Sonntag, November 25, 2012

Sprachschlampereien

Wir sehen es jeden Tag: Da wurde beim Schreiben mal wieder nicht aufgepasst, es wurde geschlampt. Mal sind es Flüchtigkeitsfehler, mal scheint die Dummheit im Spiel zu sein.

Als ich neulich aufräumte, fand ich Beispiele, die ich schon vor beinahe 20 Jahre notierte. Sie sind immer noch lesenswert.

Der STERN schrieb „promt“ statt „prompt“. Das war vermutlich ein Tipfehler. JOURNAL FÜR DIE FRAU notierte anstelle von „ausgeschwemmt“ „ausge-schwämmt“, vermutlich kein Tipfehler, sondern – na ja.

Der Bäcker backt, der Maler malt, aber „der Fliesenleger fließt“ – so FOCUS Seite 264, Ausgabe vom 14. 09. 1998. Das dürfte schon etwas mit Dummheit zu tun haben wie die Mitteilung der BADISCHEN ZEITUNG: „Wer viel ließt, ist schlauer.“

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt am 17. 09. 1998 unter der Überschrift „Brüssel blockiert Mailänder Flughafen „diskrimminieren“ und „Diskrimminierung“.
Jedes Mal ein m zuviel. Anscheinend hält die SÜDDEUTSCHE das für richtig.

Es wäre billig, den Schreibern ihre Flüchtigkeitsfehler unter die Nase zu reiben. Wenn einem der Termin im Nacken sitzt, dann passieren solche Fehler. Jeder Redakteur kennt das. Da muss Nachsicht geübt werden – auch aus einem anderen Grund.

Selbst wenn wir einen Text noch einmal lesen, den wir gerade geschrieben haben, ist die Gefahr groß, dass wir Fehler übersehen. Woran liegt das? Wir lesen nicht das, was auf dem Bildschirm des Computers steht, sondern das, was wir schreiben wollten. Deshalb entdecken wir die Fehler anderer viel zuverlässiger als unser eigenen.

Früher hatte man in den Redaktionen Korrektoren. Die lasen Buchstabne für Buchstaben, Wort für Wort und Zeile für Zeile, bevor ein Text in Druck ging und merzten (nicht märzten) die Fehler aus – nicht alle, aber so gut wie alle. Heute gibt es dafür Computerprogramme. Sie sind offenbar nicht ganz so zuverlässig wie die Herren Korrektoren.

Donnerstag, November 22, 2012

Betrachtungen eines Sensibelchen

Ja, ich gebe es zu: Ich bin ein Sensibelchen, was Gebrauch und Missbrauch unserer Sprache angeht. Da bin ich überempfindlich, nehme schnell übel, kann mich furchtbar aufregen, hebe immer wieder mahnend den Zeigefinger – ach, eine Kette ohne Ende.

Nicht selten wird meinen kritischen Anmerkungen entgegen gehalten: Sprache ist etwas Lebendiges, sie ändert sich ständig: Wörter werden seltener oder gar nicht mehr benutzt, geraten sogar in Vergessenheit, andere tauchen auf, sind zunächst ungewohnt, und machen doch Sinn.  Das sehe ich auch so.

Was mich stört, ist die zunehmende Gedankenlosigkeit, die um sich greifende Faulheit, nach dem treffenden Wort zu suchen. Focus ist seit geraumer Zeit eines der Wörter, die andere, genauere Wörter beiseite schieben. wie zum Beispiel Mittelpunkt, Schwerpunkt, besondere Aufmerksamkeit… Wir konzentrieren uns auch nicht mehr auf etwas, sondern wir fokussieren uns, sind auf irgendetwas fokussiert. Wörter wie Fokus machen unsere Sprache ärmer.

So geht es auch mit dem Wörtchen sensibel. Gemeint ist ursprünglich: empfindlich,
empfindsam, verletzlich, verwundbar. Wenn wir auf etwas sensibel reagieren, dann
reagieren wir einfühlsam.

Diese ursprüngliche und doch auch heute noch gültige Bedeutung geht zumindest im journalistischen Alltag weitgehend verloren. Ein kleines Beispiel:

„Es geht um sensible Daten von Nutzern“ ist zu lesen. Daten können nicht sensibel sein. Worum also geht es? Es dreht sich um vertrauliche, persönliche, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Daten. Könnte man doch so sagen und schreiben, oder?

Zugegeben, man müsste vielleicht einen Augenblick nachdenken. Fehlt die Zeit dafür oder nur der gute Wille? Ich gestehe: Das ist eine sehr „sensible“ Frage.

PS: Neuestes Focus-Beispiel, Deutschlandfunk, Programmübersicht 22. 11. 2012: "Wie man die Täter von Stalken abbringt, lag nicht im Focus." Wo, um Himmels Willen, hat das Problem denn dann gelegen? Doch hoffentlich nicht im "Lok..!" 

Dienstag, November 20, 2012

Sind die Kirchen des Teufels?

Fast könnte man es glauben. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat die Kirchen zum Teufel gejagt. Da sitzen sie nun und leiden wahrscheinlich Höllenqualen.

Sie müssen sich verhalten wie andere Arbeitgeber auch. Ihre Mitarbeiter dürfen streiken, auch wenn die Kirchen das für unchristlich halten.  Und nicht nur das: Gewerkschaften dürfen auch ein Wörtchen mitreden. Demokratie in der Kirchenwelt, dort, wo es weh tut.

Aber wenn sich die Kirchen so unchristlich verhalten wie weltlich orientierte Unternehmen, dann sollen sie wirklich keine Sonderrechte in Anspruch nehmen. Damit könnte jetzt Schluss sein.

