Donnerstag, Juli 30, 2009

Hülsenfrüchte, wörtlich genommen

Erbsen, Bohnen, Linsen – die wirklich wichtigen Hülsenfrüchte sind heute die Worthülsen.

„Es geht um die Existenz unseres Unternehmens“, sagte zu Beginn des Meetings der „nicht gelernte“ CEO. CEO lernt man nicht. CEO wird man. Ob das an den Genen oder ganz einfach an funktionierenden Netzwerken liegt, sei dahingestellt.

Auf jeden Fall müssen gelernte Ingenieure, gelernte Psychologen, gelernte Back-Office-Managerinnen und überhaupt alle Gelernten nun zeigen, was sie gelernt haben.

„Es geht um die Existenz unseres Unternehmens“, sagte der CEO und fügte hinzu:

Deshalb habe ich einen „runden Tisch“ einberufen.“

Nun gut. Der Tisch war nicht rund. Aber das war ja auch nur sinnbildlich gemeint wie so vieles, z. B. die Demut der Crash-Banker und Crash-Politiker. Nein, ehrlich gemeint war diese Demut nicht. Aber so wird Eckiges rund geredet.

Wichtig ist, dass wir Lösungen „generieren“. Das sollte uns nicht schwer fallen, denn heute wird ja so gut wie alles generiert.

Irgendjemand hob schüchtern den Zeigefinger, und als ihm das Wort erteilt wurde, fragte er: „Werden wir auch „authentisch“ sein?“ „Selbstverständlich ist unsere Authentizität sichergestellt“, die Antwort. Verstanden hat das niemand.

Deshalb hier die Übersetzung der Frage: „Wird man uns das glauben, werden wir glaubwürdig sein?“ Aber wer traut sich schon, so genau zu fragen? Und wer traut sich, darauf eine ganz einfache Antwort zu geben?

Was sich hier andeutet, ist tagtägliche Wirklichkeit. Da sagt ein offenbar hoch intelligenter Manager, dass er sein Leben jetzt „irgendwie authentischer“ findet. „Irgendwie“. Also, so genau weiß er das auch nicht. Und was er mit authentisch meint? – Fragezeichen.

Damit aber nicht genug. „Ich stehe jetzt in einem viel weiteren Kontext als früher“, sagt der Manager. Was er da wohl gemeint hat? Vielleicht dies: “Ich lerne viel mehr Menschen kennen, ganz unterschiedliche Menschen. Ich mache viele neue Erfahrungen.“

Dienstag, Juli 28, 2009

Errichten und betreiben

Vorgestern kritisierte ich eine Hamburger Abendblatt-Redakteurin, weil sie schrieb,

dass irgendjemand irgendwann in Ostpreußen einen Kanal errichtet hätte (der heute noch befahrbar ist). Ich merkte an, dass man Gebäude errichtet, aber keine Kanäle.

Wie ich heute sehe, muss man nicht alles so genau nehmen. Im „KulturSPIEGEL“, Augustausgabe, ist zu lesen „Sie betreibt ihr eigenes Label in Berlin“ (die Rede ist von Sabrina Dehoff).

Kann man ein Label betreiben? Kann man einen Zettel, ein Etikett, eine Kennzeichnung, eine Signatur betreiben? (Alles das und noch viel mehr verbirgt sich hinter dem englischen Label.) Nein, das kann man nicht.

Nun ist es noch gar nicht so lange her, da sprach man in der Mode- und Werbeindustrie nicht von Label, sondern von Marke. So treudeutsch wie das klingt, war das gar nicht; denn die englische Entsprechung heißt Brand.

Dass die Begriffe Marke und Brand nicht mehr „in“ sind, ist nicht weiter schlimm. Schlimm ist nur, dass man ein Label, eine Marke also, nicht betreiben kann, sondern führen muss.

Im aktuellen Fall hätte es wohl heißen müssen: „Sie führt ihr Unternehmen in Berlin“ und nicht „sie betreibt ihr eigenes Label in Berlin“. Wieso auch „ihr eigenes“? Das Wörtschen „eigenes“ ist überflüssig.

Sonntag, Juli 26, 2009

Up and down

Rauf und runter. Upgrading ist heraufstufen. Downgrading ist herunterstufen. Und ein Ranking ist eine Rangfolge. Alles ganz einfach, nicht wahr? Was macht die englischen Wörter beliebter als die deutschen? Angeberei?

Warum wird ein schlüsselloses Startsystem eines Autos „Keyless Go Stystem“ genannt? Noch unverständlicher, nein, komischer, sind die Bezeichnungen für das einstellbare Fahrwerk: „Comfort" verständlich), „Sport“ (verständlich), „Intelligenz“ (großes Fragezeichen!). Sind die beiden anderen Programme weniger intelligent, sind sie dumm?

