Montag, Januar 13, 2014

Den Pofalla machen

Dieser Satz hat das Zeug zum Spruch des Jahres. Tausche Politik gegen Wirtschaft. Der Erfolg ist garantiert. Herr Schröder hat es (vor)gemacht, Herr Fischer – ich weiß nicht, wer sonst noch – neuerdings Herr Kaeden und jetzt Ronald Pofalla.

Die Millionen, die die Herren kassieren, interessieren mich nicht so sehr; wir haben es ja, können uns auch diesen Luxus leisten. Wichtiger finde ich, dass sie alle gegen den guten Glauben verstoßen, den der „kleine Mann“ ihnen als Vorschuss gewährt.

Im Klartext: Selbst wenn sie es nicht schwören wie die Minister, sich für das Wohl des Volkes einzusetzen - auch die niederen Chargen wie ein Kanzleramtsminister, sind verpflichtet. „So wahr mir Gott helfe“ oder so? Nein, danke!

Schlimm genug? Nee, es kommt noch schlimmer. Ich will die Sache so kurz wie möglich machen. Vielleicht sollte der Pofalla doch nicht gleich den 1,8-Millionen-Job bei der Bahn bekommen. Ein bisschen später wäre möglicherweise nicht verkehrt. Oder er kommt nicht gleich in den Vorstand. Eine Etage darunter lebt es sich bestimmt auch sehr gut. Oder man könnte später mal diesen dümmlichen Lobby-Vorstandsbereich mit anscheinend sinnvollen Aufgaben zusammenfassen. Ach, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt keine schöneren Beweise als die Äußerungen der Herren Schäuble und Dobrindt zu diesem Thema:

Schäuble: „Unser Problem in Deutschland ist doch eher, wenn man sich unsere Nachbarstaaten oder die USA anschaut, dass es zwischen Politik und Wirtschaft eher zu wenig als zu viel Austausch gibt.  Diese Debatte trägt nicht gerade dazu bei, dass das in Zukunft besser wird.“

Dobrindt: „Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft sollten weiter stattfinden können und zwar in beide Richtungen.“

Dazu zwei Fragen. Die erste: Machen unsere Nachbar-Jungs und Mädels die Sache besser als wir? Oder sind sie uns im Geldabgreifen einfach nur voraus? Zur zweiten Frage: Was heißt hier „beide Richtungen“? In Richtung Politik orientiert sich so gut wie kein Unternehmer oder Manager. Warum auch? (uawg = um Antwort wird gebeten). Herr Dobrindt, Sie in der Wirtschaft? Ich würde Sie nicht einstellen.

Donnerstag, Januar 09, 2014

Die Versuchung ist groß

Ich lese gern die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Ich lese gern DIE ZEIT. Das  ist in beiden Fällen eine ziemlich teure Angelegenheit. Deshalb schließe ich kein Abo ab, obgleich ich es ja jederzeit mit sofortiger Wirkung kündigen könnte. Aber kann man sich heute noch auf „sofort“ verlassen? Ich bin mir da nicht so sicher.

Heute (08. 01. 2014) wurde ich wieder in Versuchung geführt: Ein Quartal, ein Vierteljahr DIE ZEIT für nur 35,10 €. Und dazu noch ein Reisetrolly extra. Verlockend. Aber ich weiß gar nicht, was ein Reisetrolly ist. Gebraucht habe ich bisher keinen.

Also werde ich sicherheitshalber nicht auf das Angebot des Verlags eingehen. Wer weiß, nachher stellt sich heraus, dass der Reisetrolly ein ganz süßer Schlittenhund ist, der sich mit mir auf den Weg zum Nordpol machen will. Da will ich aber gar nicht hin.

Ich sehe schon, das ist nichts für mich. Dabei habe ich nichts gegen Hunde, wenn sie mich nicht beißen. Nur auf den Hund kommen will ich nicht. Ich will meine paar Kröten zusammen halten. Ich will mich nicht auf dem hohen  Niveau der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG und der ZEIT ruinieren. So viel, wie die schreiben, kann ich nicht lesen.

