Montag, April 30, 2012

Equal Pay Day oder Speak You English?

Eigentlich ist schon alles egal, aber „equal“ heißt ja gar nicht „egal“, sondern gleich. Aber wer weiß das schon? Die meisten Deutschen können ja nicht mal richtig Deutsch (gewunken). Und nun auch noch so viel Englisch bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit. Da haben wir den Equal Pay Day. Mit diesem Tag soll die Forderung bekräftigt werden, dass gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werden soll: Zeitarbeiter sollen für ihre Arbeit genauso viel bekommen wie fest angestellte. Da gibt es den Girls Day. Ist der nicht inzwischen zu einem Girls and Boys Day zusammengefasst worden ? Egal. Es geht darum, Mädels und Jungs auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten. So habe ich das jedenfalls verstanden. So geht das stundenlang weiter. Neulich sah ich in einer Anzeige das Wort Townhäuser. Wenn mir dieses für mich neue Wort nicht im lmmobilienteil einer Zeitung begegnet wäre, hätte ich es für einen Schreibfehler gehalten und vermutet, man hätte Tannhäuser gemeint, diese unsägliche Wagner-Oper. Weit gefehlt! Aber Backshop ist genauso blödsinnig. Eigentlich müsste es sich um einen Hinterhofladen handeln. Gemeint ist aber ein Laden, in dem industriell gefertigte Rohlinge zu Brötchen gebacken werden. Back kommt hier also nicht von back, sondern von backen. Aber selbst im reinrassigen Deutsch geht es hoch her, allerdings auf denkbar niedrigem Niveau. Da ist von Stadthäusern die Rede (siehe Town-Häuser), von Stadtvillen, von Landhäusern, von Residenzen – nur das einfache Haus scheint es nicht mehr zu geben. Wie zu Lande, so zu Wasser beziehungsweise zwischendrin. Die Hamburger Hafenverwaltung wurde schon vor mehreren Jahren in Port Authority umgetauft. Geändert hat sich nichts: dieselbe Verbohrtheit, dieselbe Unbeweglichkeit, derselbe Entschluss, nicht über die eigene Kaimauer hinaus zu denken. Wie auch immer: Ob Port oder Hafen, ob Authority oder Verwaltung - die Hamburger sehen im Jade-Tiefwasserhafen nur Konkurrenz und keine Chance. Sie wollen die weitere Ausbaggerung der Elbe durchsetzen, obgleich sie das Geld dafür nicht haben (es geht um einige hundert Millionen und anschließend 100 Millionen jährlich für die regelmäßig notwendige Nachbaggerung.) Aber sie werden es schon menetschen. Diese Schreibweise nicht ungewöhnlicher als „ausgesourct“ - stand dieser Tage im Hamburger Abendblatt, wenn ich mich nicht irre, in einem Leserbrief.

