Samstag, August 31, 2013

Spielregeln

Unser Zusammenleben klappt nur, wenn wir bestimmte Spielregeln befolgen. Diese sollten nicht willkürlich festgesetzt sein, nicht von oben nach unten. Alle sollten mit ihnen einverstanden sein.

Spielregeln zeigen uns, wie wir uns verhalten müssen, damit wir alle gut miteinander auskommen. Das wird uns nicht immer gefallen. Manchmal möchten wir uns über eine Spielregel hinwegsetzen, weil sie uns nicht einleuchtet oder aus Trotz, einfach weil wir bockig sind.

Ein Beispiel dafür habe ich im Hamburger Abendblatt vom 22. August 2013 gelesen.
„Bei einem mündlichen Vokabeltest sieht sie, (die Lehrerin, die eigentlich eine Journalistin ist), wie eine Schülerin eine andere tritt. Sie stellt das Mädchen zur Rede. ‚Darf man andere treten?’, fragt sie. ‚Ja’, sagt das Mädchen. ‚Möchtest du, dass man dich tritt?’ Die Schülerin bejaht auch diese Frage mit einem fast schon belustigten Unterton. Reschke (die Lehrerin) ist am Ende. ‚Ich habe nichts in der Hand’, sagt sie im Off. ‚Ich fühle mich wie ein Versager. Und diese Kinder sind erst zwölf.’“

Hier scheint guter Rat teuer. Zumindest ist Nachdenken angesagt.

Ich hätte dem Mädchen am liebsten eine Backpfeife gegeben. Das wäre angemessen gewesen, jedenfalls nach den Spielregeln, die dieses Mädchen für sich in Anspruch nimmt. Als ich in die Schule ging, wäre wahrscheinlich genau das passiert, und niemand hätte etwas dabei gefunden, nicht mal meine Eltern. Einen Rüpel wollten sie nicht zum Sohn haben.

Heute geht das nicht. Das wäre Körperverletzung, und ich würde von der Schule fliegen, nicht das Mädchen. Verkehrte Welt? Nein, nur die Spielregeln stimmen nicht.

Das kleine Mädchen, das sich so unverschämt benommen hat, hat am wenigsten schuld, eigentlich überhaupt keine Schuld. Das Mädchen richtet sich nach den Spielregeln, mit denen es großgezogen – sozialisiert heißt das heute – wurde; es weiß es nicht besser und benimmt sich deshalb so schlecht.

Nein, schuld haben die Eltern und alle, die jedem jede Freiheit ohne irgendeine Rücksicht zugebilligt haben. Aus diesem Irrtum haben wir uns bisher nicht befreit. Das ist auch nicht einfach. Schlechte Gewohnheiten sind wie alle Gewohnheiten: hartnäckig, und es braucht viel Energie, um sie loszuwerden. Weil das so ist, will auch niemand so richtig an das Thema ran.

Falsch scheint mir jedenfalls zu sein, was in dem Abendblatt-Artikel „Wenn Lehrer überfordert sind“ als Problemlösung erwähnt wird. Da ist plötzlich von unterschiedlichem Lernniveau der Schüler die Rede, Klassenarbeiten müssten in zwei Fassungen geschrieben werden (um allen Schülern gerecht zu werden). Das alles dürfte ziemlich daneben sein.

Es geht hier nicht um Intelligenz, es geht um Erziehung und Anstand. Es geht um Spielregeln. Und diese Spielregeln gelten nicht nur für die eine verzogene Schülerin, die hier den Sündenbock abgibt, nicht nur für ihre Lehrer und ihre Schule. Diese Spielregeln gelten für alle.

Mord und Totschlag in Syrien

Die Welt regt sich über das Morden auf, das in Syrien seit zwei Jahren tobt. Das ist verständlich. Gott seit Dank regt sich die Welt darüber auf. Aber muss sie deshalb gleich auch verrückt spielen? Sie spielt aber verrückt. Und wie!

Ein Dreitageangriff auf militärische Einrichtungen des Assad-Regimes wird überlegt, von See aus oder aus der Luft. Nein, das Regime will man damit nicht beseitigen. Man weiß ja nicht, was dann kommt. Vielleicht alles noch schlimmer? Nein, es geht um eine Strafexpedition. Jedenfalls ist davon die Rede. Das ist nun wirklich verrückt. Da haben einige offenbar den Verstand verloren.

Die Berichte in Presse, Fernsehen und Funk verwirren auch mich, machen auch mich ratlos. Gegen das Regime zu sein, fällt leicht. Für die Rebellen zu sein, fällt schwer. Wer sind sie wirklich? Was wollen sie? Es scheint keine Opposition zu geben, sondern nur Oppositionen. Und die sind sich auch nicht grün.

Die Menschen in Syrien zerfleischen sich. Warum eigentlich? Weil Assad mit seiner Alawitischen Minderheit alle anderen unterdrückt? Weil Religionsfanatiker ihre Herrschaft errichten wollen? Weil das Regime korrupt ist? Und wie hat das alles vor zwei Jahren überhaupt angefangen? Ich weiß es nicht.

Es ist überhaupt alles verwirrend. „Die ganze Ecke“ dort ist in Aufruhr. Iran, Irak, Israel, die Türkei, die Emirate, Ägypten, der Libanon. Dazu die USA, Russland, China, ach, fast die ganze Welt.

Im Augenblick denke ich, die Syrer sollen das unter sich ausmachen, so bitter das für die Menschen ist, die nur ihr bisschen Leben leben wollen und zu Tode geschunden werden.

Eins weiß ich ganz gewiss: Eine Strafexpedition – so sehr sie Herrn Assad gewünscht werden kann – eine Strafexpedition darf es nicht geben. Ich weiß das, weil ich mir vorgestellt habe, wie das in unserem ganz normalen Leben wäre:

In der Nachbarwohnung erhebt sich ein großes Geschrei. Das Ehepaar hat mal wieder Krach. Sie stürzt ins Treppenhaus und dürfte tüchtig verprügelt worden sein. Die blauen Flecken sind nicht zu übersehen. Die Gründe kenne ich nicht. Und wie es ihrem Mann geht, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat sie ihm ein Ohrläppchen abgebissen, mindestens. Ein nicht ganz normaler Streit? Kann sein. Aber eine Frau so zurichten? Das geht nicht.

Der Mann muss bestraft werden. Jetzt und sofort und von mir. Polizei? Die tut sowieso nichts, die kommt bestimmt nicht infrage. Das muss ich regeln. Nein. Also starte ich meine Strafexpedition und verhaue den Mann nach Strich und Faden. Muss ich dafür einen Grund nennen?

Wenn Sie darauf bestehen: Ich schlage meine Frau nicht. Allein das gibt mir das Recht, meinen Nachbarn zu bestrafen. Und das tue ich jetzt. Da lass ich mir nicht reinreden.

Und wenn dann das ganze Haus tobt? Wenn alle übereinander herfallen? Ich habe doch nicht angefangen. Was wollen Sie von mir? Ich wollte doch nur für Recht und Ordnung sorgen.

Eine Karikatur im Hamburger Abendblatt von heute (29. August 2013) bringt es auf den Punkt. Sie zeigt einen Papa, der seine beiden Kinder in den Arm nimmt und zu den heranfliegenden Raketen sagt: „Keine Angst, Kinder, das sind die guten aus Amerika.“

Wahnsinn ohne Ende

Außer dem ganz normalen Wahnsinn gibt es ja auch noch den Größenwahn. Im Allgemeinen halte ich den für lächerlich. Aber eben nur im Allgemeinen.