Nein, das Bundesarbeitsgericht hat die Kirchen nicht wirklich zum Teufel gejagt. Es hat nur festgestellt. Wenn Kirchen mehr und mehr dazu übergehen, wie Unterneh-men zu wirtschaften, sollten sie auch bereit sein, sich wie solche behandeln zu lassen. Das klingt doch vernünftig, oder?

Montag, November 19, 2012

Der große Schwindel

Ich will nicht ungerecht sein. Vielleicht ist es auch der große Selbstbetrug. Vielleicht reden wir uns selbst alles schön. Ich fürchte aber, es wird auf den großen Schwindel hinauslaufen. Wir werden an der Nase herumgeführt.

Da „ringen“ die Parteien um den Mindestlohn. Der soll erstens der geleisteten Arbeit entsprechen, zweitens so viel Geld bringen, dass man davon ohne besondere Ansprüche, aber mit Anstand, davon leben kann – ohne Unterstützung vor irgend-einer Seite. Für ein auskömmliches, wenn auch bescheidenes, Leben soll die Rente sorgen, in die Arbeitsjahr für Arbeitsjahr eingezahlt wird.

Was passiert? Die einen sind dagegen, weil der Mindestlohn die Unternehmen rui-nieren würde, sagen sie. Die anderen sind dafür, weil sie der Ruin der Unternehmen nicht interessiert, wird behauptet. So einfach ist das und so falsch.

Die Wirklichkeit sieht anders aus, und zwar so:

Ein Unternehmen zahlt Hungerlöhne, von denen niemand leben kann und macht genau deshalb Gewinn. Gut für den Arbeitgeber, schlecht für die Arbeitnehmer. Das sieht natürlich nicht gut aus, ist es auch nicht.

Da mischt sich dann unser Sozialstaat ein und sagt, das würde man denken: so geht das nicht. Und tatsächlich. Genau das sagt unser Sozialstaat.  Dann ist doch alles in Ordnung, oder? Zu früh Hurra geschrieen!

Unser Staat subventioniert unfähige Unternehmen, unfähige Unternehmer. Er müsste sagen: Wenn du nicht in der Lage bist, die Leistung deines Unternehmens zu einem angemessenem Preis zu verkaufen, dann verschwinde vom Markt. Mach dich aus dem Staub.

Ach du liebe Güte! Das geht doch gar nicht. Dann würden doch so und so viele Arbeitsplätze wegfallen. Quatsch.  Das Unternehmen, der Unternehmer, die würden wegfallen, zu leistende Arbeit bliebe. Und die Arbeitnehmer würden zugreifen und arbeiten – für einen Lohn, von dem sie leben können.

Auf den Punkt gebracht:

Unser Sozialstaat traut sich nicht. Lieber subventioniert er die vielen unfähigen Unternehmer. Das kostet Milliarden. Daraus wird nicht mal ein Geheimnis gemacht. Es wird nur so dargestellt, dass niemand diesen Riesenschwindel begreift.

Das ist ja der Gipfel, könnte man sagen. Aber es ist noch schlimmer. „Im Bundestag werden Schreibkräfte, die als Leiharbeiter beschäftigt sind, teilweise zu Niedrig-löhnen beschäftigt. Sie verdienen laut ARD-Magazin „Report Mainz“ so wenig, dass sie ihren Verdienst auf Hartz-IV-Niveau aufstocken müssen.“ (Dumping-Löhne für Schreibkräfte im Bundestag – Spiegel-Online, 13. November 2012, 15:55 Uhr.)

Empörend, aber kein Einzelfall. In Hamburg haben stadteigene Unternehmen Zeitarbeitsfirmen gegründet und dort für Hungerlöhne arbeiten lassen. Die Versuche, das zu unterbinden, scheinen mir halbherzig zu sein.

Wir, wir, wir – wir alle zahlen für diesen Irrsinn! Der Staat zahlt die Zuschüsse? Ja, aber wer ist denn denn Staat? Das sind doch wir. Wir zahlen. Das heißt: Uns wird das Geld  abgenommen, ohne dass wir gefragt werden. Wenn ich das nicht
Schwindel ist! 

Soziale Kompetenz

„Zur Bildung gehört auch viel soziale Kompetenz“, sagte vor einigen Tagen Jörg Pilawa, einer der vielen TV-Moderatoren. Ach ja, dachte ich, was heißt das? Was ist soziale Kompetenz?

Das hat Herr Pilawa nicht gesagt, vielleicht, weil er es selbst nicht wusste. Deshalb musste ich mir ganz allein zusammenreimen, was soziale Kompetenz ist, oder sein kann, oder sein soll.

Ich bin zu einem ganz einfachen Ergebnis gekommen: Gemeint ist die Fähigkeit, mit anderen Menschen umgehen zu können,  mit ihnen zu reden, ihnen zuzuhören und so mit ihnen zurechtzukommen. Nur so lässt sich ein vernünftiges Zusammenleben
erreichen. Ich weiß, das ist die Grundform, und man kann das alles bestimmt viel besser ausdrücken. Aber für den Augenblick soll das genügen.

Das mit der Kompetenz wäre nun erst mal geklärt. Aber was hat es mit der Bildung – in diesem Zusammenhang – auf sich?  Lesen, schreiben rechnen können? Gehört wohl dazu. Ein paar Geschichtskenntnisse, ein wenig Geographie, von allem etwas, was die Schule zu vermitteln versucht? So ungefähr wird das wohl sein mit der Bildung. Nur so lässt sich der Begriff Bildungsbürger erklären.

Beides gehört zusammen, sagt Herr Pilawa, und ich stimme ihm zu. Und doch schien mir irgendetwas zu fehlen.

