Samstag, Mai 30, 2015

Von Friedhöfen und anderem Leben

Ich besuche Friedhöfe gern. Das liegt vielleicht daran, dass eine meiner Omas mich in Berlin oft zusammen mit ihrem Damenkränzchen zum Lichterfelder Friedhof mitgenommen hat. Hier in Deutschland sind Friedhofe nicht nur Ruhestätten, sondern sehr oft Parks. Ein Refugium nicht nur für die Toten, sondern auch für die Tierwelt, die sich hier ihres Lebens erfreut.

Wenn die Grabinschriften dem zufälligen Besucher auch nur flüchtigste Begegnungen mit den Toten vermitteln können – ihr Leben bleibt ja im Verborgenen -Nachdenkliches macht sich auf den Weg: Hier ein so kurzes Leben, dort ein so langes. Ein Leben zwanzig Jahre als Witwe oder auch Witwer. Eine unvorstellbare Einsamkeit. 

Auch das Eitle findet seinen Platz, zeigt sich nicht nur in Größe und Prunk der Grabstätte, sondern auch in den stolzen Hinweisen auf die Bedeutung des Toten – vom Kapitän über den Chefarzt und den Generalmusikdirektor, den Kaufherrn ist alles und noch mehr vertreten. Welche Bedeutung das auf der Erde hatte, in der Erde hat und im Himmel haben wird, ist nicht bekannt. Wie herzergreifend einfach liest sich da „meine liebe Frau“, „mein lieber Mann“, unsere geliebte Schwester“. Der Friedhof – eine Welt für sich, voller Leben, voller Gedanken.

Und nun vom Friedhof ins pralle Sprachleben

Die Eitelkeit, die sich auf Friedhöfen zeigt, ruht wenigstens in Frieden, ist ein schwacher Abglanz dessen, was sich in unserem alltäglichen Sprech zu Wort meldet. Man nehme ein paar Fremdwörter – Wörter, die nicht nur den „bildungsfernen“ Menschen fremd sind – würze den Text damit, und schon ist die Inschrift eines sprachlichen Grabsteins fertig.

„Die Spielwiese des Denkens“, ein Text von Ijoma Mangold in der ZEIT vom 23. April 2015, ist ein Beispiel dafür. Frau oder Herr Mangold erwähnt da „unerwartete Peripetien“ (was um Himmels Willen ist das?), schreibt von „hochevolutiven Teilöffentlichkeiten“ und schlägt dann weiter auf mich ein mit „irritationsoffen“, „Selbstreflektion“, „Selbstirritation“, irgendetwas wird „kontextualisiert“ (oder auch nicht). Da wären noch der „semiöffentliche Raum“, die „Selbstaffirmation“, der „Ansprechradius“, die „fluide Unabgeschlossenheit“, der „Backstagebereich“ kommt auch noch vor. Jetzt reicht es? Nein, da haben wir noch das hübsche „diskursiver Tod“, und das „suboptional“ darf natürlich nicht fehlen.

Mensch, Mangold, du wolltest doch nur sagen, dass du Facebook & Co prima findest, weil es die professionellen Damen und Herren Schreiber vom Sockel holt. Das kann man ja auch so sehen. Aber dann sag es doch bitte auch, bevor dich der diskursive Tod ereilt.

Liebe Mangold, lieber Mangold, andere treiben es ähnlich, was die Sache nicht besser macht, wie wir gleich sehen werden:

Ein „Key-Note-Speaker“ ist nicht anderes als der Hauptsprecher einer Veranstaltung. Eine „Location“ ist ein Drehort für einen Film, meint auch den Platz, an dem fotografiert werden soll, und eine „Destination“ ist ganz einfach das Ziel einer Reise, beispielsweise einer Flugreise. Wenn ein neues Produkt vorgestellt wird, wird es „gelauncht“. Wie soll man das aussprechen? Eine „Convention“ ist nichts anderes als eine Tagung, klingt aber nicht so toll. Was „kollusive“ Kontakte" sein sollen, habe ich nicht herausgefunden.