Mittwoch, April 25, 2012

Politik - der helle Wahnsinn

Ich hätte auch schreiben können: Der Hölle Wahnsinn. Wie ich darauf komme? Das Hamburger Abendblatt, Ausgabe vom 21./22. April 2012, Seite 4, ist schuld daran. Auf einer ganzen Seite beschreibt die Zeitung „Eine Woche im Leben des Abgeordneten Kahrs“. Einleitend schreibt das Hamburger Abendblatt: „Parlamentarier sind in Berlin immer in Hektik und müssen daheim im Wahlkreis die Bürger bei Laune halten. Trotzdem werden sie oft als faul und machversessen verachtet. Warum tut man sich das an? Das Hamburger Abendblatt hat den Hamburger Politiker Johannes Kahrs begleitet.“ Das ist eine Einleitung, die neugierig macht und ein bisschen Mitleid mit unseren Parlamentariern hervor ruft. Wie wenig dieses Mitleid gerechtfertigt ist, zeigt folgender Textauszug: „Seit 1998 sitzt Kahrs im Bundestag. Da kennt man sich. Zudem ist Kahrs in exakt 50 Organisationen Mitglied; tritt er irgendwo neu ein, tritt er woanders aus. Kahrs ist Vorsitzender beim Technischen Hilfswerk Hamburg, Mitglied des FC St. Pauli und der Pfadfinder. In Berlin sitzt Kahrs im mächtigen Haushaltsausschuss, in dem sich nicht nur die SPD-Politiker duzen, sonder gleich alle Mitglieder. Er ist Stellvertreter im Verteidigungs- und Verkehrsausschuss, Sprecher des Seeheimer Kreises, des rechten Flügels in der SPD-Fraktion oder Beauftragter für Schwule und Lesben. Und Schatzmeister der Parlamentarischen Gesellschaft, was so viel ist wie ein Abgeordnetenklub, in dem sich Politiker zu Vier-Augen-Gesprächen treffen und Lobbyisten zu Häppchen-Terminen geladen werden.“ Ich denke, so viel muss sich ein Mann nicht antun. Wichtiger: So viel sollte uns ein Mann nicht antun! Aber was tut er uns denn an? Herr Kahrs führt uns hinters Licht, er belügt uns. Das alles, was er vorgibt, zu tun, kann ein einzelner Mann gar nicht tun. Das heißt: Er redet nur überall mit und tut nichts. Und wenn er etwas tut, dann wahrscheinlich das Falsche. Denn er hat ja keine Ahnung. Ich weiß, das klingt alles so verbittert, so voreingenommen, so negativ. Und doch stimmt es. Der folgende Text der Abendblattseite sagtg es klipp und klar, wenn auch vielleicht ganz ohne Absicht: „In die Schlagzeilen geriet Kahrs zuletzt in Zusammenhang mit dem Tod der elf Jahre alten Chantal. Sie hatte unter den Augen des Jugendamts im Bezirk Mitte das Methadon ihrer Pflegeeltern geschluckt. Kahrs trat nach 18 Jahren als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses der Bezirksversammlung zurück.“ Ein todtrauriger Beweis dafür, dass Herr Kahrs überall mitredete, von nichts eine Ahnung hatte und leichtfertig auf Kosten anderer sein Leben führte. Ich weiß nicht, ob das Hamburger Abendblatt Herrn Kahrs als besonders tüchtigen Volksvertreter vorstellen wollte. Wenn ja, ist das wohl nicht ganz gelungen. Wenn das Abendblatt die Gründe für die so weit verbreitete Politiker-Verdrossenheit zeigen wollte, dann ist das allerdings gelungen. Wenn es eine Möglichkeit gibt, Politiker wie Herrn Kahrs abzuwählen, dann sollten wir sie nutzen. 22. 04. 2012

Politikverdrossenheit ist Quatsch

Es geht um Politikerverdrossenheit. Einen überzeugenden Beweis dafür bringt das Hamburger Abendblatt in seiner Wochenendausgabe vom 21./22. April 2012. Kolumne „Die Woche im Rathaus“. Titel: „Experten werden erst gehört, wenn Entscheidungen längst gefallen sind.“ Rebecca Kresse, Redakteurin im Ressort Landespolitik, hat einen fabelhaften Beitrag geschrieben. Da steht klipp und klar, am Beispiel Hamburgs dargestellt, weshalb wir Politikern nicht (nichts) glauben. „Eine Stunde, 13 Minuten und 48 Sekunden – so lange debattierten am Mittwoch Parlamentarier in der Bürgerschaft über das Für und Wider der städtischen Minderheiten-Beteiligung an Hamburgs Versorgungsnetzen für Strom, Gas und Fernwärme. Am Ende gab es trotz aller Argumente genau das Abstimmungsergebnis, mit dem alle gerechnet hatten: Die SPD stimmte mit 62 Stimmen (volle Fraktions-stärke) für das eigene Konzept. An dieser Entscheidung konnten weder die Parlamentsdebatte noch die vorangegan-gene Expertenanhörung etwas ändern. Dabei hätte gerade die Expertenanhörung noch einmal alles ändern können. Zu eindeutig waren nach Ansicht von CDU, GAL, FDP und Linken die Warnungen der vor dem Ausschuss erschienenen Fachleute. Zu eindeutig ihr Votum gegen dike Verträge mit den Energieversorgern. Wenn all das am Ende nicht zählt, drängt sich die Frage auf. wozu das Ganze überhaupt? Sind Expertenanhörungen überflüssig?“ Ja, sie sind überflüssig. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Kai Voet van Vormizeele bringt es auf den Punkt: „Das ist eigentlich alles nur Show. Die Meinungsbildungsprozesse finden vorher statt.“ (Dass er hier als gelackmeierter Oppositionspolitiker spricht, tut hier nichts zur Sache; seine Partei hätte genau so gehandelt, wie in diesem Fall die SPD.) Um es kurz zu machen: Nicht die Politik macht uns verdrossen, sondern die, die Politik machen: die Politiker. Am besten, wir würden sie abschaffen. Aber dann? Dann müssten wir ja selbst das tun, was die Politiker zu unserem Verdruss tun. Und was würden wir dann machen? Jede Wette: genau dasselbe!