Ich lese gerade in SPIEGEL ONLINE, dass Russland ein paar ganz moderne Kampfjets, die Herr Assad bestellt hat, nicht ausliefern will. Der Grund: Assad hat seine Rechnungen nicht bezahlt, so jedenfalls wird berichtet.

Die Folge: Russland sitzt nun auf den Jets und möchte sie verscherbeln. Da meldet sich Serbien und will sie haben. Serbien! So klein, dass die Jetmonster von einer zur anderen Staatsgrenze nur Sekunden brauchen. Und gegen wenn will Serbien die Monster einsetzen? Gegen wen sollen sie Serbien verteidigen – sollte es überhaupt darum gehen? Und wenn Serbien wirklich von irgendjemand angegriffen werden sollte? Die Monsterjets werden das Land nicht retten. Aber wer rettet es vor dem Größenwahn?

Das Dumme an dieser eigentlich lachhaften Geschichte ist, dass der serbische Größenwahn kein Einzelfall ist.

Mittwoch, August 21, 2013

Nicht tief genug gegraben

Demokratie ist die Kunst des Kompromisses. So können wir diese Regierungsform wohlwollend beschreiben. Das Dumme daran scheint mir nur zu sein, dass sich hinter dem Kompromiss nicht selten Kungelei versteckt. Und wenn nicht gekungelt wird, dann fliegen die Fetzen. Jeder behauptet recht zu haben, und hat doch – wenn überhaupt – nur ein bisschen recht.

Das ging mir durch den Kopf, als ich den SPIEGEL-Artikel „Äußerst sensible Belange“ gelesen hatte (Ausgabe 34 vom 19. 08. 2013). Thema: Rechtsextremismus, der Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses.

„Selten hat ein Untersuchungsausschuss, über Fraktionsgrenzen hinweg, so einträchtig und so intensiv an der Aufklärung eines Skandals gearbeitet“ – ist zu lesen.

Ich zitiere weiter: „In zentralen Fragen zeichnet sich unter den Parlamentariern zwar Einigkeit ab: Polizei, Verfassungsschutz und Justiz habe massiv versagt…“

Aber das ist ja nur die Oberfläche. Warum haben sie versagt? Welche Gründe gab es? Organisation ist nicht alles. Im Zweifelsfall ist Organisation nichts. Und hier haben wir einen Zweifelsfall.

Nein, mir scheint das kein Zweifelsfall zu sein, sondern ein Gewissheitsfall.

Manchen Kripo-Beamten wird vorgeworfen (von der SPD), „sie seien bei den Er-mittlungen zur Mordserie unbewusst diskriminierend gegen ‚Personen mit Migra-tionshintergrund’ vorgegangen…“. Schon die Namen der Sonderkommissionen „Bosporus“ und „Halbmond“ deuteten darauf hin. Ist daran zu zweifeln?

Die Sicherheitskräfte (welch ein Wort!) hätten sich nicht „aus den bestehenden routinisierten, teilweise rassistischen, Verdachts- und Vorurteilsstrukturen“ befreien können (SPD-Obfrau Eva Högl).
Der Untersuchungsausschuss hat sich da nicht rangetraut. Er hat sich selbst belogen und belügt uns. Dabei ist die Wahrheit doch ganz einfach:

Furcht, Angst vor Fremden – das ist nichts Neues. Das gibt es seit es Menschen gibt. Und dass die Angst sich in Feindschaft und Hass entwickeln kann, ist ebenfalls nicht neu. Aber zwangsläufig ist das nicht.

„Die Türken“, die „Italiener, „die“ Franzosen, „die“ Polen usw. usw. – sie gibt es doch gar nicht – so viel sie auch miteinander verbinden mag. Sind wir nicht alle Menschen, die ihr kleines Leben leben möchten, unabhängig davon, ob wir Türke, Italiener…sind?

Urteile? Vorurteile! Die sind das Problem. Der Einzelne wird damit allein vielleicht nicht fertig. Aber wir alle zusammen? Wir müssten das doch fertigbringen.

Von Staats wegen scheint das nicht zu funktionieren. Der Untersuchungsausschuss ist an der Oberfläche geblieben. Er hat nicht tief genug gegraben. Das sollten wir nicht hinnehmen. Damit sollten wir nicht einverstanden sein. Sorgen wir dafür, dass es bei uns keine „unbewusst“ rassistischen Polizisten gibt. Wer außer uns sollte das tun?!

Dienstag, August 20, 2013

Schön verschrieben!

Wer sich verschreibt, ärgert sich: Fehler gemacht. Korrigieren.
Unnötige Arbeit.

Aber das ist nicht immer so. Manchmal ist es das reinste Vergnügen.
Einer meiner schönsten Verschreiber ist die „Schweinwerferwasch-
anlage“. Ein „w“, das da nicht hingehört, und schon lachst du dich
kaputt.

Heute, am 20. August 2013, hat mich SPIEGEL ONLINE mit dem
„Nachtmittag“ amüsiert. Wie schön!

Samstag, August 17, 2013

Das K-Wort, die K-Wörter

Das ist so ein Begriff, ein beliebtes Wort aus der Welt der Politiker. Kanzler oder Kanzlerin – je nachdem – ist damit gemeint, auch schon mal Kanzlerkandidat. Das wäre eigentlich ein Doppel-K-Wort.

Das sollte eigentlich reichen. Aber es gibt noch mehr K-Wörter, die ich nicht mag. Da wäre zum Beispiel „Kultur.“. Aber nun ist ein neues hinzugekommen: Kompetenz.

Im Hamburger Abendblatt vom 14. August ist zu lesen, wie  es um die Schwimm-kompetenzen der Kinder bestellt ist: schlecht. Kompetenz? Quatsch! Es geht darum, ob die Kinder wirklich schwimmen können oder nicht. Es geht ums Können, um Fähigkeiten. Ich frage doch einen Knirps nicht „Hast du Schwimmkompetenz?“ Ich frage: Kannst du schwimmen? Und ich will wissen, ob er länger schwimmen kann, als es „das Seepferdchen“ verlangt.

Damit klar wird, was ich meine, ein Zwischenruf: „Yes we can!“  Das hat jeder begriffen, dass hat viele mitgerissen. Aber: „Yes we are competent“? Na bitte!

Aber, ebenfalls im Hamburger Abendblatt vom 14. August, Seite 11 („Eine Oase für Mädchen“): „…vermittelt Mädchen handwerkliche und ökologische Kompetenzen“.
Kompetenzen? Die Mädchen lernen, mit der Gießkanne, mit Hammer und Säge umzugehen. Sie lernen, wie man dies und anderes macht. Sie sind dann kompetent? Sie sind fähig. Sie können etwas. Warum muss das Können durch Kompetenz ersetzt werden?

Und was sind „ökologische Kompetenzen“? Dümmer als die Frage ist dieser Begriff. Die Mädchen erfahren, wie man Gemüse anbaut und Blumen, wie man Tiere pflegt. Sie machen also Erfahrungen. So einfach ist das. Und so einfach kann man das sagen. Aber es ist natürlich viel bequemer, alles als Kompetenz zu bezeichnen.

