diskriminiert fühlen würden. Das wäre doch einen Versuch wert – oder?

Und die Frauen in Tétouan? Gibt es für sie in diesem Fall eine Lösung? Ein Ding der Unmöglichkeit? Es wurden schon ganz andere Probleme gelöst, die zunächst unlösbar erschienen.

Sonntag, Oktober 18, 2015

Gut gerüstet

In einem umfangreichen Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – Ausgabe 15. Oktober 2015 – fragt Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages: „Ist das Parlament in der Außenpolitik ohnmächtig?“ und gibt gleich die Antwort: „Gut gerüstet. Die europäische Integration und die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP zeigen das Gegenteil.“

Norbert Lammerts Beitrag zeigt über weite Strecken tatsächlich, dass das Parlament nicht so ohnmächtig ist, wie im Allgemeinen befürchtet. Sobald der Autor allerdings zum Thema TTIP kommt, redet er die Sache schön, wie der folgende Auszug zeigt:

„Am Beispiel von TTIP wird nun deutlich, dass die Mitwirkung nationaler Parlamente schon am Zustandekommen völkerrechtlicher Verträge wegen der zunehmenden Bedeutung internationaler Abkommen in vielen Fällen zu einer wesentlichen Bedingung auch für die Akzeptanz dieser Verträge wird. So hält es nicht nur der deutsche Parlamentspräsident, sondern auch EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker für selbstverständlich, dass nationale Regierungen ihren Parlamenten und den nationalen Abgeordneten uneingeschränkten Zugang zu den Verhandlungstexten der EU geben, die die Kommission den Regierungen zur Verfügung stellt. Es wird darüber hinaus zukünftig einer grundsätzlichen Klärung der Frage der Mitwirkungsrechte des Bundes bei völkerrechtlichen Verträgen bedürfen, die sowohl in die Zuständigkeit der EU als auch in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fallen. Parlament wie Bundesregierung sind daher gut beraten, sich intensiver mit den außen- und sicherheitspolitischen Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten von Parlamenten zu beschäftigen.“

Dazu drei Anmerkungen.

Erstens: Natürlich ist Akzeptanz eine wesentliche Bedingung.  Zur notwendigen Akzeptanz kann es allerdings nur kommen, wenn Verhandlungen offen und nicht hinter verschlossenen Türen geführt werden, wobei die Türen in Sachen TTIP für die Wirtschaftslobby nicht verschlossen sind.

Zweitens: Was die Herren Lammert und Juncker für selbstverständlich ansehen, findet nicht statt. Oder vielleicht doch? Wahrscheinlich nicht, denn welche Verhandlungstexte stellt die Kommission den Regierungen zur Verfügung – alle oder nur eine Auswahl? Kaum jemand hat Zugang zu den Texten und viele Passagen sind geschwärzt, kopieren und abschreiben ist nicht gestattet. Thilo Bode dürfte sich diese Feststellungen nicht aus den Fingern gesaugt haben. (Buch: „Die Freihandelslüge“.)

Drittens: Es sind noch viele grundsätzliche Fragen zu klären – aktuell im Hinblick auf TTIP, aber dann weit darüber hinaus. Da sind die notwendigen Schularbeiten auch nach Auffassung von Herrn Lammert wohl noch nicht erledigt worden.

Aufgelesen*

Wahrscheinlich kennt so gut wie jeder das Paradox „Ein Kreter sagt: Alle Kreter lügen.“ Hat er damit die Wahrheit gesagt?

Diese Frage hat schon den jüdischen Philosophen Maimonides im 14. Jahrhundert beschäftigt: Wenn Gott allmächtig ist, kann er einen Stein erschaffen, den er nicht anheben kann; aber wenn er tatsächlich einen Stein erschafft, den er nicht anheben kann, ist er nicht allmächtig.“ Was bleibt, ist Ratlosigkeit.