Bleibt für den Augenblick nur noch ein Wort: „Flagshipstore“. Ich denke,  das ist ein Vorzeigeladen, mit dem gezeigt werden soll, wie toll das Unternehmen ist. Der segelt dann den anderen Schaluppen stolz vorweg.

Verdammt! Gibt es kein deutsches Wort für „Flagshipstore“? Wie haben wir das KDW in Berlin oder das Alsterhaus in Hamburg genannt? Wenn wir irgendwelche Begriffe dafür hatten, dann hat das Kriegsschiff „Flagshipstore“ sie alle versenkt. Wer macht sich auf die Suche?

Bevor ich dieses Sprachkapitel zuschlage für heute, noch dies:

Der Begriff „Übergriff“ dürfte allgemein bekannt sein, und was damit gemeint ist, auch. Es geht um etwas Unerlaubtes, etwas, was sich jemand entgegen den Spielregeln anderen gegenüber herausnimmt. So weit in Ordnung. Aber müssen wir dann gleich von „Übergriffigkeit“ reden? Und brauchen wir das Wörtchen „übergriffig“? Bitte mal nachdenken.

Wer Freude daran hat, solchen Kleinigkeiten auf den Grund zu gehen, ist herzlich eingeladen, sich Gedanken darüber zu machen, was unter „gesellschaftlichen Schlüsselfunktionen“ zu verstehen ist. Davon war neulich im Deutschlandfunk die Rede.

Freitag, Mai 29, 2015

Vom Geheimnis der Schreibfehler

Es gibt einen großen Unterschied zwischen den eigenen Schreibfehlern und denen, die andere machen: Die eigenen muss man suchen, die der anderen fliegen einem entgegen.  Die Erklärung ist einfach.

Wenn wir einen Text lesen, den wir selbst geschrieben haben, dann lesen wir nicht eigentlich den Text, den wir vor Augen haben, sondern den Text, den wir schreiben wollten. Das klingt komisch, ist aber so. Deshalb müssen wir uns  in unseren Texten auf die Suche nach Fehlern machen, wir müssen jedes Wort unter die Lupe nehmen, den Text zu überfliegen genügt nicht.

Selbst beim flüchtigen Lesen der Texte anderer Autoren brauchen wir nicht nach Fehlern zu suchen, sie fallen uns sofort ins Auge. Wir vergleichen die Wörter automatisch mit der Schreibweise, die wir in der Schule gelernt haben. Und das ist eben anders als bei den eigenen Texten. Da lesen wir genauso automatisch das, was wir schreiben wollten und übersehen die Fehler, die wir gemacht haben.

Dass das Lesen fremder Texte selbst bei bemühter Genauigkeit nicht alle Fehler zutage fördert, ist mir bei der (nochmaligen) Lektüre der „Blechtrommel“ von Günter Grass bewusst geworden. In der Erstausgabe von August 1959, die ich seinerzeit gelesen und jetzt wieder gelesen habe – nach 56 Jahren – sprang mich auf Seite 155 ein falsch geschriebenes DASS an. „Ein Ring, der eine so zierliche Gemme hielt, DAS man ihm ansah…“. Und das passierte 1959, als Lektoren und Korrektoren mehr Zeit zum gewissenhaften Lesen eingeräumt wurde als heute.

Ach ja, Korrektoren gibt es heute gar nicht mehr, jedenfalls nicht in der Tagespresse. Sie wurden ersetzt durch Korrekturprogramme. Ich habe das Gefühl, dass diese Programme nicht so tüchtig sind wie die in Pension geschickten Korrektoren und dass sie die merkwürdigsten Fehler produzieren. Aber das ist ein anderes Thema.

Wer macht mehr Fehler – der Mensch oder der Computer? Der Computer? Falsch! Denn die Fehler, die der Computer macht, haben wir ihm beigebracht.