Das ist so wie mit der Kultur. Kultur ist ein Bequemlichkeitswort wie es im Buche steht. Alles ist Kultur, hier ein paar Beispiele, auf die sich jeder seinen Reim machen mag: Fehlerkultur, Ruhekultur, Mußekultur, Heimatkultur, Gedächtniskultur, Radkultur, Rechtfertigungskultur… es ist ja so bequem, die richtigen, die genauen Wörter für einen Sachverhalt gar nicht erst zu suchen. Im Zweifelsfall sagt Kultur alles, zumindest viel über den Autor und nichts über die Sache.

Dienstag, August 13, 2013

Das Denken von gestern

Indien hat seinen ersten selbst konstrurierten Flugzeugträger gebaut. Noch ist er nicht ganz fertig. Aber sie haben auch schon zwei andere. Man will Flagge zeigen gegen China. Die beiden kämpfen um die Vorherrschaft im Indischen Ozean und sonst noch wo. Ach ja: China und Japan. Die kämpfen auch um Vorherrschaft. Überall wird um Vorherrschaft gekämpft.

Jeder fühlt sich von jedem bedroht. Bedroht wirklich jeder jeden? Ich nehme an, das ist Einbildung. Das ist Denken von gestern.

Es ist doch Platz für alle da. Weil ich kleiner bin als andere, bin ich deshalb weniger wert? Sind meine Bürger keine Menschen wie die der Großen? Wir leben doch nicht auf einem Schulhof, auf dem in den Pausen gerangelt wird.

Ich sehe schon: So komme ich nicht weiter. Also noch einmal zurück zur Vorherrschaft.

Wie sieht es zwischen den USA und Russland aus? Feindschaft? Wohl kaum. Gegnerschaft? Man denkt und fühlt in vielen Fragen anders. Gegensätze ja. Gegnerschaft wäre mehr, und die sehe ich nicht. Vorherrschaft, weltweit? Die USA meinen sie zu haben, was zunehmend ihre Schwäche ausmacht. Russland wollte die Weltherrschaft nie, die Sowjetunion schon eher, ganz ausdrücklich die kommunistische Inter-nationale. Das ist vorbei.

Wie werden sich die Großen sortieren? USA, Russland, China, Indien, Brasilien – und die vielen kleinen Starken? Die Welt allein beherrschen wird niemand. Das zu wollen, wäre wohl auch ziemlich albern. Was hätte man davon. Schlussendlich nichts als Ärger.

Der Wunsch nach Weltherrschaft scheint nicht der wunde Punkt zu sein. Vielleicht ist es Ängstlichkeit, die Angst, zu kurz zu kommen. Der Wahnsinn um die Ausbeutung der Arktis – wer darf welches Gebiet für sich in Anspruch nehmen? – spricht dafür. Dafür spricht auch der Streit um die Schutz- besser die Nichtschutzgebiete in der Antarktis. Da möchte keiner auf den anderen Rücksicht nehmen. Den Schaden tragen alle davon, weil zum Schluss für niemanden etwas von unserem Planeten übrig bleibt.

Gibt es ein Rezept gegen diese Ängstlichkeit? Ja, dieses Rezept gibt es. Die weltweite Angst (vor den anderen) brauchen wir nur gegen den Mut (zur Gemeinschaft) einzutauschen. Dann müsste es klappen. Die Agenda 21 (Rio 1992) war der erste Versuch. Die Ideen haben Mut gemacht, der wieder verloren gegangen ist. Die zweite Agenda-Konferenz (2012) hat versucht, uns Mut einzureden. Das ist nicht gelungen. Das ängstliche Verhalten der Staaten, ihre Selbstsucht, ihre Gier, ihr Leichtsinn, haben es verhindert.

Ein Zwischendurchgedanke: Vielleicht ist Mut gar nicht die Lösung, sondern die Angst. Die Angst aller, alles zu verlieren.

Wer aus dem zweiten Stock eines Hauses aus dem Fenster springen will, braucht Mut. Den wird kaum jemand haben.

Wer aus dem zweiten Stock eines brennenden Hauses aus dem Fenster springt, weil es keinen anderen Weg mehr gibt, der hat Angst. Aber er wird springen. Und vielleicht sein Leben retten.

Vielleicht sollten wir mehr Angst haben.

Das andere Stichwort war Bedrohung. Dass jeder jeden bedroht, stimmt nicht. Aber dass Iran und Israel Todfeinde sind, ist nicht zu übersehen. Wenn es nur ginge, würde der eine den anderen umbringen. Zum Schluss wären die Todfeinde tote Feinde – auf beiden Seiten.

Hier könnten viele Beispiele folgen. Rassenwahn, Religionswahn – Wahnsinn in allen seinen Spielarten – tödliche Spiele, wie wir es nicht nur in Syrien und im Irak sehen.

Es scheint gegen diese Geisteskrankheit kein Rezept zu geben. Mord und Totschlag sind biblisch, es gibt sie seit Menschengedenken.

Wenn diese Krankheit schon nicht zu heilen ist – vielleicht könnte man sie lindern. Das Miteinander aller Staaten im Sinne der Agenda 21, das Zurücknehmen von staatlichem Egoismus, von Vorherrschaft und Weltherrschaft wäre möglicherweise der Tropfen Medizin, der eine gewisse Besserung herbeiführt.

13. August 2013 

Sonntag, August 11, 2013

Wer ist der Klügste im ganzen Land?

Sind es die Politiker, sind es die Philosophen, die Soziologen, die Politologen, die Journalisten oder bin ich es vielleicht? Auf diese Frage haben mich Markus Feldenkirchen und Christiane Hoffmann gebracht, die beiden SPIEGEL-Redakteure, die für die Ausgabe vom 5. August den Beitrag „Die bequeme Republik“ geschrieben haben.

Am Rande, also nebenbei, frage ich mich, wie zwei Menschen einen Text schreiben können. Aber das ist nicht das Thema.

„Deutschland, wie geht’s?“ Mit dieser Frage beginnt der SPIEGEL eine achtteilige Serie im Vorfeld der Bundestagswahl am 22. September. Den ersten Teil haben Herr Feldenkirchen und Frau Hoffmann bestritten, wie immer sie den Text gemeinsam geschrieben haben mögen.

Wollte ich wirklich gemein sein, könnte ich sagen: Wie kann man so viel Klugscheißerei auf einen Haufen kehren? Die beiden Autoren bemühen den Politiker Müntefering, den Politologen Münkler, den Soziologen Beck und den Philosophen Sloterdijk – wahrscheinlich kluge Köpfe alle miteinander. Als Klugscheißer würde ich sie nicht bezeichnen. Aber … - das will ich erst mal offen lassen.