Nun ist das sowieso so eine Sache mit intelligenten Programmen. Sind sie das überhaupt? Können Programme, können Sachen intelligent sein? Ich glaube, nicht.

Das soll uns nur eingeredet werden. Und was dabei heraus kommt, konnte ich heute in der Augustausgabe von „manager magazin“ lesen. Viele der sogenannten Assistenzsysteme nerven und werden als Entmündigung empfunden.

Der Spurhalte-Assistent meldet sich auch dann, wenn es keinen Sinn macht. Der „Totwinkelwarner“ macht durch aufgeregtes Blinken und Kreischen verrückt (ein rechtzeitiger Blick in den Rückspiegel wäre genau so gut, aber weniger aufregend). Ein Programm erkennt vorgeschriebene Tempolimits, was der Fahrer auch ohne Assistenten kann.

Der Fahrer fühlt sich entmündigt. Zum Schluss verlässt er sich auf Systeme, die vermutlich nicht zuverlässiger sind als er selbst. Das entmündigt nicht nur, sondern verführt auch zu Leichtfertigkeit, zumindest zu Gedankenlosigkeit.

Gedankenlosigkeit – ein passendes Stichwort. Schreibt doch eine Hamburger Abendblatt-Redakteurin in der aktuellen Wochenendausgabe, dass irgendwann irgendwo in Ostpreußen ein Kanal errichtet wurde. Gebäude werden errichtet, aber nicht Kanäle. Meine Befürchtung: Keine Gedankenlosigkeit, sondern Dummheit.

Mit welchem Recht verlangen wir eigentlich, dass Migranten unsere Sprache beherrschen sollen? Nicht mal unsere Zeitungsschreiber können es.

Ergebnisoffen und ergebnisoffen

Ich hasse dieses Wort. Dafür habe ich mindestens zwei Gründe. Der erste Grund:

Man will uns damit klar machen, wie unvoreingenommen, wie ehrlich man an eine Sache herangeht. Beispiel: „Wir werden dieses Thema ergebnisoffen diskutieren.“

Was heißt das? Wenn eine Sache diskutiert wird, dann gibt es offensichtlich unter-schiedliche Ansichten, und es steht noch nicht fest, welche Ansicht die richtige ist. Folglich sollte jede Diskussion zunächst „ergebnisoffen“ sein. Man diskutiert ja, um zu einem Ergebnis zu gelangen.

Warum also „ergebnisoffen“? Weil es so gut klingt, weil damit guter Wille ausgedrückt wird? Politiker-Schwurbelei und nichts weiter. Das erinnert mich wieder an das Unwort „zeitnah“, mit dem „so bald wie möglich“ gemeint ist.

Zu meiner Überraschung habe ich am 24. Juli im Hamburger Abendblatt die korrek-te Anwendung des Wörtchens „ergebnisoffen“ entdeckt.

Da ist in einem Bericht über die atomare Katastrophen-Asse die Rede von ergebnis-offener Prüfung. Geprüft werden sollen mehrere Möglichkeiten, die Probleme in den Griff zu bekommen. Und da man die Ergebnisse der Prüfung noch nicht kennt, trifft „ergebnisoffen“ zu. Allerdings wäre dieses Wörtchen hier gar nicht nötig: Es gibt mehrere Möglichkeiten, die geprüft werden sollen, und so lange ist das Ergebnis der Prüfung offen. Na bitte!

Dienstag, Juli 21, 2009

Schwarz oder rot

Am 27. September wird mit der Bundestagswahl entschieden, wer gewinnt: Schwarz oder Rot. Eigentlich ist das ziemlich langweilig; denn es ist ganz egal, wer das Rennen macht. Oder kann mir jemand den Unterschied zwischen einer Schwarzen Null und einer Roten Null erklären?

Das Hamburger Abendblatt notiert am 21. 07. 2009 auf der Titelseite unter „Hamburgs Firmen fassen wieder Mut“: „Das Wirtschaftsministerium hält sogar eine ‚schwarze Null’ für möglich.“

Vielleicht hat das alles doch etwas mit Politik zu tun; denn der Wirtschaftsminister zu Guttenberg ist ja CSU-Mitglied, also nach der politischen Farbenlehre schwarz

Tunnelblick

Unter Tunnelblick versteht man im Allgemeinen eine Einschränkung des Gesichtsfeldes durch eingeschränkte Wahrnehmung, beispielsweise durch Alkoholeinwirkung.