25. 05. 2015

Sonntag, Mai 17, 2015

Von kleinen Sprachfreuden

Ich beklage immer wieder das Schubladen-, das Baukasten-Deutsch, das Fast-Food-Deutsch, dem wir Tag für Tag ausgesetzt sind. Der geringste Grund für dieses lieblose Deutsch scheint die Eile zu sein, zu der wir getrieben werden, und uns selbst antreiben – keine Zeit, keine Zeit, keine Zeit für die Suche nach dem passenden Wort.

Hin und wieder aber gibt es Lichtblicke, die diese Dunkelheit ein wenig aufhellen – Wörter, die nicht in irgendeiner Sprachschublade verstaubten, sondern sich aus klugen, vielleicht auch nur sprachverliebten Köpfen herauswagten und damit Leben in unsere Sprache bringen.

Hier ein paar Beispiele: Plapperprogramm, Singsang-Serie zur Bezeichnung von Fern-sehsendungen. Hoolygänse für die weiblichen Hoolygans, Stockenten für Nordic-Walkerinnen, Hohlogramm zur Kennzeichnung hohlköpfiger Politikeräußerungen, laborkittelernst, um das Ernste, das ernst zu nehmende, zu unterstreichen und gleichzeitig ein bisschen infrage zu stellen. Und – ein Klassiker: himmelblau dumm. (Günter Grass’ Tante Hedwig in der „Blechtrommel“).

Wie schön kann unsere Sprache sein! Wir müssen uns nur trauen.

Samstag, Mai 16, 2015

Henne oder Ei?

Mir wird es nicht allein so gehen. Immer wieder stoße ich auf Geschichten, die mich an die Frage erinnern, was denn nun zuerst da war: die Henne oder das Ei. Oft bleibt es bei „ich weiß es nicht.“ Ob es auch in diesem Fall so sein wird?

In seinem Essay „Wir Live-Gläubigen“ (DER SPIEGEL  18/2015 vom 25. 04. 2015) schreibt Sascha Lobo eingangs „Auch wenn es gar nichts Neues mehr zu berichten gibt, giert das Publikum nach immer neuen Fakten. Das bedroht die journalistische Suche nach der Wahrheit.“

Donnerwetter! Das Publikum ist gierig, und die Journalisten suchen nach der Wahrheit. Ist das so?

Im ersten Augenblick dachte ich: Was für ein Quatsch! Hier die Bösen, das Publi-kum, dort die Guten, die Journalisten. Zweiter Gedanke: Ist vielleicht doch was dran? Ich will versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen und fange beim Publikum, also bei mir, an.

Der Mensch ist von Natur aus neugierig. Das ist keine so dumme Angewohnheit. Je mehr man weiß, desto besser kommt man durchs Leben. Eine Überzeugung, der gern geglaubt wird, was hier aber nicht diskutiert werden soll. Eines jedenfalls scheint sicher zu sein: Der Wunsch, etwas Neues zu erfahren, und sei es vom anderen Ende der Welt, begleitet uns nicht erst seit der Erfindung der Zeitung, des Rundfunks, des Fernsehens. Und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass aus einer verständlichen Neugier Gier wird. Na bitte, da haben wir es: Wir, das Publikum, sind die Bösen. Wenn ein Beweis vermisst werden sollte, hier ist er: Das ständige Gefummel an den Smartphones – der reine Offenbarungseid. Wir sind gierig darauf, in jeder Sekunde zu wissen, was läuft und hängen am Tropf.

Aber ist die Sache damit geklärt? Wollen wir uns wirklich bedenkenlos in die Arme der Journalisten werfen, die schreiben, schreiben, schreiben, nur um unsere Gier zu befriedigen, die Gier, die wir vielleicht gar nicht haben? Nein, so einfach wollen wir es uns nicht machen.