 Mal sehen, was uns die folgenden Auszüge aus dem SPIEGEL-Artikel sagen:

„Innenpolitisch waren die vier Jahre seit 2009 eine verlorene Zeit. Es gab keine Reform, deren geistiger Horizont weiter als die nächsten Jahre reichte…

…Deutschland ist nicht gerüstet für die Veränderungen, die ihm bevorstehen…

…Die deutschen Sozialsysteme sind gebaut für eine Gesellschaft, die ständig Wachstum generiert und niemals älter wird. Für den Schönwetterbetrieb. Nicht mal jetzt, in Zeiten historisch hoher Beiträge und Einnahmen, gelingt es dem Gesetzgeber, die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung auf ausreichende Rücklagen für schwierigere Zeiten zu verpflichten…

…Das Gleiche gilt für die Bildungspolitik. Rhetorisch mag sie ein wichtiger Baustein in allen Politikerreden sein. Faktisch ist das Versprechen, jedem Kind in Deutschland die Chance auf die beste Ausbildung zu ermöglichen, zur Farce verkommen... Schuld an der Bildungsmisere ist nicht nur fehlendes Geld, sondern auch der Wirrwarr von Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden in Deutschland… Deutschland wird mit einer Struktur regiert, bei der sich die einzelnen Ebenen des Staates gegenseitig blockieren. An diese dringend nötige Reform wagt sich indes niemand.“

…Dass Deutschland noch immer eines der kompliziertesten Steuersysteme Europas hat, wirkt im Vergleich eher unbedeutend. Symptomatisch ist es dennoch. Die von FDP und Union im Koalitionsvertrag vereinbarte Arbeitsgruppe zur Reform des Mehrwertsteuersatzes schaffte es in vier Jahren nicht, auch nur ein einziges Mal zu tagen… In dieser Zeit gelang es nicht mal, auf neue Schulden zu verzichten, von einem Abbau der Altschulden in Höhe von 1053 Milliarden Euro ganz zu schweigen – obwohl die Konjunktur gnädig war“  und die Steuereinnahmen so üppig wie nie ausfielen.“

„…’Grundlegende Strukturreformen’ mahnt Angela Merkel gern in Interviews an. ‚Jetzt muss jeder wissen, dass es so nicht weitergehen kann’. Aber sie meint Europa, nicht das Land, das sie regiert. ‚In Europa muss sich noch einiges ändern’, weiß auch Volker Kauder. ‚Wir müssen den Ländern weiter zumuten, ihre Anpassungen durchzuführen’ sagt Wolfgang Schäuble. ‚Das ist für die Bevölkerung hart, aber es gibt keinen Weg daran vorbei’…mutig sind die Berliner Spitzenpolitiker nur dann, wenn es um die Bürger anderer Staaten geht.“

„…So herrscht Stillstand in Deutschland parteiübergreifend. Der SPD sind ihre Agenda-Reformen schon lange peinlich, und Merkel hat aus der Vergangenheit die Lehre gezogen, dass die Bürger keinen Reformstress wünschen. … Die Politik regiert ein Volk, das von ihr nicht mit Zumutungen behelligt werden will… Wer ist schuld: der Bürger oder die Politik?“

(So weit die Bestandsaufnahme.)

„Kaum jemand hat sich so intensiv mit diesen Fragen beschäftigt wie der Politologe  Herfried Münkler, der Soziologe Ulrich Beck und der Philosoph Peter Sloterdijk.“ (Mal sehen, was die Herren zu sagen haben. Wer ist der Klügste im ganzen Land?)

Herr Münkler, der Politologe, stellt Zyklen der Veränderungsbereitschaft“ fest: „Wenn eine Gesellschaft gewisse Anstrengungen hinter sich habe…, dann entwickelt sich fast immer eine ‚Wir haben’s-geschafft- oder Wir-sind-so-gut-Stimmung’.“

(Das hält Herr Münkler für gefährlich. Mag sein, aber das ist ja nur zu verständlich. Niemand kann sich pausenlos anstrengen. Pausen zum Kraftschöpfen müssen sein.)

Genau so wenig neu, genau so wenig hilfreich ist die Bemerkung „Voraussetzung für Reformen sei die allgemeine Wahrnehmung einer Krisensituation. Nur bei starkem Handlungsdruck und gleichzeitigem medialem Rückenwind würden Politiker sich trauen, etwas in Gang zu setzen.“

Und dann folgt, das, was ich einen Offenbarungseid des Wissenschaftlers, des Politologen nenne: „Es müsste eine Gruppe von führenden Politikern geben, die bereit sind, um der Zukunft willen gegenwärtige Risiken einzugehen.“ (So die Forderung Münklers. Forderung? Weitgehend weltfremdes Wunschdenken! So viel Wissenschaftler ist jeder von uns. Münkler hat nichts Neues zu sagen, also: ungenügend, setzen, Münkler!)

Kommen wir zu Herrn Beck, dem Soziologen: „Wir befinden uns in einer Phase dramatischen Wandels“, sagt er. „Wir leben in einer Wirklichkeit, die immer unbegreiflicher wird, gemessen an unseren bisherigen Vorstellungen.“ …“Der Wandel hat nicht nur die Familie erfasst, die Berufsstruktur, die Klassenstruktur, sondern sogar die Wertmaßstäbe, mit denen wir den Wandel beurteilen.“

(Kein Einspruch! Es scheint wirklich so ziemlich alles durcheinander zu sein. Es fällt schwer, sich ein genaues Bild von dem Leben zu machen, das wir leben, leben wollen oder auch leben müssen. Die SPIEGEL-Autoren führen da so einige Beispiele auf, die Herrn Beck aufgefallen sind. Dass die Politik von der Wirklichkeit überrollt wird, kann kaum bestritten werden. Und nicht nur da gebe ich Herr Beck recht. Das Credo der Familienministerin Kristina Schröder „Wir fördern die Wahlfreiheit“ ist der Euphemismus für eine Politik ohne Orientierung. Und wenn Herr Beck hinzufügt, Kanzlerin Merkel verfüge über „Richtlinienkompetenz ohne Richt-linienkompetenz“, gebe ich ihm noch mal recht. Trotzdem: Herr Beck kommt mir vor wie ein Arzt, der seinen Patienten gewissenhaft untersucht, aber nicht weiß, wie er ihn behandeln soll. – Vielleicht sollte ich bescheidener werden, sollte erkennen, dass Wissenschaft eine Tätigkeit ist, die Wissen rafft, ohne zu wissen, was sie damit anfangen soll. Wissenschaft als Ausdruck der Neugierde? Ja, das finde ich in Ordnung. Unter dieser Voraussetzung soll Herr Beck ein „befriedigend“ erhalten.)

Nun endlich der Philosoph, Peter Sloterdijk. Was hat er zu bieten? Philosophische Betrachtungen natürlich. Wenn etwas philosophisch betrachtet wird, dann schwingt da immer das Wörtchen „abgeklärt“ mit. Der Philosoph regt sich nicht auf, er nimmt zur Kenntnis. Er äußert Weisheiten, die in sich ruhen. Aber wo bleibt der Ansporn, die Idee, wo wird Mut gemacht?

„In Deutschland herrsche eine ‚chronische Duldungsstimmung’… ‚Unsere Politiker sind wie die Mitarbeiter der Deutschen Bahn. Wer sich bei ihnen beschwert, bekommt zu hören, dass auch sie nicht mehr wissen.’ Dann spricht Sloterdijk von ‚Lethargokratie’ und sagt, ‚Die Lethargie geht von der Gesellschaft aus. In diesem Punkt hört die Politik ausnahmsweise auf die Stimme des Herrn.’ Die wandlungsscheuen Deutschen wollen eine schläfrige Regierung, meint Herr Sloterdijk. Der kluge Spruch von Joseph de Maistre ‚Jedes Volk hat die Regierung, die er verdient’, fehlt nicht. (Mag sein, aber sind die anderen Völker anders? Ich bin mir da nicht sicher.)