Das, was fehlte, begegnete mir durch einen glücklichen Zufall in einer Gardinen-predigt von Doris Schröder-Köpf, die sie vor Jahren den Eltern hielt: „Pflichtbe-wusstsein, Fleiß, Aufrichtigkeit, Hilfsbereitschaft, Verlässlichkeit, Anstand, richtiges Benehmen“ seien keine konservativen Klischees, sondern Tugenden und Werte.

So also verhält es sich mit Bildung und sozialer Kompetenz. Beides ist uns nicht in die Wiege gelegt; wir müssen es lernen. Und wer bringt es den Kindern bei? Wenn nicht die Eltern, dann niemand. Auf die Schule sollte die Kunst des Zusammenlebens nicht abgeschoben werden. Helfen kann sie natürlich allemal.


Der große Schwindel - Fortsetzung


Ach ja, wir subventionieren die Unternehmen, die nicht bereit sind für die Leistungen ihrer Mitarbeiter einen angemessenen Lohn zu zahlen. Minijobs,
aufstocken, das sind so die Stichworte.

Auch der (noch nicht) betroffene „kleine Mann“ ist empört, und nicht nur er.
Die politischen Parteien ergreifen seine Partei, sind ganz auf seiner Seite und ganz und gar nicht einverstanden mit dieser Praxis. Das wurde lauthals von allen verkündet, die neulich der Erhöhung des monatlichen Minientgelts von 400,00 € auf 450,00 € im Bundestag zustimmten.

Dumm ist nur, dass alle Parteien nur so tun als ob. Tatsächlich beschäftigen auch sie Minijobber -  DIE LINKE 67, DIE GRÜNEN 43, DIE SPD 163 und die UNION 486.
Das verschlägt einem fast die Sprache. Aber noch werden solche Gemeinheiten, wird diese Doppelmoral zu Sprache gebracht. Hoffentlich laut genug. Diesmal war es
SPIEGEL ONLINE. (18. 11. 2012)

Ein ähnliches Thema ist die Frauenquote. Ich gebe zu, es ist schwierig zu entscheiden, ob das eine gute Idee ist. In Norwegen scheint das zu klappen. Und gegen mehr fähige Frauen in den Unternehmensspitzen – wer sollte etwas dagegen haben? Und trotzdem: Welche Frau möchte eine Quotenfrau sein? In dieser Frage steckt das Problem.

Empörend ist etwas ganz anderes. Wir haben da einen „Equal Pay Day“, die Forderung, für gleiche Arbeit den gleichen Lohn zu zahlen – ob Mann oder Frau. Zumindest bei uns in Deutschland kann davon nicht die Rede sein.

Alle reden davon. Keiner setzt sich dafür wirklich ein. Keine Partei, keine Gewerk-schaft, einfach niemand. Auch hier werden wir wieder beschwindelt, und das ist milde ausgedrückt.

Geiz ist ... - nein, nicht geil, sondern teuer

Auf das Teure kommen wir gleich. Zunächst einmal macht Geiz blind und dumm. Das haben die Krankenkassen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Bayer kürzlich bewiesen. Wieso die Krankenkassen?

Seit Jahren wird empfohlen, sich im Herbst gegen Grippe (Influenza) impfen zu lassen. Diese Empfehlung gilt nicht zuletzt Herrschaften, die älter sind als sechzig.
Für sie könnte eine Influenza lebensbedrohlich werden. So werben Ärzte, Apotheken und Krankenkassen aus gutem Grund dafür, sich impfen zu lassen. Ein kleiner Piks kostet viel weniger als die Behandlung einer Influenza. Aber natürlich kosten viele Pikse dann doch eine ganze Menge.

Da kamen die Krankenkassen dreier Bundesländer auf die Idee, eine Ausschreibung zu machen. Der billigste Anbieter sollte einen Exklusivauftrag erhalten. So wurde das dann auch gemach. Der Names des Pharmaherstellers tut hier nichts zur Sache und muss deshalb nicht erwähnt werden.

Dummerweise ist bei der Produktion des Impfstoffs ein Fehler aufgetreten. Der Impfstoff konnte deshalb nicht ausgeliefert werden. Das wäre zu riskant gewesen, zu riskant für die Patienten.

Das Ende vom Lied: zig tausende müssen jetzt darauf vertrauen, dass sie unbeschadet durch die Influenza-Jahreszeit kommen. Wenn nicht, haben sie ein Problem und die Krankenkassen auch. Denn die Behandlung einer Influenza ist teurer als der kleine Piks.

PS: Die besagten Krankenkassen sind nicht allein die Dummen. Toyota ruft gerade
(November 2012) 2,7 Millionen Autos in die Werkstätten wegen eines gravierenden Fehlers. Die Erklärung: „In der Autoindustrie grassiert der Sparwahn“ (Spiegel Online, 14. 11. 2012). Egal, wie viele Modelle ein Hersteller auf die Produktions-
bänder schickt, Hauptsache möglichst viele Einzelteile sind in allen Modellen identisch. Das spart Geld. Das führt aber auch dazu, dass auf einmal die verschie-densten Modellreihen betroffen sind. Der Aufwand hierfür hat schon eine halbe Milliarde Euro erreicht. Geiz macht arm.


Anscheinend scheinbar

Die Überschrift hätte auch „Scheinbar anscheinend“ heißen können. Beide Wörter – anscheinend und scheinbar – meinen etwas völlig anderes und werden doch ständig verwechselt.

„Scheinbar haben wir es hier mit Landesverrat zu tun“, sagt, dass der Schein trügt; es geht um alles Mögliche, nur nicht um Landesverrat.