Diese Erklärung lässt vermuten, dass viele Unternehmer, Manager, Wirtschaftsweise und Politiker zurzeit stark alkoholisiert sind. Anders lässt sich kaum erklären, dass sie so oft davon reden, „Licht am Ende des Tunnels“ zu sehen (Ganz aktuell Hamburger Abendblatt, 21. 07. 2009: „Wir sehen ein schwaches Licht am Ende des Tunnels“, kommentierte die Handelskammer ihr jüngste Umfrage.

Sonntag, Juli 19, 2009

Eins zu Null für den Bleistift

Um eins von vornherein klarzustellen: Der Bleistift liegt in jedem Fall vorn. Das sagt schon das Alphabet: B kommt vor C. Vorauseilende Gerechtigkeit`Wahrscheinlich.

Mit dem Bleistift war und ist das so: Du schreibst, und die Mine nützt sich ab. Sie wird kürzer und stumpfer, und wenn du weiter leserlich schreiben willst, musst du deinen Bleistift anspitzen. Das geht – viel Geschick und Erfahrung vorausgesetzt – mit einem scharfen Messer. Besser eignet sich ein sogenannter Bleistiftanspitzer.

Manchmal bricht die Bleistiftmine auch ab. Das passiert immer wieder unverhofft, im falschen Augenblick. Da muss man wieder zu Messer oder Bleistiftanspitzer greifen. So ärgerlich das ist: die Sache bleibt überschaubar, und man weiß sofort, was zu tun ist.

Beim Computer ist das anders. Auch da bricht manchmal etwas ab, zum Beispiel die Fähigkeit zu schreiben. Eben noch hat die Tastatur jeden Buchstaben brav auf den Bildschirm gebracht, plötzlich rührt sich kein Buchstabe mehr.

Der erfahrene Computerbenutzer weiß sich zu helfen: Das System hat sich „aufgehängt“. Also. Neustart. Bringt aber nichts. Neuer Versuch. Siehe da, es geht wieder, aber nur drei Buchstaben.

Jetzt ist es so weit! Der Computer ist verseucht. Würmer, Trojaner – wer weiß, welche Ekeltypen noch – bevölkern deine bit&bite-Welt; du bist geliefert, du bist

verloren!

Alles Quatsch. Die Batterien deiner schnurlosen Tastatur, deines schnurlosen Keyboards, haben ihren Geist aufgegeben. Sie haben Jahre und Jahre gearbeitet ohne zu mucksen. Du wusstest gar nicht, dass es sie gibt. Aber nun waren sie am Ende wie die Mine deines Bleistifts. Aber du hast es nicht gesehen, hast es nicht sehen können.

Was lernt uns das? Schluss damit, dass wir uns dem Werkzeug anpassen müssen. Macht den Computer so einfach wie einen Bleistift!

Meine Damen und Herren, liebe Neger

Bundespräsident Heinrich Lübke war allem Anschein nach ein einfacher Mensch. Das ist kein Makel, eher das Gegenteil. Ob er den so fatal lächerlichen Satz gesprochen hat, ist strittig.

Aber selbst wenn: Was er sagen wollte, war klar, jeder konnte es verstehen. (Amused or not.)

Das sieht heute ganz anders aus. In der gerade beginnenden Auseinandersetzung zur Bundestagswahl 2009 am 27. September sprechen die „Grünen“ vom „Green New Deal“, und die SPD kontert mit „Green Recovery“. Da weiß natürlich jeder, was gemeint ist. Das ist genau so verständlich wie „Equal Pay Day“ (zu deutsch: „egal, was für den Tag gezahlt wird“ – oder ist etwas ganz anderes gemeint?).

Martin Luther hat dem Volk (also uns) aufs Maul geschaut und hat unsere Sprache gesprochen und geschrieben. Und jetzt? Sollen wir das Kauderwelsch unserer Politikerinnen und Politiker lernen?

Da zanken sich zwei Parteien, wer wessen Wahlkampfthemen geklaut hat. Das ist Kindergartenniveau und nicht wichtig.

Entscheidend ist, dass offenbar keine Partei die Sprache spricht, die der Souverain – ja, das sind wir, das Wahlvolk, leider nur alle 4 Jahre – versteht. Noch ein Grund mehr für so viele, nicht zur Wahl zu gehen.

Bocken im Zweiten

Nein, das „Bocken im Zweiten“ ist kein Schreibfehler. Es geht um die Bockigkeit der

ZDF Sportredaktion, genauer: Es geht um die Sendung „Boxen im Zweiten“. Noch genauer: Es geht um die Unfähigkeit, vielleicht auch Unwilligkeit des ZDF ein falsches

Wort gegen das richtige auszutauschen.