Nein, es muss unendlich viele Journalisten geben, die sich nicht auf der Suche nach der Wahrheit befinden, sondern auf der Jagd nach Sensationen, auch in privatesten Bereichen. Exhibitionisten finden sie überall – in der High Society ebenso wie in der Lower Society. Das mit der Wahrheitssuche ist also so eine Sache, der wir nicht über den Weg trauen sollten.

Zusammengefasst: Es gibt die Gier, von der Sascha Lobo schreibt. Die Gier des Pub-
likums, die Gier der Journalisten nach dem, was sie so gern Hype nennen. Und es gibt die journalistische Suche nach der Wahrheit. Das eine lässt sich nicht vom anderen trennen. Alles gehört zusammen. Das macht das Leben so spannend und rätselhaft.

Der wunde Punkt, auf den Sascha Lobo genau so umständlich aufmerksam macht wie ich: Wir sehen viel und wissen nichts. Wir sehen, wie zwei Flugzeuge in die Twin-Towers in New York fliegen. Wir sehen, wie verzweifelte Menschen sich aus hunderten Meter Höhe in den Tod stürzen – wir sehen, wir sehen und sehen und verstehen nichts. Wir hätten gern Erklärungen, aber die gibt es nicht. Wie sollte es auch? Erklärungen brauchen Zeit. Aber wer hat die schon?

Und so kommt es zu dem was Sascha Lobo beklagt: Wír erfahren, was passiert. Aber wir erfahren nicht, warum es passiert.

Vielleicht ist das gar nicht so schlimm. Wir können uns ja auch unseren eigenen Reim auf die Ereignisse machen. Wer sagt denn, dass die Medien klüger sind als wir?


Freitag, Mai 15, 2015

Das Wichtigste aus Politik, Wirtschaft und Kultur

Mit diesem Versprechen versucht DIE ZEIT, neue regelmäßige Leser für sich zu gewinnen. Mit diesem Versuch ist sie nicht allein. Andere Zeitungen und Zeitschriften versuchen das auch – manchmal genau so, manchmal ein wenig anders formuliert. Ist daran etwas auszusetzen?

Herr von Pingel, der so pingelig ist, dass er an allem und jedem etwas auszusetzen hat, dürfte dieser Meinung sein. Dieser Auffassung schließe ich mich nicht an.

Ich fühle mich erwachsen genug zu verstehen, dass dieses „Wichtigste aus Politik, Wirtschaft und Kultur…“ nicht das Wichtigste sein muss, sondern nur das ist, was Autoren und Redaktion dafür halten.

Ich weiß, Herr von Pingel, die Redaktionen nehmen den Mund mit ihrem Versprechen ein bisschen voll, aber machen Sie, wir alle,  das nicht auch gelegentlich? Sehen Sie: Lassen wir die Jungs und Mädels nur machen. Wenn es uns zuviel wird, können wir unser Abonnement auf „Das Wichtigste aus Politik, Wirtschaft und Kultur…“ kündigen.

Damit wir uns richtig verstehen, Herr von Pingel: Ich bin nicht mit dem Anspruch der Redaktionen einverstanden, sie könnten uns alles erklären. Das behaupten sie immer wieder. Sie kennen alle Hintergründe, die ganze Geschichte, warum das nicht so sein kann, sondern ganz anders sein muss. Da werden ganze Armeen von Experten gegen unsere Unwissenheit zu Felde geführt. Jeder Unfug wird da gewissenhaft erklärt. Das Gemeine daran ist, dass alles das als Wissen angeboten wird – als Meinung könnte ich das ja noch durchgehen lassen. Es ist unerträgliche Besserwisserei, die unter die Rubrik „für dumm verkaufen“ einzuordnen ist.