„Anscheinend haben wir es hier mit Landesverrat zu tun“, sagt, dass es sich darum handeln könne, aber sicher sei das nicht, eher eine Vermutung.

Klare Verhältnisse, sollte man meinen. Trotzdem findet die Verwechslung täglich statt, überall. Da hilft nur eins: Genau hinsehen, Schein und sein nicht verwechseln!

Eine Tür weiter gibt es ein anderes Sprachproblem. Da geht es um „fähig“ und „geeignet“.

Wer über bestimmte Fähigkeiten verfügt, könnte auch für bestimmt Aufgaben geeignet sein. Das klingt einleuchtend und erklärt vielleicht, warum „fähig“ und „geeignet“ so oft falsch angewendet werden.

Da ist – um nur ein Beispiel zu nennen – von einem verhandlungsfähigen Gesetz-entwurf die Rede.  Das ist der reine Quatsch. Eine Sache kann nicht fähig sein. Man kann über einen Gesetzentwurf sprechen, kann verhandeln, kann streiten, kann versuchen, zu einem Ergebnis zu kommen, das alle billigen können. Aber mehr geht nicht. Fähig wird der Entwurf nicht werden. Möglicherweise eignet er sich für eine
gemeinsam zu vertretende Lösung.

„Schnell ist die Jugend mit dem Wort“ heißt es. Diesen Vorzug der Jugend scheinen ältere Politikherrschaften für sich in Anspruch zu nehmen: Fähig oder geeignet? Ist doch egal. Mach nicht so ein Gedöns.

Wer hat Schuld?

„Wohin steuern die Grünen?“ fragte dieser Tage eine Tageszeitung. Das war kurz vor dem Bundesparteitag und ganz kurz nach der Urwahl, in der Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckhardt als Spitzenduo für den Bundestagswahlkampf 2013 gewählt wurden. Die Nerv-Queen Claudia Roth bekam da, wie sie selbst sagte, eine richtige Klatsche. Inzwischen ist die Sache wieder gut (candy-storm), und Frau Roth bleibt Fraktionsvorsitzende.

Alles das mag wichtig sein, aber hauptsächlich wohl doch nur für die 60.000 Parteimitglieder der Grünen.  Die Frage, wohin die Grünen steuern, bekam keine
Antwort.

Nun gut. Politik ist langweilig. Interessant sind die Menschen, die Politik machen. Aber ein bisschen mehr Inhalt und weniger Fassade, das wäre doch auch ganz schön. Vielleicht kümmern wir uns darum in Zukunft ein wenig mehr. Das könnte allen gut tun.

Mittwoch, November 14, 2012

Verantwortung


Als ich heute die neue ZEIT-Ausgabe zum zweiten Mal durchging – sie kam mit Rücksicht auf die US-Präsidentenwahl mit einem Tag Verspätung – als ich dieses las und jenes überblätterte, fesselte mich das Foto eines kleinen peruanischen Schul-mädchens.

Das Mädchen sah mich so glücklich und so stolz und so zuversichtlich an, dass ich erfahren wollte, was es so glücklich, so stolz und so zuversichtlich macht. Also habe ich den Text zum Bild gelesen. Eine tolle Geschichte. Da sammeln kleine Schulmäd-chen ihr Taschengeld und geben es auf ein Sparkonto. Und was wollen sie damit machen? Sie wollen damit später ihr Studium finanzieren. So viel Vertrauen in die Zukunft! So viel Vertrauen überhaupt. So viel kindliches Vertrauen.

Und da sah ich wieder, was mich immer wieder berührt: Die gläubigen Blicke, die Kinder auf ihre Mama und ihren Papa richten – und manchmal auch an fremde Menschen. Das ist überall zu sehen. Man muss nur hinschauen.

Der Gedankensprung von diesem Vertrauen zu einem ganz anderen Begriff ist nicht so weit, wie er zunächst aussieht: Verantwortung.

Kein Kind hat sich diese Welt ausgesucht; es wurde hineingeboren, es konnte nicht nein sagen. In ihrer Hilflosigkeit dürfen wir die Kinder nicht allein lassen. Wir dürfen ihr Vertrauen, das sie uns entgegen bringen, nicht enttäuschen.

Wir sind verantwortlich dafür, dass sie nicht nur in unseren Armen Schutz finden, dass sie nicht nur in Liebe groß werden, sondern dass wir ihnen eine Welt übergeben, in der sie Kinderglück weitergeben können. Das ist unsere Verantwortung.


Geister-Writer

In einem Deutschlandfunkbeitrag setzt sich der Autor Michael Böhm mit dem Angebot von Ghostwritern auseinander, die die Ausarbeitung von wissenschaft-
lichen Texten anbieten – bis hin zu Promotionsarbeiten. Der Autor stellt zwei Fragen: „Wo fängt akademisches Ghostwriting an und wo hört es auf?“ Und: „Ist es tatsächlich eine illegale Praxis?“ Die zweite Frage erklärt er mit dem Hinweis, dass auch Politiker sich Reden von Ghostwritern schreiben lassen.

Ich sehe die Sache so: Ghostwriting im akademischen Bereich ist illegal, ist Betrug. Schließlich wird hier eine selbständige wissenschaftliche Arbeit verlangt. Selbständig!
Davon kann keine Rede sein, wenn sich jemand seine Doktorarbeit schreiben – denken und schreiben – lässt. Das Angebot der „wissenschaftlichen Ghostwriter“ finde ich unanständig. Noch unanständiger finde ich allerdings die Annahme eines solchen Angebots.