Aber nun zur Sache: Die ARD und das ZDF bringen abwechselnd sonnabends Box-reportagen. Im Rahmen des ganzen Brimboriums wird vor Kampfbeginn berichtet, wie viele Kämpfe die Boxer schon bestritten haben und mit welchem Ergebnis.

Diese Aufzählung bezeichneten beide TV-Sender als Kampfrekord – richtig deutsch ausgesprochen, so wie zum Beispiel Rekordleistung. Darauf aufmerksam gemacht, dass dies Unsinn ist, spricht die ARD nicht mehr von Kampfrekord, sondern von Kampfbilanz.

Die Sportredaktion des ZDF ist offensichtlich unbelehrbar; sie spricht immer noch vom Kampfrekord (zuletzt am 11. Juli). Jedenfalls hat sie auf drei Hinweise nicht reagiert. (Auch ein Rekord.)

Man mag auf dem Zweiten besser sehen. Besser hören können die Jungs und Mädels der ZDF Sportredaktion jedenfalls nicht. Schade!

Vermutlich haben sie auch zu dem Unfug von „gewunken“ anstelle von gewinkt beigetragen. Der DUDEN akzeptiert inzwischen auch „gewunken“ – ich nicht.

Wenn ich sage: „Er hat mir zugewunken“, dann müsste ich auch sagen: „Er wank mir zu.“ Aber das hat sich noch niemand getraut – bis heute. Mal sehen, was da noch auf uns zukommt. (Zum leichteren Verständnis: stinken, stank, gestunken / winken, wank gewunken.)

Zum Umgang mit der deutschen Sprache

Der STERN schreibt „promt“ statt „prompt“, JOURNAL FÜR DIE FRAU notiert anstelle von „ausgeschwemmt“ „ausgeschwämmt“. Das war bereits 1995.

Wir nähern und Schiller und Goethe, die auch schrieben wie sie lustig waren. In der Grammatik waren sie aber nicht so schlimm.

1997 schreibt der STERN „gewunken“. Gesagt wird das schon seit langem, im Funk, im Fernsehen, überall. Trotzdem ist es falsch und bleibt auch so. Es heißt „gewinkt“!

Winken, winkte, gewinkt – nicht winken, gewunken; denn dann müßte es ja „wank“ heißen: „Winken, wank, gewunken“ – wie „stinken, stank, gestunken“. 05.10.97

„ ... verschriftlicht wurden... „ Irgendwo, irgendwann Anfang 1998 gelesen: „verschriftlicht“

Gemeint war, daß etwas schriftlich festgehalten wurde. Na und? Da hat jemand etwas aufgeschrieben. Etwas, das geschehen war, hat er zu Papier gebracht. Er hat es festgehalten, damit es nicht verloren geht, damit man sich auch in Zukunft (später) daran erinnern kann. Verschriftlich klingt wie verformt, und so ist es wohl auch.

„...der Bäcker backt, der Maler malt und der Fliesenleger fließt...“ so in FOCUS, Seite 264, Ausgabe vom 14. 09. 98 zu lesen.

Die SÜDDEUTSCHE macht’s nicht besser, aber anders. Am 17. 09. 98 schreibt sie im Wirtschaftsteil unter der Headline „Brüssel blockiert Mailänder Flughafen“

„...diskrimminieren...“ und „Diskrimminierung“.

Die Wiederholung der m-Doppelung weist darauf hin, daß man es mit dieser Schreibweise ernst meint.

Zur Entwicklung unserer Sprache

Viele alte zutreffende Wörter sind durch neue, aber nicht bessere ersetzt worden; man hat sie verdrängt, und wer sich politisch korrekt ausdrücken will, benutzt die neuen.

Sicherlich ist dieses und jenes zumindest richtig.

So wird der Auszubildende ausgebildet, der Lehrling lernte. Was war so schlimm am Wort „Lehrling“? Den Gesellen gibt es ja immer noch und den Meister sowieso. Aus der Lehrzeit wurde die Ausbildungszeit. Gut, das ist hinzunehmen, auch wenn es nicht jedem gefällt.

Aus der Putzfrau wurde die Raumpflegerin. Das klingt irgendwie vornehmer. Aber abwertend, verachtend, war das Wort Putzfrau doch eigentlich nicht. Schließlich machen viele Hausfrauen auch heute noch ihren Frühjahrsputz, nicht aber eine Frühjahrspflege. Verächtlich allerdings ist es, wenn Damen der besseren Gesellschaft von ihrer Putze sprechen. Das ist wirklich herabsetzend. Aber in der Gefahr, vom hohen Roß zu fallen, leben hier die Damen der besseren Gesellschaft. Die Putze ist ja schon unten. Die Damen allerdings fallen noch tiefer.