* Aufgelesen in „Papst Franziskus über Himmel und Erde. Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka. (Seite 31)

Passepartout-Wörter

Ich erlaube mir, passepartout einfach mal mit „passt immer“ zu übersetzen. Damit dürfte ich nicht einmal ganz falsch liegen, denn mit Passepartout kann auch ein Generalschlüssel gemeint sein, ein Schlüssel, der alle Türen öffnet und ein Schlüssel-bund mit zig Schlüsseln ersetzt. Wie praktisch!

Diese praktische Idee ist längst auch auf die Sprache übertragen worden. Ich finde, ärgerlicherweise. Hier geht es nämlich nicht so sehr ums Praktische, sondern um Faulheit. Verorten ist so ein Wort, mit dem man es sich heute bequem macht. Irgendwie passt es immer. Soll sich der Leser das besser passende Wort, das genauere, selbst herausfinden! Einordnen, lokalisieren, ausfindig machen, ermitteln, erkennen usw. usw. – unsere Sprache ist so reich. Und unsere Denk- und Sprachfaulen machen sie arm. Es wurde Zeit, diese Unsitte einmal in den Focus zu nehmen – oder?

Hinausposaunt

Vor allem Politiker und Manager lieben starke Worte. Misstöne werden als Kollateralschaden ohne mit der Wimper zu zucken, in Kauf genommen. „Mit der Strategie 2018 haben wir vor acht Jahren ein starkes Signal gesetzt – an die Automobilwelt, aber vor allem auch an die Mannschaft: Mit Volkswagen ist zu rechnen“, so Matthias Müller, seit Kurzem VW-Vorstandsvorsitzender. 

Starke Signale zu setzen, bleibt hoffentlich Politikern und Managern vorbehalten – in ihrer schrecklichen mit falschen Bildern gespickten Sprache, siehe auch Horst Seehofer mit seinem „guten Kompass mit klaren Handlungen“. Uns anderen wird hoffentlich genügen, dass wir etwas klar gemacht, etwas deutlich gemacht haben.

Zum Hinausposaunten kommt auch noch das Dahingeplapperte. Beispiel eins: Ergebnisoffen. Der neue Bilfinger-Chef Per Utnegaard will „alle strategischen Optionen ergebnisoffen prüfen.“ Sehr originell! Wenn er die Ergebnisse schon kennte, brauchte er die Optionen nicht zu prüfen.

Aber er befindet sich mit diesem Dummspruch in großer schlechter Gesellschaft. Politiker gehen bei unterschiedlichen Auffassungen gern ergebnisoffen in die Gespräche. Ja, wie denn anders? Wenn die Ergebnisse schon vorliegen, braucht man doch nicht mehr darüber zu sprechen.

Skandal mit doppeltem Boden

„Bilfingers Rosskur“ überschreibt DIE WELT in ihrer Ausgabe vom 16. Oktober 2015 einen Beitrag über die Neuorientierung des Bilfinger-Konzerns. Sage und schreibe 600 Tochterunternehmen bilden den Konzern. Jetzt muss sich der Baudienstleister neu erfinden. Der neue Vorstandsvorsitzende Per Utnegaard macht sich ans Werk. „Tausenden Mitarbeitern droht Jobverlust.“ Das ist der offensichtliche Skandal. Der andere wird sozusagen im Verborgenen abgehandelt.

Der frühere Vorstandschef Roland Koch hat die 600 Unternehmen zusammengerafft, wie zu lesen, ziemlich wahllos – größenwahnsinnig. Roland Koch? Ja, richtig, der ehemalige Ministerpräsident Hessens. Ministerpräsident wurde er nach bewährtem Muster, als der die vollständige Inkompetenz erreicht hatte. Das ist einfach so, sagen viele, wenn es um Politik und Managment geht. Wenn es eines Beweises bedurfte – Herr Koch hat ihn erbracht. Seine Unfähigkeit baden jetzt die Mitarbeiter aus, die Herr Utnegaard mit seiner „Rosskur“ auf die Straße setzen wird.