Zur zweiten Frage: Nur vergleichsweise wenige Politiker sind mitreißende, überzeu-gende Redner. Dazu gehört eine Begabung, die vielen fehlt. Diese Schwäche wird dann ausgeglichen durch die Fähigkeiten eines Ghostwriters. Ist das illegal, vielleicht sogar Betrug? Nein, das sehe ich nicht so.

Dabei unterstelle ich Folgendes: Der Politiker notiert seine Gedanken und beauftragt seinen Ghostwriter, sie in Form zu bringen, überzeugend zu formulieren. Anschließend wird sich der Politiker das Manuskript ansehen und vielleicht einiges ändern. Auf jeden Fall wird er prüfen, ob seine Überlegungen hier wirklich so wie-dergegeben sind, wie er sie gemeint hat. Das finde ich in Ordnung, auch, wenn ich meine Texte lieber selbst schreibe.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Politiker sagt: „Ich muss da was zu dem und dem Thema sagen – schreiben Sie mal was. Ob das auch passiert? Das wäre dann wohl genau so illegal wie eine fremdgeschriebene Doktorarbeit.

Es gibt übrigens noch einen anderen, harmloseren Bereich des Ghost-Writings: die Autobiographien, die Erlebnisse und Geständnisse von allen möglichen Menschen, die sich für bedeutend halten oder sogar ein bisschen bedeutend sind. Ich muss gestehen, dass ich diese Bücher nicht lese. Aber ich staune schon bei der Ankün-digung oder den Rezensionen über die Sprachgewandtheit der Autoren. Vor der Buchveröffentlichung haben sie sich auf diesem Gebiet nicht durch eine besondere Leistung hervor getan. Und auf einmal können sie ein Buch schreiben. Es gibt eben doch noch Wunder.

Da hat Bettina Wulff eine erstaunliche Ausnahme gemacht. Sie hat ihre Co-Autorin Nicole Maibaum in ihrem Buch „Jenseits des Protokolls“ genannt. Das, finde ich, ist ein feiner Zug. Genau so, wie immer öfter in Büchern ausländischer Autoren die Übersetzer genannt werden.

Freitag, November 09, 2012

Um den Verstand gebracht

Es ist so schwer zu verstehen. Was ist so schwer zu verstehen? Na, das, was der Verstand uns beibringen will. Kannst du mir das erklären? Ich will es versuchen.

Wir sollen vernünftig sein. Wir sollen 5 und 5 zu 10 zusammenzählen können. Können wir, hilft aber nicht weiter.

Vernunft ist, wie wir uns die Welt vorstellen sollen: Da geht alles den Gang, den sich irgendwer ausgedacht hat. (Niemand kennt den „Irgendwer“.)

Nun sehen wir jeden Tag, dass es so nicht geht. Mit Vernunft lässt sich nicht viel erreichen. Gibt es da vielleicht eine andere Möglichkeit? Geht es vielleicht mit Gefühl?

Die Wahl von Barak Obama vor vier Jahren spricht dafür. Da waren Hoffnungen, da waren Wünsche, die in vieler Hinsicht Farbe in die USA brachten. Willi Brandt war so ein Beispiel. Selbst bei Dr. Angelika Merkel, dieser spröden, geht es um Gefühle.
Nicht um ihre, sondern um die, die ihr entgegengebracht werden.  Sie wird gefühlt – mehrheitlich – als die Mutti der Nation.


Ist unsere Regierung unfähig?

Diese Frage ist verständlich, aber falsch. Die richtige Frage heißt: Ist unsere Regierung verantwortungslos? Beide Fragen, die falsche wie die richtige, sind mit ja zu beantworten. Die Regierung Merkel ist unfähig und verantwortungslos. Schlimmer kann es nicht kommen.

Die Kungelei „Herdprämie“ gegen den Verzicht auf die Praxisgebühr wird Milliarden kosten, die wir nicht haben. Das heißt: Neue Schulden. Das wird dann Konsens und Demokratie genannt.

Kritiker nennen das Wahlgeschenke. Sind wir denn wirklich so doof, das nicht zu begreifen? Was uns da geschenkt wird, zahlen wir doch hinterher doppelt und dreifach. Was heißt da Geschenk?

Der SPIEGEL regt sich in seiner neuen Ausgabe über den „Amerikanischen Patienten“ auf, die große Nation im Niedergang. Abgehakt. Aber wie sieht es bei uns aus? Marode Straßen und Autobahnen haben wir bei uns auch. Die Sanierung der
A 7 südlich der Elbbrücken soll dringend erforderlich sein, aber bis 2030 dauern.

SPIEGEL, SPIEGEL in der Hand, kümmre dich ums eigene Land!

Donnerstag, November 08, 2012

Entwicklungsgeschichte

Als ich ein kleiner Junge… - nein, ich will Erich Kästner hier nicht zitieren. Ich will notieren, was ich erlebte,  natürlich nur einen klitzekleinen Teil meiner Erlebnisse.

Als ich zu Ostern 1938 stolz zum ersten Mal zur 13. Volksschule in Berlin-Lichter-felde ging,  befand sich in meinem Tornister eine Schiefertafel. Sie hatte einen Holzrahmen und auf der Tafel selbst waren Linien eingezeichnet, auf denen ich Buchstaben einritzen sollte. Das wusste ich aber noch gar nicht. Ich sollte ja erst anfangen zu lernen.

An der Tafel war eine dünne Schnur befestigt. An ihrem Ende hing ein kleines Schwämmchen. Und dieses Schwämmchen baumelte aus meinem Tornister. Jeder konnte sehen, dass ich gut ausgerüstet war.

Ich kann mich nicht erinnern, ob das Schwämmchen auch angefeuchtet war. Das musste nämlich sein, damit man das auf die Tafel Gekritzelte auch wieder aus-
wischen konnte, um dann etwas Neues hinzu zu kritzeln.