Unsere Arbeitswelt ändert sich ständig. Berufe verschwinden, neue tauchen auf. Das ist ganz normal. Da kann es notwendig werden, neue Berufsbezeichnungen zu finden. Das ist richtig. Welchen Grund aber gibt es, alte Berufsbezeichnungen durch neue zu ersetzen, wenn sich an den Tätigkeiten nicht geändert hat?

Der Grund ist die sich immer weiter verbreitende Großmannssucht, die ihren Ausdruck in immer pompöseren Wörten sucht – und auch findet. Besonders anfällig dafür scheinen Politiker und ihre Gehilfen, die Funktionäre in Wirtschaft und Verwaltung zu sein.

Daß Politiker sich politisch korrekt verhalten wollen, wenigstens in dem, was sie sagen, ist verständlich. Dieses Bemühen führt zu den lächerlichsten Ergebnissen. So machten die Politiker, beziehungsweise ihre Gehilfen, aus dem Schiffbauer den Konstruktionsmechaniker. Welch ein Irrsinn! Unter einem Schiffbauer kann sich jedes Kind etwas vorstellen, der Konstruktionsmechaniker läßt wahrscheinlich sogar Helmut Schmidt, nach einer Umfrage der weiseste deutsche Mann, einigermaßen ratlos; auf die Tätigkeit eines Schiffbauer wird er vermutlich kaum kommen.

Irgendwelche Leute müssen die Berufsbezeichnung Schiffbauer als abwertend empfunden haben, so ähnlich wie die Bezeichnung Putzfrau. Woran mag das nur liegen? Vielleicht denken die Unworterfinder, daß sich der Weg vom Tellerwäscher zum Millionär verkürzen läßt, wenn sie aus dem Tellerwäscher einen Gedeckpfleger machen.

Offensichtlich kann alles nicht groß und gut und schön genug sein. Wie sonst wird heutzutage aus jeder popligen Technik eine Technologie gemacht? uawg.

14. April 2002

Leichtfertigkeit und ihre Folgen

Wie leichtfertig wir heute mit unserem Geld umgehen, zeigen besonders eindrucks-voll alle, die ihren Urlaub mit einem Kredit finanzieren. Das Geld ist noch nicht ver-dient, aber schon ausgegeben. Damit sind die Krediturlauber allerdings nicht allein.

Mit verführendem Beispiel geht ihnen die sogenannte Öffentliche Hand voran. Die Hand, die vermeintlich nur gibt, in Wirklichkeit aber nimmt. Versprochen wird, Gutes zu tun. Da freuen sich Max und Moritz, Hans und Franz, Hinz und Kunz. Alle freuen sich und keiner merkt, dass er die Zeche bezahlen muss. Das wird verschwie-gen.

Im Alltag liest sich das so:

Viele Bürger einer Stadt in Schleswig-Holstein ärgern sich darüber, dass die Stadt zwei „Stadttore“ angeschafft hat, zwei Stahlkonstruktionen, die manche Bürger als Galgen bezeichnen. Kosten: 150.000,00 €. Der Bürgermeister versteht die Aufre-gung nicht; denn die Stadttore werden ja im Wesentlichen durch das Land und den Bund finanziert.

Das ist ein überzeugendes Argument. Die Stadt zahlt nur einen Teil. Alles andere zahlen die Anderen (Land und Bund). Aber wer sind „die Anderen“? Sind das nicht auch die Bürger dieser Stadt?

So geht das weiter, ohne Punkt und Komma. Da freut sich ein Landtagsabgeordneter über mehr als 3,5 Millionen, die jetzt in die kommunale Infrastruktur fließen werden. Und woher kommen die Millionen? Nicht vom Land, nicht vom Bund, sondern von den Steuerzahlern. Das scheint sich kaum jemand klar zu machen.

Wir leben seit „Ewigkeiten“ über unsere Verhältnisse. Das gilt nicht für jeden von uns, aber für Kommunen, Länder und Bund allemal. seit Fritz Schäffer, dem einzigen Bundesfinanzminister, der rechtschaffen gewirtschaftet hat. Aus seinem Julius-Turm ist ein Schuld-, ein Schuldenturm geworden.

Aber was empfiehlt unser Landtagsabgeordneter? Die Kommunen sollen jetzt planen, was sie alles ausgeben wollen und wofür. Und dann die gewünschten Gelder beantragen.