Vom ‚Kartenhauscharakter der Realität’ spricht Sloterdijk und ‚ängstlichem Realismus’ und sagt ‚Wir betrügen uns selbst und lassen uns gern von der Politik betrügen’. Und dann die klugen Ratschläge: „Wahrscheinlich wird es darum gehen, die Knappheit möglichst vernünftig und gerecht zu organisieren. Verantwortliche Politiker müssten den Deutschen genau das sagen, sie müssten sie einstellen auf Kürzungen bei der Rente, im Gesundheitssystem, Steuererhöhungen, mehr Zuwanderung. Wenn die Demokratie mit ihrer Legislaturperiodenfixiertheit diesen Mut nicht aufbringt, wird sie sich selbst zum Verhängnis.“ (Welch eine philosophische Erkenntnis, Herr Sloterdijk! Ich will von einer Schulnote absehen. Einen Philosophiepreis für besondere Erkenntnisse haben Sie nicht gewonnen.)

Nein, ich habe Franz Müntefering nicht vergessen, mit dem der Artikel „Die bequeme Republik“ begann. Für die nächste Legislaturperiode kandidiert er – mit 73 – nicht mehr. Er kommt ganz zum Schluss noch mal zu Wort.

„Wir Politiker sollten weniger Angst vor dem Bürger haben“, sagt er. Wenn man eine Reform gut begründen könne, werde man auch Verständnis für sie bekommen. „Ich glaube, dass wir die Menschen in ihrer Fähigkeit unterschätzen, Zusammenhänge zu begreifen.“ Und eine Idee hat er auch noch anzubieten: die Selbstverpflichtung der Politiker, jedes neue Gesetz mit der Auflage zu versehen, es auf seine nachhaltige Wirkung zu prüfen. Sein Wort in des Volkes Ohr.

Kurz und bündig: Die drei Wissenschaftler haben gedacht. Herr Müntefering hat gemacht.

11. 08. 2013




Samstag, August 10, 2013

Der Papiermensch

Es war eine Sturzgeburt. Das kleine Mädchen kam „holterdiepolter“ auf de Welt. Der Notarzt hat fast alles richtig gemacht – fast. Er hat nur vergessen, die Größe oder das Gewicht zu notieren. Und nun bekommt der kleine Mensch irgendwelche wichtigen (wichtigen?) Papiere nicht, jedenfalls nicht so ohne Weiteres und schon gar nicht ohne dass die Behörden über ihren Schatten springen. Die Schatten, die Behörden werfen, sind lang. (Quelle: Hamburger Abendblatt? im August 2013).

Ach, und dann der Herr Bubakar Maigah aus Niger. Er flüchtete aus seiner Heimat, in der ein Bürgerkrieg tobte. Am 27. Februar 1992 beantragte er Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Im November 1994, also nach zwei Jahren und 8 Monaten wurde sein Antrag abgelehnt. Am 26. Juni 1995 war die Ablehnung rechtskräftig. Allein das ist eine schlimme Geschichte. In einer so langen Zeit kann man 10 Tode sterben. Aber Herr Bubakar Maigah lebt noch. Inzwischen ist er 63. Er möchte immer noch nach Hause. Aber das geht nicht.

Warum geht das nicht? Weil Herr Bubakar Maigah ein Mensch ohne Papiere ist. Er ist zwar äußerst lebendig, aber eben kein Papiermensch. Und das muss man heute sein.

Sie verstehen das nicht? Dann will ich versuchen, Ihnen das zu erklären.

„Da kann ja jeder kommen und behaupten, er komme aus Niger“, sagt die Nigrische Botschaft in Berlin.

„Wenn Sie keine Ausweispapiere besitzen, können Sie weder ein Land verlassen noch ein anderes Land betreten“, sagt Marc Trampe, Sprecher des Kreises Pinneberg, dessen Ausländerbehörde den Fall Bubakar Maigah verwaltet. Ich betone:
verwaltet!

Jeden Monat muss sich Bubakar Maigah bei der Ausländerbehörde des Kreises Pinneberg melden. Dann bekommt er eine weitere Duldung für vier Wochen. Das geht seit 18 Jahren so. So schleppen sich Behörden über Jahrzehnte durch, machen Menschen unglücklich und uns arm.

„Seit der Ablehnung seines Asylantrages ist der Mann ausreisepflichtig. Weil er aber mangels Papieren nicht ausreisen kann, ist er geduldet.“ Du musst ausreisen, das verlangen wir. Aber du darfst nicht ausreisen, darauf bestehen wir auch. Klare Regeln, die befolgt werden müssen.

Nun seien Sie doch nicht zimperlich, seien Sie nicht feige- entschließen Sie sich für die eine oder andere Lösung! Für die eine oder die andere?

Und doch gibt es eine Lösung. Man muss nur drauf kommen. Wenn es Ihnen so gehen sollte wie Herrn Bubakar Maigah, dann beantragen Sie ganz einfach die Staatenlosigkeit.

„Wer als Staatenloser anerkannt wird, erhält Papiere und eine Arbeitserlaubnis.“ Man muss nur einen Antrag stellen.

Sie wissen nicht, was ein Staatenloser ist? Ich wusste es auch nicht, aber jetzt kann ich es Ihnen sagen:

„Staatenloser ist eine Person (nicht ein Mensch), die kein Staat aufgrund seines Rechts (des Staatsrechts) als Staatsangehöriger anerkennt.“ Da gibt es eine Vereinbarung der Vereinten Nationen (1954), die es gestattet, den Staatenlosen Reiseausweise  auszustellen, die ihnen Reisen außerhalb dieses Hoheitsgebiets gestattet.

Sollten Sie betroffen sein: Stellen Sie schnell einen Antrag auf Staatenlosigkeit.

10. 08. 2013

Freitag, August 09, 2013

Mission completed, Auftrag ausgeführt

Wer immer den Auftrag erteilt hat, die beiden World Trade Towers zu Fall zu bringen (Osama bin Laden?), der Auftrag wurde erfolgreich ausgeführt.

„Nine-eleven“ – das sind nicht zwei in sich zusammengesunkenen Wolkenkratzer. Das sind nicht die über 3.000 Menschen, die zu Tode gebracht wurden. Nein. Hier wurde eine Nation, hier wurden die USA ins Herz getroffen und – um den Verstand gebracht. Das ist der eigentliche Erfolg von „Nine-eleven“.

Die USA haben den Verstand verloren. Sie haben einen Krieg in Afghanistan angezettelt, in einem Land, in dem man nur verlieren kann. England, die Sowjetunion und jetzt die USA. Und zig Staaten sind diesem Unverstand gefolgt, auch Deutschland. „Deutschland wird am Hindukusch verteidigt“, sagte Peter Struck, seinerzeit Verteidigungsminister und ahnte gar nicht, dass sich Deutschland möglicherweise im eigenen Land würde verteidigen müssen. Die Furcht vor Anschlägen ist groß – wie berechtigt sie ist, weiß niemand.

Die USA – eine seit „Nine-eleven“ histerische Nation. Und nicht nur die USA. Die ganze „westliche“ Welt, die Welt, die sich den USA verbunden fühlt, ist histerisch geworden.

Die NSA – die National Security Agency der USA – verdächtigt weltweit jeden, ein Feind der USA zu sein – rücksichtslos. Wie wenig Rücksicht genommen werden muss, zeigt die Willfährigkeit der Bundesrepublik, dieses verrückte Spiel mitzuspielen.