Sie sehen das auch so, Herr von Pingel?  Dann sind wir uns einig. Und was die Wichtigkeit angeht: Springen Sie über Ihren Schatten, seien Sie etwas großzügiger. Lassen Sie die Jungs und Mädels von der Presse ruhig mal auf den Putz hauen. Wenns zu laut wird, nehmen wir ihnen einfach die Trommelstöcke weg.
10. 05. 2015

Montag, Mai 11, 2015

Hinter dem Mond

Ich wollte mich gerade über das mir verhasste Wörtchen „übergriffig“ hermachen, da stellte ich fest, dass dieses Unwort schon seit drei Jahren Karriere macht. Mir erschien das Wörtchen ziemlich neu. So weit hinter dem Mond war ich. Kritik und Lästereien anderer sollen genügen. Da muss ich nicht noch eins draufsetzen.

Aber ganz lassen kann ich es doch nicht. Deshalb schlage ich vor, unsere Sprache durch ein neues Wort zu bereichern: unwortig. Also: Unwortige Wörter wie Zigeuner oder Neger sollte man vermeiden, da sie diskriminierend sind (sein sollen) und damit in die Abteilung Unwort gehören.

Bei dieser Gelegenheit: Heute irgendwo gelesen, dass ein Politiker irgendetwas als wirkmächtig bezeichnete. Das bescheidene Wörtchen wirksam reichte ihm nicht.

Freitag, Mai 08, 2015

Mama muss den Papa fragen

Wie schön war es doch, als Mama den Papa fragen musste, ob sie eine Arbeit annehmen dürfte. Wenn Papa das für unter seiner Würde hielt, weil er ja der Ernährer und Allesbestimmer sei, dann musste Mama kuschen. Das waren klare Verhältnisse. Es sieht so aus, als müssten wir in diese „gute alte Zeit“ zurück.

Natürlich müssen wir das nicht. Aber die Mama aller Deutschen, unsere Bundes-mutti Angela, hätte das gern so. Um was geht es?

Vieles, wenn nicht alles, spricht dafür, dass die USA mit ihrem NSA Wirt-schaftsspionage betreiben und der BND, der Bundesnachrichtendienst, ihnen dabei hilft.

Die Hinweise darauf finden sich in einer sogenannten Selektorenliste, in der notiert ist, wer ausspioniert werden soll. In dieser Liste tauchen auch Unternehmen auf, die im Wettbewerb mit US-amerikanischen Unternehmen stehen.

Ob das so ist oder nicht, ließe sich leicht mit einem Blick auf diese Liste klären. Ganz einfach also? Leider nicht.

Die Mama aller Deutschen, unsere Bundesmutti Angela, will erst mal den US-Papa Obama fragen, ob sie das darf. Dafür gibt es nur ein schmutziges Wort: Hörigkeit. Wie verkommen ist unsere Republik eigentlich?

Nichts gegen die USA! Wir haben ihnen viel zu verdanken – in jeder Hinsicht, im Guten wie im Bösen. Sind wir der 51ste Bundesstaat der USA? Und selbst wenn: Die Bundesstaaten drüben nehmen mehr Rechte für sich in Anspruch als die Mama aller Deutschen, die Bundesmutti Angela, für uns.

Wer bisher noch keinen Grund gesehen hat, aus der Wohnküche der Mama aller Deutschen, unserer Bundesmutti, an die frische Luft zu flüchten, hat ihn jetzt. Bitte tief durchatmen und auf unseren Rechten bestehen1
06. 05. 2015

Dumm, dumpf, Wilders

Geert Wilders, Niederländer auf dem Niveau weit unter Normalnull, weiß, wie man uns rum kriegt. Man muss sich nur an unser Selbstbewusstsein wenden, schon hat man uns:

„Unsere jüdisch-christliche Kultur ist der islamischen weit überlegen.“ Wer will da widersprechen?

Noch nicht überzeugt? Geert Wilders legt nach: „Ich könnte Ihnen eine Million Gründe nennen. Aber hier ist ein wichtiger Grund: Wir haben Humor, die nicht.“

Wer schützt uns vor Geert Wilders? Vielleicht der Humor, den nur wir und nicht die anderen haben. 06. 05. 2015



Paketpost

Heute gibt es viel mehr Möglichkeiten als früher, ein Paket zu verschicken. Seinerzeit gab es nur die Post, die Reichspost, die Bundespost – heute geistern alle möglichen und unmöglichen Unternehmen durch die Gegend, die sich dieser Aufgabe annehmen. Damit müssen wir uns wohl abfinden.