Die Folgen sind verheerend. Wer kann schon der Versuchung widerstehen, Geld auszugeben, dass er selbst nicht aufbringen muss? Woher dieses Geld kommt, wurde schon gesagt. Aber das wird immer wieder verdrängt:

Die Zuschüsse, die die Kommunen bekommen, stammen nicht vom Land, nicht vom Bund, sondern vom Steuerzahler. Länder und Bund verwalten das Geld nur, und leider gehen sie damit sehr leichtfertig um.

Auf weitere Wiederholungen soll im Augenblick verzichtet werden, obgleich sie notwendig wären. Aber es scheint der berühmte Kampf mit den Windmühlenflügeln zu sein. Bundesrechnungshof und die entsprechenden Landesrechnungshöfe dürfen zwar auf die Sünden hinweisen, können aber niemanden zur Rechenschaft ziehen. Das wäre ja noch schöner. Wo kämen wir da auch hin?! Vielleicht zu der Haushalts-führung des Finanzministers Fritz Schäffer, der ein Guthaben erwirtschaftete für unvorhergesehene Fälle –sozusagen einen Notgroschen - und keine Schulden machte.

Vielleicht sollten alle unsere Finanzminister zu einem Schuldenberater gehen – wird ja überschuldeten Familien überall empfohlen. Im Zweifelsfall können sich die Fínanzminister an mich wenden. Ich lasse sie gern 100 mal schreiben: „Ich soll nicht mehr ausgeben als ich eingenommen habe.“

Wortmonster

Bei aller Zuneigung zu unserer Sprache, bei allem Respekt vor ihr: Manchmal möchte ich sie verfluchen. Sie setzt die unglaublichsten, die unfassbarsten, die räteslhaftesten

Wortgebilde in die Welt.

Eins davon fiel mir vor einigen Tagen auf, weil es genau so viele Buchstaben enthält wie unser ganzes Alphabet: Zukunftsinvestitionsgesetz.

Da haben Politikjuristen eine ganze kleine Gedankenwelt in ein Wortmonster gepresst. Da staunt der Leser und fragt sich, was damit gemeint sein könnte.

Sollen Investitionen in die Zukunft gesetzlich geregelt werden? Was soll erlaubt, was gefördert, was verboten werden? Und was für Investitionen sollen das sein? Und wie wird gefördert? Und wer fördert? Und wer bezahlt? Nichts von dem macht das Wortmonster klar. Ein Versehen? Absicht? Unfähigkeit?

Vorschlag: Nehmt das Wortmonster auseinander. Sagt mit ein paar kurzen Worten , was gemeint ist – auch wenn es noch ein paar mehr Buchstaben kostet.

Kommuniktion soll Rätsel lösen und nicht Rätsel aufgeben.

Montag, Juli 13, 2009

Eins zu Null für den Bleistift

Um eins von vornherein klarzustellen: Der Bleistift liegt in jedem Fall vorn. Das sagt schon das Alphabet: B kommt vor C. Vorauseilende Gerechtigkeit`Wahrscheinlich.

Mit dem Bleistift war und ist das so: Du schreibst, und die Mine nützt sich ab. Sie wird kürzer und stumpfer, und wenn du weiter leserlich schreiben willst, musst du deinen Bleistift anspitzen. Das geht – viel Geschick und Erfahrung vorausgesetzt – mit einem scharfen Messer. Besser eignet sich ein sogenannter Bleistiftanspitzer.

Manchmal bricht die Bleistiftmine auch ab. Das passiert immer wieder unverhofft, im falschen Augenblick. Da muss man wieder zu Messer oder Bleistiftanspitzer greifen. So ärgerlich das ist: die Sache bleibt überschaubar, und man weiß sofort, was zu tun ist.

Beim Computer ist das anders. Auch da bricht manchmal etwas ab, zum Beispiel die Fähigkeit zu schreiben. Eben noch hat die Tastatur jeden Buchstaben brav auf den Bildschirm gebracht, plötzlich rührt sich kein Buchstabe mehr.

Der erfahrene Computerbenutzer weiß sich zu helfen: Das System hat sich „aufgehängt“. Also. Neustart. Bringt aber nichts. Neuer Versuch. Siehe da, es geht wieder, aber nur drei Buchstaben.

Jetzt ist es so weit! Der Computer ist verseucht. Würmer, Trojaner – wer weiß, welche Ekeltypen noch – bevölkern deine bit&bite-Welt; du bist geliefert, du bist

verloren!