So ähnlich war das auch auf den großen schwarzen Tafel hinter dem Katheder des Lehrers. Da schrieb man mit weicher Kreide. Abgewischt werden musste aber auch mit einem feuchten Schwamm.

Erinnern kann ich mich daran, dass das Kritzeln auf der Schiefertafel den Ohren weh tat. Anschließend schrieben wir auf Papier, das auch die notwendigen Hilfslinien für eine gut lesbare Handschrift hatte.

Wir schrieben mit Redis-Federn, von denen es verschiedene Ausführungen gab. Für uns war wahrscheinlich eine ganz bestimmte vorgesehen. War es die Nummer 7?

Wir tunkten unsere Redis-Feder in ein Tintenfass, das in unserem Schultisch einge-lassen war und kratzten damit über das Papier. Ja, wir kratzten. Es war aber nicht mehr ganz so schlimm wie das Kratzen auf der Schiefertafel.

Wir schrieben aber nicht nur mit der in die Tinte getunkten Redis-Feder. Wir schrieben auch mit dem Bleistift. Der kratzte zwar nicht übers Papier, aber manchmal brach seine Spitze ab. Dieses Malheur ließ sich schnell mit einem Blei-stiftanspitzer heilen. Und wenn man keinen Anspitzer hatte, tat es auch ein scharfes Messer. Es war nicht schwierig, sich aus der Patsche zu helfen.

Wer sich bis hierher durchgelesen hat, wird sich spätestens jetzt fragen: Worauf will der denn hinaus? Was will er wirklich sagen? Gibt es überhaupt einen Grund, auf die Steinzeit zurückzugreifen? (Schiefer gehört zu den Steinen?)

Ja, es gibt einen Grund. Mein Drucker druckt nicht mehr. Ich habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt (der Himmel war mein intelligenter IT-Berater, die Hölle war der Hersteller meines Druckers. Weder Himmel noch Hölle haben geholfen).

Kein Wunder, dass mir da meine Schiefertafel einfiel mitsamt ihrem Schwämmchen zum Löschen. (Auch damals galt schon: gelöscht ist gelöscht – unwiderruflich. Man-ches hat sich nicht geändert.) Aber so einfach ist die Welt nicht mehr.

Es hat mindestens eine Stunde gebraucht, bis ich dem Druckerhersteller das Desaster schildern konnte. Leider habe ich meinen Bachelor in IT-Wissenschaft noch nicht gemacht. Ob ich eine Antwort bekomme? Und wenn ja, eine hilfreiche?
Das weiß ich noch nicht.

Ich weiß nicht, wie sich die Dinge entwickeln werden. Das macht die Sache so spannend. Man muss nicht alles wissen, was kommt. Es wird so sein wie früher: Gibt es ein Problem? Dann löse es. Löse es selbst.

Ausbeutung

Die Eierschale, die unsere kleine Erde zusammenhält, ist noch dünner als die des Kuckucks- oder des Hühnereis. Trotzdem bohren wir darin herum wie andere Leute in der Nase.

Bei den Poplern ist das unanständig. Beim Bohren in unserer Erdkruste ist das gefährlich, unanständig sowieso.

Auch das Letzte soll noch aus der Eierschale herausgepresst werden. Mit Hochdruck und mit Gift, das wir nie mehr los werden. Fracking heißt das Verfahren. Fragen Sie mal, was Fracking heißt, fragen Sie es quer Beet.

Fragen Sie die Schüler ohne Schulabschluss. Fragen Sie die regulären Schulabgänger. Fragen Sie sich hinauf bis die Spitze der Intelligenz. Kaum jemand wird die richtige Antwort geben. Manche können es nicht, andere wollen es nicht.

Müssen wir uns damit abgeben?

Mittwoch, November 07, 2012

Prioritär

Ist das nicht ein wunderschönes und vor allem beeindruckendes Wort? Wer auf sich hält, führt es ständig im Munde, wie es so heißt. Wenn uns jemand fragt, was wir gern zum Frühstück hätten, dann sagen wir wie aus der Pistole geschossen: „Prioritär hätte ich gern ein Müsli mit wenig Zucker.“

Es ist noch gar nicht so lange her, da hätten wir gesagt: „Am liebsten ein Müsli mit wenig Zucker.“ Aber die Zeiten sind vorbei. Was vorrangig ist, was wichtig ist, was vor allen anderen Dingen zu regeln ist, das ist – prioritär. Da verschlägt es einem doch glatt die Sprache.

Themenwechsel: Späße, die sich unsere Sprache erlaubt.

Unterhalten heißt,  mit jemandem zu sprechen. Unterhalten heißt aber auch, für jemanden zu sorgen. Die Tuwörter (so lernte man das 1938 in der 13. Volksschule in Berlin-Lichterfelde) unterschieden sich aber sehr deutlich – und das tun sie auch heute noch – von den Hauptwörtern: Unterhaltung und Unterhalt.

Dass Mark Twain unsere Sprache für „unmöglich“ hielt, ist gut zu verstehen. Aber wir sind ja nicht Mark Twain.

Dienstag, November 06, 2012

Quote, Quote über alles...

Politikerinnen und Politiker unserer Republik regen sich immer wieder über das Thema auf, wie viele Frauen man denn nun endlich den Unternehmen für ihre Führungspositionen verordnen soll.

In Norwegen sollen schon ganz viele Frauen ganz oben in den Unternehmen sitzen, im Aufsichtsrat und in der Geschäftsleitung. Seit das so ist, sollen diese Unterneh-men besonders erfolgreich sein. Ich kann das nicht prüfen, aber ich gehe davon aus,
dass das stimmt.