Nicht abfinden sollten wir uns mit dem Jargon, mit der Rede- und Schreibweise unserer Journalisten.

Da notiert SPIEGEL ONLINE heute, am 7. Mai 2015: „Dänemarks Regierung brachte nach den Anschlägen ein Anti-Terror-Paket auf den Weg.“

Die gute Absicht der Regierung einmal unterstellt: Ein Paket? Und auf den Weg gebracht? Auf welchen Weg, mit wem? Mit DHL, oder, oder, oder? Es gibt ja neuerdings so viele Möglichkeiten.

Ich könnte jetzt schreiben, wie ich es gesagt oder geschrieben hätte. Ätsch!  Das tue ich nicht. Das soll jeder für sich selbst heraus finden. 07. 05. 2015

Montag, Mai 04, 2015

Letzte Worte

Vor 70 Jahren, in den ersten Maitagen, wurde überall in Deutschland der Zweite Weltkrieg zu Ende gebracht.

Um ganz genau zu sein: Am 2. Mai flüchteten die letzten deutschen Soldaten aus dem Dörfchen Malchow bei Parchim. Am 3. Mai rückten die ersten russischen Soldaten ins Dorf ein. Nichts daran ist so bemerkenswert, dass hier darüber berichtet werden müsste.

Dagegen ist einiges von dem bemerkenswert, was an diesen beiden Tagen in Hamburg geschah.

Am 2. Mai veröffentlichte die „Hamburger Zeitung“ auf ihrer Titelseite  einen Nachruf auf Adolf Hitler. Der Autor: Hermann Okraß. Am 3. Mai erschien in einer Extra-Ausgabe dieser Zeitung das Eingeständnis des Gauleiters und Reichsstatthalters Karl Kaufmann, dass der Krieg unwiderruflich verloren sei. Auch dies ein Nachruf – nicht auf Hitler, sondern auf das Deutsche Reich.

Es lohnt sich, diese beiden Dokumente wieder und wieder zu lesen. Sie sagen mehr über uns Deutsche als die vielen „Dokumentationen“, mit denen uns die Medien überschütten – allen voran die Fernsehsender. So verstörend die vielen Bilder auch sein mögen – sie bleiben oberflächlich und zeigen an den Wahrheiten vorbei.

Wenn ich von uns Deutschen schreibe, dann deshalb, weil so gut wie immer von den Nazis die Rede ist, nicht von Deutschen. Das klingt so, als seien die Nazis so eine Art Besatzungsmacht gewesen, die über Deutschland hergefallen sind. Hier die Nazis, dort wir Deutsche. Wie lange wollen wir uns das noch vormachen?

Hermann Okraß spricht in seinen Nachruf eine klare Sprache: „Wir hatten diesem Manne in seiner Lehre uns verschworen, wir hatten uns zu ihm bekannt in dunklen Tagen unseres Volkes, wir sind ihm auf dem Höhenflug gefolgt, auf dem er unser Volk in kurzen, schönen Friedensjahren führte und haben, wie alle guten Deutschen, im Kampfe neben ihm gestanden.“

Und weiter: „… in  Adolf Hitler sammelten sich wie in einer Linse, die alles Licht in einem Punkt sammelt, die schönsten Tugenden, die heißesten Wünsche, das edelste Sehnen, das ganze schöne Wollen unseres Volkes, die Sehnsucht nach dem Reich, das Drängen nach sozialistischer Gerechtigkeit, der Wille zur gebundenen Freiheit, zum klaren Führertum, das alles sah unser Volk in Adolf Hitler und seiner Idee vereint.“

Wir Deutsche, ein von den Nazi unterdrücktes Volk? Das lässt sich wirklich nicht länger glauben.