Alles Quatsch. Die Batterien deiner schnurlosen Tastatur, deines schnurlosen Keyboards, haben ihren Geist aufgegeben. Sie haben Jahre und Jahre gearbeitet ohne zu mucksen. Du wusstest gar nicht, dass es sie gibt. Aber nun waren sie am Ende wie die Mine deines Bleistifts. Aber du hast es nicht gesehen, hast es nicht sehen können.

Was lernt uns das? Schluss damit, dass wir uns dem Werkzeug anpassen müssen. Macht den Computer so einfach wie einen Bleistift!

Samstag, Juli 11, 2009

"Meine Damen und Herren, liebe Neger"

Bundespräsident Heinrich Lübke war allem Anschein nach ein einfacher Mensch. Das ist kein Makel, eher das Gegenteil. Ob er den so fatal lächerlichen Satz gesprochen hat, ist strittig.

Aber selbst wenn: Was er sagen wollte, war klar, jeder konnte es verstehen. (Amused or not.)

Das sieht heute ganz anders aus. In der gerade beginnenden Auseinandersetzung zur Bundestagswahl 2009 am 27. September sprechen die „Grünen“ vom „Green New Deal“, und die SPD kontert mit „Green Recovery“. Da weiß natürlich jeder, was gemeint ist. Das ist genau so verständlich wie „Equal Pay Day“ (zu deutsch: „egal, was für den Tag gezahlt wird“ – oder ist etwas ganz anderes gemeint?).

Martin Luther hat dem Volk (also uns) aufs Maul geschaut und hat unsere Sprache gesprochen und geschrieben. Und jetzt? Sollen wir das Kauderwelsch unserer Politikerinnen und Politiker lernen?

Da zanken sich zwei Parteien, wer wessen Wahlkampfthemen geklaut hat. Das ist Kindergartenniveau und nicht wichtig.

Entscheidend ist, dass offenbar keine Partei die Sprache spricht, die der Souverain – ja, das sind wir, das Wahlvolk, leider nur alle 4 Jahre – versteht. Noch ein Grund mehr für so viele, nicht zur Wahl zu gehen.

Heute schon gedeckelt? Wenn ja, nach oben oder nach unten?

Ganz gleich, welche Zeitung, welcher Fernseh- oder Rundfunksender – überall muss sensibilisiert werden (wer auch immer für was auch immer), immer wieder werden Zeitfenster geöffnet oder geschlossen, alles muss zeitnah geschehen (nicht sofort, gleich, so bald wie möglich – nein: zeitnah!), und die Schritte in die richtige Richtung sind zumeist nicht nachzuvollziehen. Billige Wortmünze überall!

Das ist zum Weinen und zum Lachen zugleich. Was komisch klingt, ist oft gar nicht komisch; denn es ist ernst gemeint (siehe Hamburger Abendblatt 11./12. Juli 2009).

Da ist zu lesen: Die Summe wird nach oben gedeckelt.“

Klar, der Deckel gehört immer auf den Topf und nicht darunter. Nach unten kann man ja nichts deckeln. Wie schön wäre es gewesen zu schreiben „Die Summe wird begrenzt“ (nicht mal „nach oben“ wäre nötig). Aber gut: „Die Summe wird nach oben begrenzt“ ginge ja auch noch.

Bleibt im Augenblick nur zu sagen: Geben wir den Sprachschluderern immer wieder eins auf den Deckel. Sie haben es verdient.

Freitag, Juli 10, 2009

Der Duden. Oder die doppelte Buchführung

Als ich lesen und schreiben lernte, herrschte der Duden über richtig und falsch. Das ist lange her.

Nicht alles, was der Duden befahl, leuchtete ein, aber er gab eine Richtlinie, an der man sich orientieren konnte. Natürlich war das sehr diktatorisch: Der Duden schrieb vor, wie man zu schreiben hatte.

Ich weiß nicht, was Goethe und Schiller dazu gesagt hätten. Wahrscheinlich nichts. Sie hätten weiter geschrieben wie gewohnt, nach eigener Rechtschreibung. Auch das ist lange her.

Irgendwann haben sich dann die Zeiten geändert. Nein, nicht die Zeiten, sondern die Ansichten.

Als ich in der Schule Aufsätze schreiben musste, kam es nicht nur auf den Inhalt an, sondern auch auf die Form, die Grammatik. Man konnte sich die schönste Schilde-rung durch zu viele Fehler in der Rechtschreibung vermasseln. Wie weit der Inhalt mehr Wert hat als die Form, wie weit die Form, die Grammatik, den Inhalt mindern darf – wer weiß das?