Freitag, Oktober 16, 2015

Verleumdung und kein Vorurteil

Kaum geschrieben, muss meine Skizze „Der schwierige Umgang mit dem Vorurteil“  ergänzt werden. Der Anlass ist traurig genug. Er ist im Hamburger Abendblatt vom 16. Oktober, Ausgabe Kreis Pinneberg, im Beitrag „Bleekerstift wird Flücht-lingsheim“ nachzulesen. Es geht darin um die zum Teil unerfreuliche Diskussion zu Kauf und Umbau des seit zehn Jahren leer stehenden Uetersener Krankenhauses Bleekerstift. Da ist unter anderem zu lesen:

„Der fraktionslose Kreistagsabgeordnete Burghard Schalhorn ( KWGP), der als einziger die Resolution und den Kauf des Bleekerstiftes ablehnte, vertrat die Meinung, dass Migranten sich  sowieso nicht integrieren lassen und hier in einer Parallelgesellschaft leben wollen.“ Ich denke, da ist es nicht übertrieben zusagen: Das ist Verleumdung und kein Vorurteil.

Glücklicherweise steht auf derselben Seite der Artikel „500 Flüchtlingskinder lernen Deutsch. Kreis Pinneberg unterrichtet in 39 Klassen Deutsch als Zweit-sprache. Land kündigt weitere Lehrkräfte an.“

Hakan Akgün von der Kreisverwaltung und Susanne Gilberg-Lemke vom Schulzentrum-Nord koordinieren die Arbeit auf Kreisebene. Ihre Erfahrung: „Die meisten Kinder sind hochmotiviert, die deutsche Sprache so schnell wie möglich zu lernen.“ Sie würden am liebsten sogar in den Ferien weitermachen, sagt Gilberg-Lemke. Besser lässt sich der gemeinen Verleumdung von Herrn Schalhorn nicht widersprechen. 16. 10. 2015

Der schwierige Umgang mit dem Vorurteil

Der Anstand gebietet es, erst dann ein Urteil zu fällen, wenn man sich eine Sache genau angesehen, gedreht und gewendet, von allen Seiten betrachtet und gewissenhaft untersucht hat. Dann kann man sich ein Urteil erlauben. So einfach ist das. Oder vielleicht doch nicht?

Nein, so einfach ist es nicht. Nicht immer haben wir die Möglichkeit, den Dingen in allen Einzelheiten auf den Grund zu gehen. Die Folge: Da wir uns kein genaues Urteil bilden können, machen wir uns die Sache leicht und bilden uns ein Vorurteil.

Das ist dann so eine Mischung aus Erfahrung, eigenen Beobachtungen und dem, was man so gehört und gelesen hat. Diese Mischung ist nicht ohne, weil da viel Unbekanntes verquirlt ist, Erfahrung und Hörensagen sich nicht voneinander trennen lassen.

Manchmal allerdings ist der Fremdanteil in dieser Mischung so hoch, dass sich das Vorurteil selbst infrage stellt. Kaum jemand wird glauben, dass alle Deutschen Pedanten sind, alle Franzosen leichtlebig, alle Italiener feurige Liebhaber – oder sind es die Spanier? So ein bisschen mag überall dran sein, was deshalb nicht so schlimm ist, weil hier Grenzen eingehalten werden.

Anders sieht es aus, wenn behauptet wird, alle Polen seien faul, alle Russen gewalttätig und alle Zigeuner (Sinti und Roma) klauten wie die Raben, alle Neger (Farbige, Schwarze) seien dumm. Das sind keine Vorurteile. Das sind Verleum-dungen. Das sind Gemeinheiten. So weit, so klar.

Nicht ganz so klar wird die Sache, wenn wir uns einem aktuellen Thema* zuwenden mit den Stichworten Pegida, Legida, Dresden, Leipzig, CDU und SPD.