Ich weiß aber noch etwas anderes nicht. Ich weiß nicht, ob es in Norwegen gerechter zugeht als in unserer Republik. Ich vermute, dass die norwegischen Frauen für ein und dieselbe Tätigkeit auch ein und denselben Lohn erhalten. Das würde vieles erklären.

So gerecht. wie es nach dem Grundgesetz sein müsste, geht es in unserer Republik nicht zu. Frauen erhalten für ihre Arbeit so gut wie immer weniger Geld als Männer – für die gleiche Arbeit, die gleiche Leistung. Das Deutsche Institut für Wirtschafts-
forschung (DIW) hat die Unterschiede in 69 Positionen aufgelistet. Ein Skandal!
Stimmt das mit dem Grundgesetz unserer Republik überein? Ich glaube, nicht.

Das Getöse um die Quotenregelung – ist sie nicht verlogen? Ich fürchte, ja. Keine Partei, keine Gewerkschaft, wirklich niemand, traut sich, das Kind beim Namen zu nennen: Weg mit der ungerechten Bezahlung. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – ob Mann oder Frau.

Das Quotenproblem hat sich dann ganz schnell erledigt.

PS: Welche tüchtige Frau möchte sich durch eine Quotenregelung als Quoten-
königin diskredidiert sehen?

Wissensdurst

Seit einiger Zeit wird auf Herrn Steinbrück rumgehackt, weil er in kurzer Zeit anderthalb bis zwei Millionen € mit seinen Reden verdient hat. Honorar für eine Rede beispielsweise 25.000,00 €. Jetzt hat man entdeckt, dass auch Herr Gauck, bevor er Bundespräsident wurde, von den Bochumer Stadtwerken für einen Vortrag 25.000,00 € erhalten hat.

Na und? kann ich da nur sagen. Das sind doch peanuts im Vergleich zu Honoraren, die andere Politiker, Politiker der Weltklasse wie Clinton & Co, kassieren. Ich habe daran immer noch nichts auszusetzen. Auch hier gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Und doch habe ich das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmt. 

Es ist eine ganz einfache Frage, die sich mir in den Nacken gesetzt hat und Antwort verlangt: Sind die Reden das Geld wert? Im Augenblick weiß ich es nicht. Ich will versuchen, das herauszufinden.

Am besten wäre es, wenn ich den Wortlaut der verschiedenen Rede kennte und nicht nur den Titel. Dann könnte ich feststellen, ob sich der Redner in das ihm gestellte Thema wirklich vertieft hat. Hat er das, und hat er das gründlich getan, dann dürfte sein Honorar gerechtfertigt sein.

Vielleicht hat er aber auch mit Versatzstücken gearbeitet, hat das schon einmal Verkaufte noch einmal verkauft, hat sich selbst plagiiert. So reisen Schausteller durch die Lande, und der Erfolg sei ihnen gegönnt. Aber Politiker sind doch keine Schau-steller, höchsten Schauspieler.

Nachdem ich meine Leser und mich selbst auf die Folter gespannt habe: Die Honorare sind nicht so wichtig. Wichtiger sind die Inhalte.  Der Vergleich von 5,
10 oder auch 20 Vorträgen von Herrn X oder Frau Y würde zeigen, dass ehrlich gedacht und gesprochen wurde, oder ob wir es hier mit eine Massenredenhaltung zu tun haben. Die bringt zwar viel Geld wie die Massentierhaltung, ist aber genauso unanständig.

Langer Schreibe kurzer Sinn: Herr Steinbrück sollte außer seinen Honoraren auch den Wortlaut seiner Vorträge bekannt geben. Dann wissen wir, ob er jedes Mal neu gedacht oder nur – ohne Quellenangabe – kopiert hat. Kopien müssten billiger sein als das Original.

Aber es ist eben alles eine Frage von Angebot und Nachfrage. „Große Namen“ schmücken ungemein. Welcher Stadt- und Politiktkämmerer könnte da schon widerstehen?

Sonntag, November 04, 2012

Von Sinnen

War das nicht eine Dame, die vor längerer Zeit im Fernsehen auftrat, oder im Funk oder sonst wo in der Öffentlichkeit? Sie scheint in Vergessenheit geraten zu sein, aber ich erinnerte mich jetzt an sie.

Ich hatte wirklich nichts im Sinn mit Frau von Sinnen. Ich stolperte über das Wort Sinnfreiheit und dachte: was ist denn das? Und das erste Wort, das mir einfiel, war Unsinn. Wenn etwas frei von Sinn ist, wenn es sinnlos ist, dann ist es unsinnig, dann ist es Unsinn.

Ich muss zugeben, dass Sinnfreiheit nicht so direkt klingt, nicht so brutal wie Unsinn. Damit sind wir schon wieder bei der Political Correctnes – oder? Ich fürchte, ja. Bloß nicht anecken, bloß lieb sein, bloß nichts sagen, was Anstoß erregen könnte!
Dass sich auch gegensätzliche Auffassungen höflich und ohne zu verletzen besprechen lassen, ist anscheinend in Vergessenheit geraten.

Kleiner Nachklapper: Das Schöne an unserer Sprache ist ihre Lebendigkeit, der Erfindungsreichtum. So gesehen, hat Sinnfreiheit doch einen Platz neben Unsinn.


Freitag, November 02, 2012

Zurück, zurück, zurück - das ist die Zukunft

In SPIEGEL ONLINE ist heute, am 1. November 2012, zu lesen, dass Russland die Totalüberwachung  im Internet startet – per Gesetz. Die da oben, das heißt, ihre Knechte, können alles lesen, und sie werden es tun. Und sie werden es denen da oben dienstbeflissen mitteilen: Dienst ist Dienst und Pflicht ist Pflicht.