Jedenfalls kam es – ich habe das bei meinen Söhnen erlebt, als sie Schüler waren – zum Tohuwabohu: Der Inhalt entscheidet, die Grammatik ist egal. Rechtschreibung – was ist das?

Darunter leiden wir noch heute.

Natürlich leiden wir unter der Rechtschreibreform, die sich die so genannten Kultusminister unserer Bundesländer ausgedacht hatten. Wer hat sie eigentlich damit beauftragt, unsere Rechtschreibung zu reformieren? Ich kenne keinen vernünfigen Menschen, der das verlangt hat.

Heute aber leiden wir noch mehr unter dem Duden, unter seiner Wankelmütigkeit, seiner Unfähigkeit, sich für dies oder das zu entscheiden. Manchmal tut das richtig weh.

Beispiel: Ich winke. Ich winkte. Ich habe gewinkt. So sieht das auch der Duden. Aber „ich habe gewunken“ lässt der Duden auch zu (in Klammern).

Bisher habe ich mich immer – in Unkenntnis des aktuellen Duden – mit folgendem Beispiel verteidigt:

Wenn schon „gewunken“, dann muss es heißen –„winken, wank, gewunken“. Also: Sie wank ihm zu, als sein Zug den Bahnhof verließ. (Sie wank und winkte nicht.)

Warum das so ist? Es heißt ja auch „stinken, stank, gestunken“. Warum soll das bei winken anders sein? Der Duden gibt darauf keine Antwort.

Nun müsste man das alles nicht allzu ernst nehmen, weil jeder schreibt wie er kann und wie er will. Dumm ist nur, dass auf dem Dudenumschlag steht: Die deutsche Rechtschreibung“. Das ist ganz groß gedruckt.

Klein darunter steht:“ Das umfassende Standardwerk auf der Grundlage der neuen amtlichen Regeln“.

Damit bin ich wieder bei unseren 16 Kultusministern, die mir vorschreiben wollen, wie ich zu schreiben habe. Inzwischen haben wir erfahren, dass so gut wie keiner

von ihnen richtig schreiben kann – jedenfalls nicht nach den von ihnen vorgeschriebenen Regeln.

PS: Nein, ich entschuldige mich nicht für meine hier notierten Gemeinheiten. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich jemand Unrecht getan haben sollte.

Mittwoch, Juli 08, 2009

Krümmel, das endlose Atomkraftwerk

Meine Frau hat gerade Nachrichten im Fernsehen gesehen. Sie sagt mir, dass der Umweltbundesminister Gabriel die Aufsicht über Krümmel (und alle anderen Atom-kraftwerke) in Deutschland auf sein Minististerium ziehen will – die Aufsicht, die Kontrolle, die Befugnisse.

Da schreien die Bundesländer auf, sagt meine Frau. Alles das sei Länder- und nicht Bundessache.

Ach ja. Wie war das noch bei Tschernobyl? War das eine lokale Angelegenheit?

Ging es um eine Woywodschaft der Ukraine?

Bis hinauf nach Schweden waberten die Giftwolken. Kinder sollten nicht in ihren Sandkisten spielen, Gemüse aus dem eigenen Garten sollte lieber nicht geerntet und schon gar nicht gegessen werden. Pilze sammeln? Hasenkeule? Rehrücken, Ragout vom Wildschwein? Lieber nicht. Die Verseuchung wurde nach Becquerel oder so gemessen.

Das alles waren so genannte Kollateralschäden. Die ungezählt tausend und abertausend Menschen rund um Tschernobyl, die jämmerlich zu Tode kamen, sind da gar nicht gerechnet.

Und nun kommen die bundesrepublikanischen Landesfürsten und sagen, die Atom-

katastrophen seien Ländersache.

Für wen wurden die „Atomsicheren“ Bunker während des Kalten Krieges gebaut?

Für dich und mich? Oder für die „Oberen Zehntausend“, damit sie sich anschauen könnten, was sie angerichtet hatten?

Gut. Das ist nicht passiert. Aber das Problem bleibt. Das Problem der Atomkraft-werke ist nicht lokal, nicht regional, nicht kontinental, sondern GLOBAL!

Aktueller Nachtrag aufgrund von Rundfunkmeldungen heute (Deutschland-Funk):

Ein vorgeschriebenes Überwachungsgerät wurde in Krümmel nicht installiert. Die anfälligen Transformatoren sollen jetzt gegen neue ausgetauscht werden. Jetzt! ´Und da sagt ein Herr Öttinger – weit genug entfernt von Krümmel ist er ja – dass die deutschen Atomkraftwerke stets auf dem neuesten Stand seien, und Krümmel hätte Zukunft. Fragt sich nur: welche?