Wie kommt es, dass Dresden die Pegida-Hochburg wurde und inzwischen außer Rand und Band ist, und Pegida-Anhänger mit Galgen durch die Stadt ziehen, die Frau Merkel und Herrn Gabriel zugedacht sind. Und wie ist es zu erklären, dass in Leipzig 5000 Pegida-Fanatikern und Anhängern 30.000 Leipziger gegenüberstehen, die sich gegen diesen Wahnsinn wenden?

Der Hamburger Abendblatt-Beitrag gibt Aufschluss. Zitat: „Leipzig ist das Anti-Dresden. Die Landeshauptstadt ist traditionell schwarz regiert, Leipzig seit der Wende von der SPD. Die Regierenden (in Leipzig) reden nicht mit den Vertretern von Legida. Bürgermeister Jung sagte, man werte Rassisten auf, wenn man sich mit ihnen auf Augenhöhe an einen Tisch setze. Stojan Gugutschkow kann viel davon erzählen, warum Leipzig anders ist. Er leitet seit 25 Jahren das Referat für Migration und Integration der Stadt. Früher als andere Städte sei man den Kampf gegen Rechtsextreme mit einer Fachstelle angegangen. Schon 2012 habe Leipzig ein Konzept für die Unterbringung von Flüchtlingen ausgearbeitet. Die Hälfte der Asylsuchenden sei in Privatwohnungen untergebracht.“

Das alles hat Dresden nicht gemacht. Kaum jemand hat das gemacht, und schon gar nicht „die Schwarzen“. Bis heute Morgen haben sie sich gesträubt, in Deutschland ein Einwanderungsland zu sehen. Und jetzt steht alles kopf. Diesem Leichtsinn folgt der augenblickliche Wahnsinn, von dem niemand weiß, wie wir ihn bändigen können. Die bisherigen Versuche sind fehlgeschlagen und führten nur zur Verzweiflung nicht nur der Flüchtlinge, sondern auch ihrer Betreuer.

Das hat uns die Union, das haben uns „die Schwarzen“ eingebrockt. Dass „die Roten“ dagegen nicht Sturm laufen, erklärt sich aus der unseligen Großen Koalition. Ist das nun ein Vorurteil, vielleicht sogar eine Verleumdung?

Dass „die Schwarzen“ auch anders können, zeigt das kleine, tiefschwarze Quickborn. Politik und Verwaltung arbeiten nach dem Leipziger Muster – nicht mit Leipziger Vorlauf, sondern aus dem Stand heraus. Das ist dieser Provinzstadt hoch anzurechnen.

* Hintergrund des aktuellen Themas: „Mit Galgen gegen Politik und ‚Lügenpresse‘“ – Hamburger Abendblatt, 14. Oktober 2015.

Mittwoch, Oktober 14, 2015

Zeitfenster

An den Zeitraum haben wir uns inzwischen gewöhnt. Eine schlechte Angewohnheit, denn es gibt den Zeitraum gar nicht. Jedenfalls habe ich noch niemanden getroffen, der ihn gesehen, geschweige denn betreten hat. Aber Zeitraum hat das treffende Wort Zeitspanne einfach beiseitegeschoben.

Dann wäre da noch der Zeitkorridor. Schon mal da lang gelaufen? Wie auch! Es gibt ihn ebenso wenig wie den Zeitraum. Auch hier wäre Zeitspanne das richtige Wort.

Und nun das Zeitfenster. Das Wort hat Hochkonjunktur. Und es beflügelt die Kreativität ganz ungemein. Was da schon alles gesagt und geschrieben wurde! Mal war das Zeitfenster zu eng, mal zu schmal, mal stand es offen – so weit, dass Zugluft zu befürchten war, mal war es verschlossen. „Auf Kipp“ hat es bisher noch nicht gestanden, wahrscheinlich, weil ein Einbruch in den Zeitraum befürchtet wird.