BASTA also. Kein Abo. Jedenfalls nicht jetzt. Vielleicht das nächste Mal.

Montag, Januar 06, 2014

Wie viel Zynismus darf sein?

Nein, über den Tod macht man sich nicht lustig. Dafür wird er viel zu ernst genommen. Deshalb will ich jetzt auch ganz vorsichtig sein. Ich fürchte aber, es wird mir nicht gelingen, wie so oft. Deshalb bitte ich schon jetzt um Nachsicht und Vergebung.

In ihrer heutigen Ausgabe – 05. 01. 2014 – beschreibt die Frankfurter Sonntags-zeitung die Betroffenheit und Hilflosigkeit der Mitarbeiter, wenn ein Kollege gestorben ist. Wie soll man sich verhalten? Was soll man sagen? Soll man überhaupt etwas sagen, oder schweigt man lieber in sich hinein? So geht es nicht nur den Mitarbeitern, so geht es auch der Geschäftsführung. Wenn man nicht ganz sprachlos bleibt, gelingt ein Nachruf in den Mitarbeitermitteilungen, in der lokalen Zeitung.

Trauer? Ja, aber wie trauert man richtig? Ich finde diese Frage ziemlich dämlich, weil wir uns diese Frage gar nicht stellen. Sie wird uns gestellt. Nein, diese Frage ist nicht nur dämlich, sie ist zynisch. Sie unterstellt, dass wir richtig und falsch trauern können, dass wir unserer Trauer den richtigen, aber auch den falschen Ausdruck geben können.

Diese Unterstellung – wir selbst kommen ja gar nicht auf diesen Gedanken – diese Unterstellung wird zu einem Problem gemacht, das wir selbst nicht lösen können. Wir brauchen Hilfe. Nein, nicht die von Kollegen. Die sind ja genau so hilflos in der Frage, ob sie richtig oder falsch trauern. Wir brauchen professionelle Hilfe. So liest sich das jedenfalls in der Frankfurter Sonntagszeitung, einem also seriös bezeich-neten Blatt. Aber stimmt das?

Professionelle Trauerhilfe setzt Trauerprofis voraus. Aber gibt es die wirklich? Von einem Berufsbild des Trauerprofis habe ich noch nichts gehört. Mal abgesehen davon: Wie wird man Trauerprofi, der Mitarbeitern und Unternehmensleitung beibringt, wie sie richtig trauern, wie sie mit dem Trauerfall fertig werden? Davon steht in dem Beitrag der Frankfurter Sonntagszeitung nichts. Oder sollte ich das überlesen haben?

Ich bin weit davon entfernt, das Thema ins Lächerliche zu ziehen, dazu ist es zu ernst. Selbstverständlich braucht es Profis, die mit dem Tod umgehen können und das Notwendige tun.

Das beginnt beim Arzt und dessen kurzer Feststellung. Exitus. Das setzt sich fort beim Bestattungsunternehmer. Dort findet eine angemessene Sprache statt, auch wenn es sich um so praktische Dinge wie die Bestattung handelt – Erde oder Feuer – und was sonst noch so zu klären ist. Der Abschied vom Gestorbenen ist nicht nur eine traurige Angelegenheit, sondern auch eine von Amts wegen verordnete Verwaltungsprozedur. Nur Profis wissen da Bescheid. Dass sie sich in angemessenem Ton den Notwendigkeiten zuwenden, gehört zu ihrer Ausbildung. Aber sie sind keine Trauerprofis, die einem zeigen wollen, wie man richtig trauert. Sie sind für die Form zuständig. Der Inhalt bleibt immer den Trauernden überlassen.

Zum Schluss erlaube ich mir, selbst einmal zynisch zu werden: Mach dein Geschäft mit dem Tod. Es ist todsicher. Du kannst nur gewinnen. Werde Trauerberater.

Sonntag, Januar 05, 2014

Der Mohr hat recht, der darf nicht geh'n

In einem langen herzerfrischenden Gespräch beantwortet Theodor Michael* zwei wichtige Fragen.