Kein Zweifel: Der Anschlag auf die World Trade Towers am 11. September 2001 hat die Welt aus den Angeln gehoben. Kein Zweifel: „Mission completed. Auftrag ausgeführt“ – wer immer den Auftrag gegeben haben mag.

Das Gedenkstättenproblem

Die Gedenkstätten, in denen Unsinn, Wahnsinn und Verbrechen zur Sprache gebracht wird, haben ein Problem. Ein Problem, das sie bisher nicht erkannt haben oder nicht erkennen wollen: Sie sind, zumindest in erster Linie, auf die Erinnerung,
auf die Vergangenheit, fixiert. Gegenwart und Zukunft kommen so gut wie gar nicht vor, es sei denn… Es sei denn,  wir halten die Floskel „damit das nicht wieder passiert“ für Gegenwarts- und Zukunftsbewältigung.  Damit belügen wir uns selbst.

Alles, was im „Dritten Reich“, unter dem Nationalsozialismus, passierte, ist gar nicht passiert, ist nicht einfach so geschehen, ist nicht vom Himmel gefallen – es wurde gemacht.

Und damit so etwas „nicht wieder passiert“, werden wir in den Gedenkstätten – die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch ist ein Beispiel dafür – nur mit der Vergangenheit bekannt gemacht – ohne Bezug auf die Gegenwart.

Diese Vergangenheit ist schrecklich. Aber sie sagt uns heute nicht mehr, als es die hilflosen Sendungen von Guido Knopp im Fernsehen zeigen. Es berührt uns nicht, nicht wirklich, allen Bekenntnissen zum Trotz.

Wenn es so ist, dann sollten wir die Gedenkstätten abschaffen; sie helfen einfach nicht weiter, sie lösen das Problem nicht. Weg damit also, auch wenn es schmerzt?

Nein, nein, nein!

Machen wir aus den rückwärts gerichteten Gedenkstätten gegenwartsnahe und zukunftsgerichtete Denkstätten:

Denkstätten anstelle von Gedenkstätten!

Nachdenken darüber, was heute und morgen gemacht werden kann. Darüber sprechen. Das Gesprochene in die Tat umsetzen. Machen und nicht passieren lassen.

Das, was heute wichtig ist, besprechen. Sich nicht bequem oder gar feige hinter Parteipolitiken verstecken, sondern sich für die Demokratie stark machen.

Wir sollten nicht vergessen: Politik und ihre willfährigen Handlanger haben die Häftlinge in Springhirsch um ihr Leben gebracht. Deshalb ist das Thema Gedenkstätten ein politisches Thema.

Gedenkstätten dürfen nicht länger eine Museumsveranstaltung sein. Sie müssen dazu beitragen, mit der Gegenwart (des Neonazismus) fertig zu werden und die Zukunft menschenachtend zu gestalten.

Das ist Politik im besten Sinne des Wortes.

22. 02. 2013

Ein Reinfall?

Das habe ich von meiner Gutgläubigkeit. Ich bin der Einladung von Dr. Rossmann zur „Diskussionsveranstaltung Neonazis, der NSU und die Folgen.“ gefolgt. Das Programm sah ja auch ganz verlockend aus:

Begrüßung und  kurze Einführung: Dr. Ernst-Dietrich Rossmann (15 Minuten)
Neonazis, der NSU und die Folgen: Sebastian Edathy MdB, Vorsitzender des NSU Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages (30 Minuten)
Anne-Christin Heinrich, stellvertretende Vorsitzende der Uetersener SPD-Fraktion und Ratsfrau: Kommunale Strategien gegen Rechts (20 Minuten).
Für die Diskussion waren 45 Minuten vorgesehen. Dann sollte Dr. Rossmann 10 Minuten für Fazit und Schlusswort haben.

Das war die Theorie. Und die Praxis?

Dr. Rossmann leitete nur ganz kurz ein, was ich als sehr klug empfand.

Herr Edathy redete und redete und fand kein Ende. Von Neonazis war kaum die Rede. Die  Verantwortung des Untersuchungsausschusses, seine Arbeit und wieso die SPD die Leitung des Untersuchungsausschusses übertragen bekam und warum seine Arbeit noch vor Ende der jetzigen Legislaturperiode abgeschlossen sein muss, und dass der Abschlussbericht 2.500 Seiten umfassen wird, und von den 49 Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestags war dies der einzige, in dem die Ergebnisse einstimmig erzielt wurden. Zig Einzelheiten wurden ausgebreitet. Da reichten die vorgesehenen 30 Minuten bei weitem nicht aus. Von den Folgen, dritter Bestandteil des angekündigten Beitrags, war kaum etwas zu hören.

Die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses überraschen mich nicht. Jeder kannte sie schon vorher: Der Bund, die Länder, der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst, die Staatsanwaltschafen die Polizie haben sich weitgehend als unfähig erwiesen, zusammenzuarbeiten. Ein Systemfehler, ohne Frage. Welche Empfehlungen des Untersuchungsausschusses – sofern der Ausschuss welche gibt – wird es geben? Welche Folgen also? Keine Antwort an diesem Abend.

So viel Sebastian Edathy  gesagt hatte, so wenig konnte von den Zuhörern aufgegriffen werden. Was zu viel ist, ist zu viel und führt dann zu einem zu wenig in der Diskussion.

Ach, und dann Anne-Christin Heinrich. Auf ihren Beitrag „Kommunale Strategien gegen Rechts“ war ich besonders gespannt. Zur Disziplin (mit Rücksicht auf den Beitrag von Sebastian Edathy) aufgefordert, hat sie sich ganz besonders kurz gefasst. Ja, einen Masterplan gäbe es, aber entscheidend seien die Aktionen vor Ort, die Aktionen von Mensch zu Mensch. Schüler müssten angesprochen werden und all die kleinen Selbstverständlichkeiten, die im Alltag so gut wie nie stattfinden. Das verplätscherte dann so. Schade!

Wegen eines anderen Termins bin ich vorzeitig gegangen (da hätte die Veranstaltung eigentlich schon beendet sein sollen). Fazit und Schlusswort von Dr. Rossmann habe ich deshalb nicht gehört. Was ich möglicherweise versäumt habe, weiß ich also nicht.

Meine Zusammenfassung: Das so verlockend aussehende Programm hat sich als Wahlveranstaltung herausgestellt (Bundestagswahl). Dass ich das nicht vorher gesehen habe, ist meine Dummheit.

Aber hier zeigt sich für mich wieder einmal die Parteienhierarchie – du oben, ich unten.

Warum musste Sebastian Edathy heute so viel sagen und Anne-Christin Heinrich so wenig? Die Musik spielt doch  im Dorfkrug. Das hat die SPD wohl doch noch nicht richtig begriffen. Sebastian Edathy mag für die Ueternser SPD ein Magnet sein. Reicht das? Zweifel sind angebracht. Die Arbeit vor Ort scheint mir wichtiger zu sein.

Glückwunsch zum Schluss an die SPD-Uetersen.

Ich habe die Teilnehmer heute Abend nicht gezählt. Waren es 60, 80 oder noch mehr? Vor allem waren viele Mädels und Jungs dabei. Das freut mich.

