Montag, April 28, 2014

Dürfen wir Experten vertrauen?


Diese Frage wird Experten verwundern. Wahrscheinlich werden Sie kein Ver-ständnis für diese Frage haben, die zumindest zwischen den Zeilen ihre Überlegenheit infrage stellt.

Wie es der Zufall will, sind mir in diesen Tagen – April 2014 – zwei Experten mit Beiträgen im Hamburger Abendblatt und Die Welt begegnet – die Herren Joachim Pawlik – Personalentwickler, Vortragsredner und Geschäftsführer der Strategieberatung Pawlik Consultants. www.pawlik.de  (Hamburger Abendblatt) und
Thomas Wüllner, Geschäftsführer und Experte für Karriereberatung und Einzeloutplacement des Beratungsunternehmens P4 Career Consultants. (Die Welt).

Die Äußerungen beider Herren habe ich mir mal genauer angesehen. Herausgekommen ist dabei die Frage, ob wir Experten vertrauen dürfen.

Der Beitrag von Herrn Pawlik ist der kürzere. Deshalb zuerst mal zu ihm.

„Authentisch sein ist auch ein Risiko“  - das ist die Überschrift, die Herr Pawlik seinem Kommentar gibt.  Ich fürchte, Herr Pawlik versteht gar nicht, was authentisch bedeutet: echt, glaubwürdig, wahrhaftig. Jedenfalls schreibt Herr Pawlik „Die verbreitete Meinung, dass Verkäufer authentisch (also glaubwürdig) auftreten müssen, halte ich für ein großes Risiko.“ Herr Pawlik unterstellt, dass ein von der Persönlichkeit her dominanter und unfreundlicher Verkäufer nur dann authentisch ist, wenn er seine Dominanz und Unfreundlichkeit gegenüber Kunden auslebt. Das halte ich für ziemlichen Unsinn. Nach diesem gedanklichen Schleuderweg kriegt Herr Pawlik doch noch mit Müh und Not die Kurve, indem er schreibt: „Und natürlich ist es in jeder Hinsicht sinnvoll, dass man glaubwürdig auftritt, das was man tut, aus Überzeugung macht und dies nach außen deutlich wird.“ Und so empfiehlt er zum Schluss, „eine Rolle erfolgreich zu inszenieren.“ Weiter: „Lassen Sie uns lernen, erfolgreiche Verhaltensmuster glaubwürdig zu transportieren. Wenn wir dann erfolgreich sind, fühlen wir uns wohl – und sind automatisch authentisch.“ Kaum zu glauben, der authentische Schauspieler!

Der zweite Experte, Thomas Wüllner macht es nicht besser, eher schlechter. Schon der Einstieg zeigt einen mangelhaft, na ja, oberflächlichen Umgang mit unserer Sprache. „Wer Kontakte vertieft, braucht Empathie.“ So, so. Wer Kontakte ver-tiefen will braucht Empathie – ein kleiner, feiner Unterschied. Ach ja, die Überschrift: „Beziehungspflege lernen.“

Nach kurzer Einleitung bezieht sich Herr Wüllner auf Dale Carnegie und dessen Buch „Wie man Freunde gewinnt. Die Kunst beliebt und erfolgreich zu sein.“ Dazu notiert Herr Wüllner: „Er (Dale Carnegie) führt den Erfolg einer Beziehungspflege im Wesentlichen auf Grundeigenschaften zurück wie zum Beispiel sich für den anderen zu interessieren, ihm zuzuhören, hilfsbereit und zuverlässig zu sein und ein gutes Gedächtnis zu haben.“ So weit so richtig und gut. Aber dann:

Nach Herrn Wüllner sind das keine hinreichenden Voraussetzungen, „weil es eben doch um mehr geht“. Statt dieses Mehr kommt aber nur eine Wiederholung dessen, was nach Wüllners Zitat Dale Carnegie gesagt hat – nur mit anderen Worten. Zitat:
„Man sollte sich ernsthaft in die Interessen- und Bedürfnislage des anderen hineindenken und sich überlegen, womit man ihm dienlich sein könnte. Man sollte also den anderen vor Augen habe und um seine Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen als Person, als Mensch wissen.“

Herr Wüllner bietet nichts Neues. Er liefert den dünnen Aufguss eines lesens- und beherzigenwerten Originals. Damit komme ich zu der Anwort auf meine Frage.

Nein, Experten, die sich auf diese Art und Weise zu Experten stilisieren, sollten wir nicht vertrauen. Hüten wir uns vor den Schlaumeiern! Sie dreschen leeres Stroh, haben aber anscheinend den märchenhaften Trick herausgefunden, wie man aus Stroh Gold spinnt.