Frage 1: „Wie haben Sie Ihre Kinder auf mögliche rassistische Anfeindungen vorbereitet?“ Antwort: „Am meisten zählt doch das eigene Vorbild. Meine Kinder lachen Rassisten einfach aus, genauso, wie ich. Sie wissen, dass es die Rassisten sind, die ein Problem haben, nicht sie.“

Frage 2: „Stört es Sie, wenn Sie in alten Kinderbüchern auf das Wort „Neger“ stoßen?’“ Antwort: „Ich halte manches an dieser Diskussion für überzogen. „Zehn kleiner Negerlein“ etwa ist ein Lied aus dem neunzehnten Jahrhundert, das man in seinem historischen Kontext sehen muss. Von mir aus darf auch der sogenannte Mohrenkopf bleiben. Ich bringe mich als schwarzer Mensch nicht in Verbindung damit.“

Herr Michael hätte sicherlich auch nichts dagegen, wenn ich weiter Zigeuner sage und nicht wie eine hysterische Zicke neulich „Ich bin von Sinti und Roma überfallen worden.“ Und wenn ich ein Zigeunerschnitzel bestellen möchte – soll ich dann sagen: „Bitte ein Sinti- und Roma-Schnitzel?“

Auf die ganze so genannte „political correctness“, die so einen Unsinn verlangt, pfeife ich. Sie weht im Wind, mal so, mal so, je nachdem woher der Wind weht.

Eins will ich den po-co-people zugute halten: Sie möchten niemanden beleidigen. Aber dazu braucht es keine „political correctness“. Da genügt Höflichkeit, eine Tugend, auf die sich jeder von uns besinnen sollte. Also: statt „political correctness“ HÖFLICHKEIT!

* Theodor Michael ist der erste schwarze Schauspieler im deutschen Fernsehen. Er war Chefredakteur der Zeitschrift „Afrika-Bulletin“, Regierungsberater der SPD und Lehrbeauftragter für die Deutsche Stiftung für Internationale Zusammenarbeit. Beim Bundesnachrichtendienst war er auch. Heute ist er pensionierter Regierungsdirektor. Das Gespräch mit ihm erschien am 4. Januar 2014 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.


Vom Wissen und Glauben

Nein, Wissen und Glauben sind keine Gegensätze; sie unterscheiden sich nur. Was ich nicht weiß, muss ich glauben. Das macht die Sache aber nicht einfacher.

Alle Religionen wollen mich davon überzeugen, dass es Gott gibt, ihren Gott. Da gibt es so einige, nicht nur den einen, den einen Gott. Die alten Griechen und die Germanen – und nicht nur sie – hatten viele Götter. Irgendwie leuchtet das ein. Schließlich fällt es schwer, dass einer für alles zuständig sein soll. Für Frieden und Krieg zugleich? So wurde und wird es immer wieder gepredigt. Glauben kann ich das nicht.

Natürlich kommt kein Mensch mit Wissen allein durchs Leben. Manchmal muss man etwas glauben, zum Beispiel das, was ein Mensch sagt, dem wir vertrauen. Das kann uns glücklich machen oder vor Unheil bewahren. So haben Wissen und Glauben ihre Berechtigung, ihre Gleichberechtigung.

In einem Fall aber stimmt das nicht: Wenn Glauben missbraucht wird, wenn Glauben instrumentalisiert wird, wie man heute sagt. Wenn Glauben auf Religion reduziert wird. „Religion ist Opium fürs Volk.“ Wer hat das gesagt? Karl Marx.

Ein alter Hut? Nein, ganz und gar nicht. Der Kommunismus in all seinen Spielarten hat es ebenso bewiesen wie der Kapitalismus. Aber der Atheismus, die absolute Glaubenslosigkeit konnte sich nicht durchsetzen. Der Glaube ist dem Wissen doch überlegen. Das weiß ich, muss es also nicht glauben.