Worüber ist gestaunt habe? Uetersen hat 17.500 Einwohner, und die Bude war voll.
Quickborn hat 20.000 Einwohner, und wenn die SPD zu einer Veranstaltung einlädt, werden 20 Teilnehmer schon als Erfolg gewertet.

PS: Als Frau Heinrich „dran“ war, sprach sie anfangs sehr leise und sehr schnell. Prompt kam der Zuruf „Bitte lauter!“ und anschließend der nächste: „Und langsamer!“ Danach ging es besser.

07. 08. 2013

Dienstag, August 06, 2013

Europas Zukunft

Am 2. August brachte das Hamburger Abendblatt eine ganze Seite unter dem Titel „Sie bauen Europas Zukunft. Zitiert wurden Meinungen, Vorstellungen, Wünsche von 10 jungen Europäern. Die Einleitung dazu schrieb Christian Unger.

Zwei, drei Tage später las ich den Leserbrief hierzu von Andreas Kaluzny – ich zitiere:

„Erfrischend analytisch, diese Stellungnahmen der jungen Europäer. Diesen Jungen gehört die Zukunft. Wir Alten sollten mit unserer Euro-Skepsis und unserem Gejammer nach D-Mark und rheinischer Republik verschämt in den Spiegel schauen und uns fragen, ob wir wirklich auf dem richtigen Weg sind. Man mag von den Kanzlern Adenauer, Brand und Kohl halten, was man will, aber deren Ansicht, Deutschland habe nur in Europa eine Zukunft, ist nach wie vor richtig.. 68 Jahre ohne Krieg zwischen den ehemaligen europäischen Großmächten sind eine hervorragende Rechtfertigung für jede weitere Anstrengung. Sei sie noch so teuer. Es ist nur Geld.“

Ja, das kann man so sehen. Jedenfalls war dieser Brief Anlass für mich, mir die Abendblattseite noch einmal vorzunehmen.

Die einleitenden Wort von Christian Unger lesen sich so: „Europa schafft es auf die Titelseiten der Zeitungen, ins Fernsehen und in Radio. So weit die gute Nachricht. Die schlechte: Es geht fast immer um die Krise. Um Schulden, die Staaten angehäuft haben, um Rettungspakete und um Länder, deren Wirtschaftskraft von Rating-Agenturen bewertet werden. Die Euro-Krise lässt die Stimme der Menschen Europas verstummen. Vielleicht ist das die allerschlechteste Nachricht.“

Ich denke, eine schlechtere Nachricht gibt es wirklich nicht: Wirtschaft, Wirtschaft über alles, über alles in der Welt! Wer das Wörtchen Wirtschaft gegen ein anderes austauscht, wird sich daran erinnen, in welche Katastrophe das missbrauchte Original geführt hat. Aber erst wollen wir mal sehen, was unsere jungen Europäer gesagt haben (die Zitate sind Auszüge aus ihren Äußerungen).

James Kilcourse, 25, Irland: „Früher führte die Vielfalt an Religionen, Sprachen und Kulturen zu Konflikten in Europa. Heute ist es unser größtes Kapital.“

Letitia Díez Sanchez, 25, Spanien: „Die Menschen verlieren das Vertrauen in die nationalen und europäischen Institutionen. Die Enttäuschung bahnt einer Euro-Skepsis den Weg. Nicht nur die Löhne müssen in Europa angeglichen werden. Was
der Kontinent benötigt, ist ein einheitlicher Steuersatz…“

Lotta Schneidemesser, 25, Österreich: „Für mich ist es schwer, mich mit Europa zu identifizieren. Es müssen mehr Möglichkeiten geschaffen werden, damit man sich stärker als Europäer fühlt. Man könnte beispielsweise mit Schülern intensiver über unser Europa sprechen – und so die Grundlage für ein starkes demokratisches Europa schaffen!“

Veronika Sobolová, 22, Polen: „Europa heißt für mich Heimat, Reisen ohne Grenzen, eine gemeinsame Geschichte.“

Heide Beha, 28, Deutschland: „Leider ist Europa ein Konzept des Westens. Der Osten ist nicht als gleichberechtigter Partner aufgenommen… Die Krise wird nicht durch Hilfpakete für den Arbeitsmarkt gelöst. Es liegt nicht an den Jugendlichen, deren Ausbildung oder Haltung. Es liegt an der Wirtschaft. Die Wirtschafts-, Industrie- und Finanzpolitik muss überdacht werden.“

Theodora Matziropoulou, 25, Griechenland: „Diese Krise ist nicht nur eine wirtschaftliche. Es ist eine soziale, politische und eine Krise der Institutionen. Die Menschen verlieren Vertrauen in den Staat. ber die Bürger eines Landes vertrauen auch nicht mehr den Nachbarn in den anderen EU-Staaten.“

Enja Saethren, 22, Norwegen: „Es ist ziemlich schwierig zu sagen, was Europa eigentlich bedeutet. Denn es fehlt eine gemeinsame Identität, die alle Europäer teilen.“

Dorau Toma, 28, Rumänien: „Europa ist der Ort, den ich mein Zuhause nenne und der mit ein Gefühl von Sicherheit gibt.“

Marta Remacha, 25, Frankreich: „Hört doch auf, Europa nur als Wirtschaftsraum zu sehen! Es ist eine kulturelle und soziale Union. Viele der aktuellen Probleme resultieren aus dem Unwillen der Regierungen zusammenzuarbeiten.“

Michails Kozlovs, 26, Lettland: „Europa braucht zudem eine starke Zivilgesellschaft, um die Menschen mehr über Europa aufzuklären. Klar, der Kontinent erlebt derzeit Konflikte. Das passiert in jeder Familie.“

Kleine Zusammenfassung: Nur Letitia Diéz beschränkt sich auf wirtschaftliche Gesichtspunkte. Die kommen zwar auch bei den anderen vor, spielen aber eine untergeordnete Rolle.

Ist das nicht wunderbar? Lässt das nicht hoffen? Wenn diese jungen Menschen Europas Zukunft bauen, müssen wir uns um diese Zukunft keine Sorgen machen.

Aber wir sollten nicht alles auf sie, auf ihr Engagement abladen. Wir sollten selbst zur Vernunft kommen. Wir sollten alles tun, um den Tanz ums Goldene Kalb zu beenden. Wir sollten endlich etwas anderes denken als Bruttoinlandsprodukt, Lohnstückkosten, Exportweltmeisterschaft, Wachstum ohne Ende. Und wir sollen etwas tun. Wir sollen beispielsweise dem SAP Marketing-Chef Jonathan Becher auf die Finger klopfen, wenn er sagt „Wir wollen nicht mehr nur dazu beitragen, Unternehmen besser zu steuern. Wir wollen die Welt neu erfinden!“ (Danke, Mr. Becher, darauf verzichte ich gern.)

Gibt es einen Kontinent, der mehr Dichter und Schriftsteller, der mehr Wissen-schaftler, Erfinder, mehr Maler, Bildhauer, Künstler, Komponisten zu seinen Bürgern zählen kann?  Ich denke, weit und breit ist keiner zu sehen, was uns nicht hochmütig machen sollte.

Wie viele Staaten, Länder, Menschen haben wir in Europa? Ich bin zu faul, das durchzuzählen. Aber ich weiß, dass wir eine Europa-Hymne haben. Sie ist wortlos, wie könnte es bei der babylonischen Vielfalt unserer Sprachen auch anders sein? Aber sie lässt das Herz eines jeden Europäers höher schlagen. Beethoven ist eben auch Deutscher, vor allem aber Europäer.