Aus allem, was ich schreibe, kann mir ein Strick gedreht werden. Das ist nicht neu. Das war schon immer so. Die Diktaturen lassen grüßen.

Kann ich mich dagegen wehren? Nee, denke ich im ersten Augenblick, dagegen ist kein Kraut gewachsen. Wirklich nicht?

Wie wäre es, wenn ich wieder wirkliche Briefe schriebe, so mit Umschlag und Briefmarke? Natürlich könnten auch die kontrolliert werden. Aber dafür brauchte man zigtausende Kontrolleure. Wäre das eine Möglichkeit?

Das wäre etwas, das man heute mit asymmetrischem Krieg bezeichnet, beklagt.: Die ordentlichen Streitkräfte kommen mit den unordentlichen nicht zurecht. Das kann man gut finden oder auch schlecht. Es kommt darauf an, auf welcher Seite man steht. Hauptsache: auf der richtigen.

Stein auf Stein, auf Steinbrück

Egal, wer in welchem Glashaus sitzt: mit Steinen schmeißen macht Spaß. Folglich splittert und kracht es überall.  Normalfall also.

So sah ich anfangs die Sache auch. Die über eine Million EURO, die er sich in den
letzten Jahren zusammengeredet hat, werden ihm angekreidet. Klar, bei so viel Geld kommt Neid auf. Bei einem Sozi ist das geradezu unanständig.

Steinbrück macht etwas sehr Vernünftiges, was zugleich ungewöhnlich ist: Er lässt alles, was er sich in den letzten Jahren erredet hat, prüfen und veröffentlichen.  Und macht natürlich auch etwas Gemeines. Er möchte, dass alle anderen Bundestagsab-
geordneten das auch tun. Machen sie natürlich nicht. Die Nebeneinkünfte werden weiter vernebelt, nur etwas feiner.

Nun lese ich heute, 01. 11. 2012, in SPIEGEL ONLINE, dass die Stadtwerke Bochum für einen Steinbrück-Vortrag am 26. 11. 2011 25.000,00 € gezahlt haben. Jetzt streitet man sich, ob Herr Steinbrück diesen Betrag hätte spenden müssen – angeblich so vereinbart, angeblich nicht vereinbart. Das ist das Übliche, und es interessiert mich nicht.

Ich frage mich nur eins: Kann ein Mensch so klug sein, dass das, was er in einem kurzen Vortrag zum Besten gibt, 25.000,00 € wert ist? Das glaube ich nicht. Das halte ich für Unfug.

Aber gesetzt den Fall, das wäre so. Was haben denn die Menschen, die diesem klugen Herrn Steinbrück zugehört haben, was haben diese Menschen aus seiner Weisheit gemacht? So viel ich sehe: nichts.

Nichts gegen Herrn Steinbrück – in diesem Fall. Nichts gegen seine Honorare.
Alles gegen die Dummen, die jedes Wort glauben, wenn es von „oben“ kommt.
(Herr Steinbrück hat sicherlich oben hinter einem Rednerpult gestanden – das „oben“ ist also nur räumlich gemeint.)

Donnerstag, November 01, 2012

Einpeitscher

Huch, was ist das denn für ein Wort? Habe ich noch nie gehört. Klingt so nach Galeere und den Kerlen, die mit der Peitsche den Takt angaben.

Na ja, ich kannte das Wort schon, lag in einer Schublade, die ich seit Ewigkeiten nicht aufgemacht hatte. Und dann kam Siegfried Lenz mit seinem Amerikanischen Tagebuch 1962. Da taucht auf irgendeiner Seite das Wort Einpeitscher auf, leider habe ich mir die Seite nicht gemerkt. Es ging um eine Sportveranstaltung.

Da habe ich gemerkt, wie sich englische Begriffe so schwer auf unser Deutsch legen, dass uns die eigenen Wörter nicht mehr einfallen.

Heute heißen die Einpeitscher Cheer leaders, sind junge Mädchen, die ihre eigene Mannschaft anfeuern – mit allem Brimborium, wozu junge Mädchen fähig sind.


Ein ungerechtes Urteil

Sprache und Schreibe der Beamten, der Angestellten im Öffentlichen Dienst - Sprache und Schreibe der Juristen aller Couleur – die Mehrheit der Manager nicht ausgenommen – schrecklich! So hölzern, so umständlich, so einfallslos. Über die Gründe zu sprechen, wäre ein anderes Thema.

Hier geht es darum, ein ungerechtes Urteil, ein Vorurteil, zu entkräften. Dazu muss ein ganz klein wenig weiter ausgeholt werden.

Nach einem Bericht im heutigen Hamburger Abendblatt (01. 11. 2012) hat eine Frau unmittelbar vor den Grindelhochhäusern – in einem wohnt sie – ein kleines Stückchen „öffentliches Grün“, auf dem nur Brennesseln wuchsen, zu einem bunten Gärtchen umgestaltet. Darüber freuen sich heute alle, auch die, die anfangs dagegen waren.

Ja und? Wo ist die Pointe? Die lieferte ein Mitarbeiter der Bezirksverwaltung. Der Herr war mit den guten Taten der guten Frau überhaupt nicht einverstanden. Sein Argument: Hier geht es um eine nicht vorgesehene VERKLEINGÄRTNERUNG.

Das muss einem erst mal einfallen. Wenn das nicht kreativ ist! Ein Verwaltungs-
angestellter als Wortschöpfer. Wer hätte das gedacht.