Der Spruch des Jahres 2013

Als herauskam, dass auch unsere verehrte Bundeskanzlerin Angy Merkel von der NSA abgehört worden ist, sagte die Dame: „Das geht gar nicht.“ Und ob das ging! Und vielleicht geht es so weiter. Wer weiß.  Dabei hatte ihr Kanzleramtsminister Pofalla die Sache schon für beendet erklärt.

„Das geht gar nicht.“ – So hilflos, so dumm. Und trotzdem ist das für mich der Spruch des Jahres 2013. Er taucht jetzt überall auf, wenn irgendjemand mit irgend- etwas nicht einverstanden ist. Welche Empörung, in vier kleinen Wörtchen aus-gesprochen! Aber das gilt – wenn überhaupt in diesem Fall – nur das erste Mal. Jetzt ist es billige Münze.
05. 01. 2014

Dürfen Roboter töten?

Um diese Frage ging es in der Deutschlandfunksendung „1 oder 0, Leben oder Tod“ am 29. Dezember 2013, 16:30 Uhr. Genauer gesagt ging es um die Frage, ob Roboter autonom Entscheidungen über Leben und Tod fällen dürfen. Sie werden es bald können; denn noch nie hat Technik sich aufhalten lassen, ganz besonders, wenn es ums Töten geht. Noch ist es nicht ganz so weit. Noch entscheiden die Soldaten, nicht der Roboter. So viel zum Sachverhalt.

Das Völkerrecht hat noch keine Antwort auf diese Frage. Philosophen und Menschenrechtler halten es für unethisch, solche Maschinen einzusetzen, sie fordern ein Verbot. Ingenieure sagen, dass Kampfroboter, frei von Emotionen, Hass und Panik, Situationen mitunter zuverlässiger einschätzen können als ein Mensch. Die Regeln des Krieges, dass keine Zivilisten getötet werden dürfen, dass Angriffe verhältnismäßig sein müssen, ließen sich in die Elektronenhirne einprogrammieren – so die Ingenieure.

Beide Ansichten zeigen, wie verlogen wir mit dem Thema Krieg umgehen, wie fragwürdig das Völkerrecht ist.

Natürlich ist es unanständig, Roboter entscheiden zu lassen, wer getötet werden soll und wer nicht. Aber ist es wirklich anständiger, ethisch zu rechtfertigen, wenn ein Soldat den Roboter führt und nicht ein Programm?

Wie lassen sich Soldaten von Zivilisten heutzutage unterscheiden?  Im Zweiten Weltkrieg konnte man das noch und bombardierte trotzdem voller Absicht und genau gezielt die Zivilbevölkerung.

Und was sind verhältnismäßige Angriffe? Was ist eine verhältnismäßige Verteidigung?  Du hast einen meiner Soldaten totgeschossen, jetzt töte ich einen deiner Soldaten. Ist das angemessen? Oder darf der Angegriffene zwei Soldaten töten, weil nur so auf den Angriff angemessen reagiert werden kann? Ich habe das Gefühl, dass kein Recht so rechtlos ist wie das Völkerrecht.

Ist das Töten von Soldaten – von Zivilisten will ich gar nicht reden – ist das Töten von Soldaten ethisch, anständig und rechtmäßig, wenn sie mithilfe moderner Kriegs-technik getötet werden – durch Artillerie und Bombenabwürfe? Sind die „Materialschlachten“ ethisch zu rechtfertigen? Sind sie anständig? 

Wenn von Materialschlachten die Rede war, dann ging es nicht um Panzer, Kanonen und Flugzeuge, dann war immer das Menschenmaterial gemeint. Wenn dieses Wort eins ist, dann ist es unanständig.

Zum Schluss bleibt nur Resignation, Hoffnungslosigkeit. Es ist ziemlich egal womit und wie der Mensch seinen Mitmenschen umbringt. Autonomer Kampfroboter, Kindersoldat mit der Machete – das Ergebnis ist immer ein und dasselbe.

Dabei hätte es das Völkerrecht so leicht gehabt. Ein Satz hätte genügt: Du sollst nicht töten.

04. 01. 2014