Wie wir sehen, macht „Fensterln“ nicht nur den Buam in Bayern viel Spaß. Und dass der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, zeigt uns Christian Noack, Ground Handling Manager Airport Hamburg, mit seiner Feststellung „unser Zeitfenster schmilzt“.
Ich werde mich nicht wundern, wenn demnächst jemand feststellt, dass das Zeitfenster beschlagen ist, und wir keinen Durchblick mehr haben.
14. 10. 2015

Sonntag, Oktober 04, 2015

Es wird Zeit, das Denken zu verbieten

Gesagt, getan. Gedacht, getan. Und so geht es auch. Was möglich ist, wird auch gemacht. Totschlagender Beweis ist die Atombombe. Damit muss endlich Schluss sein, und das geht nur, wenn das Denken verboten wird, Untaten wie Hiroshima und Nagasaki durch Undenken verhindern – ein für alle Mal und bei Strafe. Nur so wird die Menschheit ihren Selbstmord verhindern können. Wer hätte das gedacht? Da sehen wir mal, wohin Denken führt. In die Irre? In den Irrsinn – jedenfalls immer wieder. Nur eins müssen wir uns noch ausdenken: Wie wir das Undenken, das Wegdenken fertigbringen. Das Wegsehen beherrschen wir ja schon vorbildlich.
29. 09. 2015

Der, die das - Deutsch macht keinen Spaß

Was den allgemeinen Umgang mit unserer Sprache angeht, entwickle ich mich immer mehr zu einem bösartigen alten Mann. Die Mischung aus Dummheit, Ignoranz (nicht wissen wollen)  und Faulheit – keine Lust, einen Augenblick nachzudenken, um das treffende Wort zu finden, keine Lust, das Geschriebene noch einmal zu überlesen, bevor es in die Welt geschickt wird – macht mich je nach Stimmung ratlos, hilflos, ärgerlich bis hin zu kleinen lächerlichen Wutanfällen. 

Wenn es in einer Besprechung des neuesten Siegfried Lenz-Buches heißt: „Was für eine hübsche Idee, für eine alltägliche und doch auf ihre Art besondere Liebesgeschichte ‚das Setting‘ einer großen Angelei zu finden!“ Ausgerechnet Siegfried Lenz, der Stille, der Bescheidene, fand ein Setting! Eher ein Thema, vielleicht ein Situation. Ich finde, der Rezensent Thomas Andre sollte sich setten und hundert Mal schreiben: „Ich will nie wieder Setting schreiben.“

„Der Event“ schreibt Hamburger Abendblatt-Redakteur Miguel Sanches am 28. September. „Der“? Es heißt doch das Ereignis. Also sollte es auch das Event heißen – wenn überhaupt. Warum nicht Ereignis?`

Sollte Herr Sanches vielleicht gar kein Ereignis gemeint haben, sondern eine Veranstaltung? Sein Bericht lässt das möglich erscheinen. Warum hat er dann nicht die Event geschrieben, es heißt doch die Veranstaltung. Ziemlich alberne Bemerkung, nicht wahr? Aber manchmal hilft albern sein die gute Laune wiederzufinden. Leider wird von allen möglichen Leuten ständig daran gearbeitet, sie wieder zu vertreiben.  Dafür eignen sich besonders die Wörter, die auf einmal eine verdrehte Bedeutung bekommen und dazu noch zu einem Modewort werden.

Wie ein Springteufelchen taucht seit Kurzem und immer häufiger „aufrufen“ auf und schiebt andere, treffendere Wörter einfach beiseite. So werden neuerdings höhere Mieten aufgerufen – im Klartext: verlangt, gefordert. Das Erzbistum Paderborn veröffentlichte in diesen Tagen erstmals eine Bilanz und ruft dort höhere Summen ab, als erwartet. Quatsch! Da wird nichts aufgerufen, da wird etwas genannt, bekannt gegeben, veröffentlicht. Bitte, nennt die Kinder doch beim Namen und plappert nicht alles nach!