Da scheint Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann doch eine ganz andere Sprache zu sprechen. Das sieht aber nur so aus.

Er spricht von heldenhaftem Kampf, unermüdlicher Arbeit für den deutschen Sieg und grenzenlosen Opfern, von unerschütterlicher Pflichterfüllung an der Front und in der Heimat. Dafür hatte sich Herr Kaufmann immer eingesetzt.

Nun aber schreibt er: „Mir aber gebietet Herz und Gewissen in klarer Erkenntnis der Verhältnisse und im Bewußtsein meiner Verantwortung unser Hamburg seine Frauen und Kinder vor sinn- und verantwortungsloser Vernichtung zu bewahren.“

Man könnte glauben, Herr Kaufmann habe – wenn auch erst fünf Minuten nach zwölf – begriffen, woran er sich 12 Jahre lang beteiligt hatte. Weit gefehlt. Er scheut sich nicht zu behaupten „Meine ganze Arbeit und Sorge haben stets nur Euch und der Stadt und damit unserem Volke gehört.“

Gegen Schluss: „Dieser Krieg ist eine nationale Katastrophe und ein Unglück für Europa.“ Wie wahr, Herr Kaufmann. Aber Sie waren doch für diesen Krieg – oder?

Um das Maß voll zu machen, bemüht Herr Kaufmann auch noch Gott: „Gott schütze unser Volk und unser Reich!“

Ein paar Tage vorher war es noch die Vorsehung, jetzt soll es der Liebe Gott sein.

So unterschiedlich sich die Herren Okraß und Kaufmann am 2. und 3. Mai 1945 auch äußerten – sie waren doch Seelenverwandte. Wir müssen nur genau lesen.

03. 05. 2015 


Sonntag, Mai 03, 2015

Wieder. Gut. Machung

Ich habe dieses typisch deutsche Wort in seine drei Teile geteilt, damit der Unsinn dieses Wortes, der Wahnsinn, der sich darin verbirgt, klar wird. Ich versuche das mal Schrittchen für Schrittchen, damit das Kind, das in mir steckt, die Sache auch wirklich begreift:

Mir fällt eine Tasse aus der Hand. Tausend Scherben auf dem Fußboden. Ein kleines großes Unglück. Wenn ich Glück im Unglück habe, kann ich eine neue Tasse kaufen und mache das Unglück, das ich angerichtet habe, wieder gut. Das setzt voraus, dass es das Service noch gibt.

Schlimm wird es, wenn es sich um ein unwiederbringliches Stück handelt. Dann kann von wieder gut machen nicht die Rede sein, selbst wenn  sich die Scherben wieder zu einem Ganzen zusammenfügen ließen. Der Schaden bleibt. Die Sache ist nicht wieder gutzumachen.

Wo, bitte schön, steckt nun der Unsinn und der von mir behauptete sich darin befindliche Wahnsinn? Ich muss zugeben: hier nicht. 
Die Wiedergutmachung, von der ich schreibe, ist eine, die es gar nicht gibt. Die Wiedergutmachung, die ich meine, ist eine der infamsten Lügen.

Kann der Mord von Millionen Juden und Zigeunern wieder gut gemacht werden? Geht das auch bei „kleineren“ Verbrechen wie in Oradour sur Glane in Frankreich, in Lidice in Tschechien, in den Dörfern in Italien und Griechenland?

Was kann da wieder gut gemacht werden? Nichts! Niemand wird sich aus seinem Grab erheben und sagen: Hier bin ich und alles ist wieder gut.

Wenn von Wiedergutmachung die Rede ist, dann geht es um Ablasszahlungen. Mit Geld sollen Mord und Totschlag ungeschehen gemacht werden. Das geht nicht. Das würde hinauslaufen auf die Frage, wieviel meine Mama, mein Papa, meine kleine Tochter oder der freche Sohn wert sind.

Kein Cent kann etwas wieder gut machen. Jeder Cent sollte eine Bitte um Ver-gebung sein. 01. 05. 2015