05. 08. 2013

Wahnhafte Furcht vor dem Staat?

„Wahnhafte Furcht vor dem Staat“ wirft der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily im SPIEGEL-Gespräch am 29. Juli vor. Anlass für das Gespräch ist die weltweite Spionage der NSA, der National Security Agency der USA, der Englischen Spionage und der Deutschen Geheimdienste.

In den deutschen Medien, vor allem in der Presse, ist die Empörung groß. Die Bundesregierung tat zunächst ahnungslos, rückte dann wie üblich mit diesem und jenem Geständnis heraus. Die SPD möchte ein Wahlkampfthema daraus machen. Die Regierung blockt und will davon nichts wissen. Beides ist ziemlich billig.

Die Bedeutung des Themas geht weit über einen Wahlkampf hinaus. Es geht darum, ob die Demokratie die Bezeichnung Demokratie wirklich verdient oder nicht. Es geht darum, ob das Volk regiert mit den Institutionen, die es für das Regieren bestimmt hat, oder ob die Regierungen machen, was sie oder die hinter ihnen wirkenden Lobbys wollen – unter dem Mäntelchen Demokratie.

Herr Schily sagt klipp und klar: „In einem demokratischen Rechtsstaat spionieren Geheimdienste keine Bürger aus, sondern dienen der Gefahrenabwehr.“ Zynischer geht es kaum.

Wir müssen die Wörter nur ein wenig umsortieren, um zu begreifen, was gemeint ist. Wenn Geheimndienste eines demokratischen Rechtsstaats die Bürger ausspionieren, dann spionieren sie in Wirklichkeit gar nicht – sie schützen die Bürger, fragt sich nur: vor was?

Und wer sagt, wovor die Bürger geschützt werden müssen? Wer hat das Recht, darüber zu verfügen?  Die Geheimdienste selbst doch wohl nicht. Sollten sie es tun, dann handeln sie gegen Grundrechte, die in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben sind.

Wenn wir den Verpflichtungen unserer Verfassung folgen, dürfen Geheimdienste, Nachrichtendienste, Spionagedienste nur im Auftrag der Regierung arbeiten. Diese Aufträge sind vom Parlament, vom Bundestag zu prüfen und zu genehmigen. Was genehmigt oder abgelehnt werden soll, ist öffentlich zu diskutieren. Geheimniskrämerei in diesem geheimnisvollen Bereich ist Gift, das die Demokratie zumindest beeinträchtigen, vielleicht sogar lähmen kann.

Natürlich ist diese Betrachtung zwar nicht gerade kindlich, aber doch sehr einfach. Das soll sie auf jeden Fall sein, damit jeder die Probleme versteht. Eine populistische Vereinfachung ist es nicht.

Von dieser Einfachheit sind die politischen Dispute, sind die Berichte und Kommentare der Medien weit entfernt. Außerdem, und das ist noch viel schlimmer, scheint sich kaum ein Bürger für das Probleme wirklich zu interessieren. Es ist so abstrakt, und anscheinend kann sich kaum jemand vorstellen, was es bedeuten kann, unter ständigem Generalverdacht zu leben. Jeder Deutsche ein potentieller Verbrecher? So kann man das sehen. Aber wer die Welt so sieht, sprengt die Welt in die Luft. Ein Zusammenleben ohne Vertrauen ist die Hölle.

Ach, wenn es doch so einfach wäre! Aber es ist so einfach. Wir brauchen uns nur nach unserer Verfassung zu richten, und die gibt jedem von uns die Freiheit, von der Demokratie lebt. Heute nennt man das informationelle Selbstbestimmung.

Klar, dass mit diesem Wortmonster keiner etwas anfangen kann, dass sich kaum jemand betroffen fühlt. Deshalb ist es an der Zeit, das scheinbar Komplizierte in ein paar einfachen Sätzen auszusprechen, vielleicht so: Jeder hat ein Recht auf Privatleben. Darin hat niemand herumzuschnüffeln, auch der Staat nicht. Das gilt, solange wir uns an die Regeln unserer Verfassung halten.  Dieses Recht müssen wir verteidigen.

Scheinbar sieht das auch die Bundeskanzlerin so; denn sie sagt, dass in unserer Bundesrepublik unser Recht gilt und kein anderes. Aber das sagt sie nur. Sie handelt nicht danach. Dabei ist sie dazu verpflichtet. Sie lässt zu, dass die Spionagedienste der Freunde unserer Republik jeden von uns unter die Lupe nehmen, wenn es ihnen wichtig und richtig erscheint. Ich denke, das ist Pflichtvergessenheit.

Ich spioniere, du spionierst… wir spionieren. Angeblich das zweitälteste Gewerbe der Welt. Klar, jeder will wissen, was der Andere denkt. Und wenn der es nicht sagt, dann spioniert man eben. Klare Spielregeln also. Aber das Ausspionieren der eigenen Bürger durch andere Staaten gestatten? Das geht zu weit.

Aber es sind doch unsere Freunde, die das machen, denen wir es gestatten. So ein Unsinn! Freunde in der internationalen Politik gibt es nicht, Verbündete ja. Wie haben wir hier Barak Obama angehimmelt – noch sentimentaler als wir scheinen mir nur die Russen zu sein – und haben dabei vergessen, dass er der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist und der muss sich für die USA einsetzen, nicht für uns.

Irgendwann hört die Freundschaft auf, manchmal fängt sie gar nicht erst an, auch wenn es so aussieht.  Auf jeden Fall ist das in der Politik so. Genau genommen, hatte Freundschaft da nie einen Platz. Gemeinsame Interessen sind keine Freundschaft, auch wenn wir uns das so gern einreden oder einreden lassen.

Jeder spioniere so gut er kann. Aber der Staat, der seine eigenen Bürger von anderen Staaten ausspionieren lässt. ist unanständig.

04. 08. 2013

Die Sprache bringt es an den Tag, nicht die Sonne

Wie weit ist doch die Wirklichkeit von der wirklichen Wirklichkeit entfernt! Klingt doof? Na gut, dann sage ich es anders.

Wie abgehoben, wie welt- und menschenfremd Politikerinnen sein können (Politiker auch), beweist Frau Nahles – SPD-Generalsekretärin bei der Vorstellung der SPD-Plakate für die Bundestagswahl. „Wir wollen echt wirken“, sagt sie und  will damit erklären, weshalb nicht der Spitzenkandidat gezeigt wird, sondern „echte Menschen“.

„Wir wollen echt wirken“. Im Klartext: „Wir sind gar nicht echt. Wir tun nur so. Und was wir sagen, muss man uns nicht glauben.“

Liebe Frau Nahles, das wollten sie wahrscheinlich gar nicht sagen. Aber sie haben es gesagt. So jedenfalls hat es Markus Feldenkirchen auf Seite 17  in der SPIEGEL-Ausgabe 32 vom 5. 8. 13 geschrieben.

Noch einmal: „Wir wollen echt wirken.“ Echt sein wäre wahrscheinlich etwas schwieriger. Die Sache mit dem Sein und dem Schein war noch nie einfach. Daran scheint sich nichts zu ändern. So gesehen, befindet sich Frau Nahles in bester Gesellschaft.

 05. 08. 2013